Heirate mich, Prinzessin!
da war niemand. Anscheinend hatten die übrigen Angestellten dieselben Befehle von Ferruccio erhalten.
Also wartete sie darauf, dass der Hausherr erschien. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als ihr einfiel, dass sie noch nie mit ihm allein gewesen war. Selbst an jenem allerersten Abend, als er ihr auf die Terrasse gefolgt war, waren Dutzende von Leuten in der Nähe gewesen. Seitdem hatte sie dafür gesorgt, dass sie in seiner Gegenwart immer in Begleitung war. Doch hier, in seiner Welt, regierte er, und sie fühlte sich mit einem Mal verlassen. Das konnte nur Absicht sein. Dafür hasste Clarissa Ferruccio nur umso mehr.
Und das Schlimmste war, dass sie ihn diese Antipathie nicht spüren lassen durfte, denn ihr offizieller Auftrag gebot ihr, diplomatisch zu sein. Was sie persönlich empfand, hatte hier nichts zu suchen.
Die Sekunden schienen endlos langsam zu verstreichen, und während sie so dastand und wartete, begann ihr das Blut in den Ohren zu rauschen. Niemand kam. Von draußen hörte sie schwach die Meeresbrandung. Die große, von einem Kreuzgewölbe überspannte Vorhalle war mit Lavagestein gepflastert. Durch die hoch gelegenen spitzbogigen Fenster fiel das goldene Licht der untergehenden Sonne herein.
Irgendwann wurde Clarissa die Warterei zu dumm, und sie begann, ihre Umgebung zu erkunden. Sie ging zum einen Endeder Vorhalle, öffnete Türen und fand zu ihrer Überraschung eine Olivenpresse und Räume, in denen offenbar Wein gekeltert wurde. Anscheinend stellte Ferruccio hier auf dem Gut eigenen Wein und eigenes Olivenöl her.
Sie dachte über diese neue Facette des Hausherrn nach, während sie zur anderen Seite der Vorhalle wanderte, wo eine säulengetragene Arkade in fünf Stufen endete. Diese führten in einen Wohnbereich in römischem Stil, mit feinem Stuck an der Decke und möbliert mit Sofas, vor denen niedrige Tische standen.
Ob er wohl oft Gäste hatte? Clarissa fragte sich, ob er sie wohl hierher mitgenommen hätte, wäre sie, naiv und ohne seine wirklichen Absichten zu kennen, seinen Einladungen gefolgt. Und was wäre dann passiert? Sie wäre ja, ehe sie die Wahrheit erfahren hatte, nur zu bereit gewesen, sich von ihm verzaubern zu lassen und seiner Magie zu erliegen.
Unwillig schüttelte sie den Kopf. Das waren fruchtlose Überlegungen, und sie durfte sich nicht von „was wäre, wenn“ beeinflussen lassen. Entschlossen durchquerte sie den Wohnbereich und betrat ein atemberaubendes Speisezimmer mit einem runden Tisch aus Bronze, der auf einer runden steinernen Plattform stand, umgeben von mittelalterlichen Stühlen, auf denen weiche Kissen lagen. An den Wänden steckten Fackeln in ihren Halterungen, und der Fußboden war mit antiken sizilianischen Kacheln ausgelegt, deren Ornamente ständig variierten. An beiden Enden des Raumes gab es je einen riesigen offenen Kamin, wobei ihr geschultes Auge auch die gut versteckte moderne Elektroheizung entdeckte.
Ihr wurde klar, dass Ferruccio Millionen in dieses Anwesen investiert haben musste. Abgesehen von der Landwirtschaft, die offenbar recht ernsthaft von seinen Angestellten betrieben wurde, war es wohl so etwas wie sein privates Paradies, in das er sich zurückzog, wann immer es seine Zeit erlaubte.
Plötzlich begriff sie, weshalb er sie hierher hatte einfliegen lassen. Er wollte ihr seinen Reichtum und seine Macht demonstrieren.
Doch da hatte er sich die Falsche ausgesucht. Seit sie denken konnte, lebte Clarissa in einem Palast. Reichtum und Luxus bedeuteten ihr nichts, denn sie verband damit nur das Leid, das sie in ihrer Kindheit erfahren hatte. Sie genoss es fast, dass ihr Vater seit Langem kaum noch etwas tat, um den Palast zu erhalten. Die verblassende Pracht hatte für Clarissa etwas Beruhigendes.
Allerdings gestand sie Ferruccio zu, dass er Geschmack besaß. Dieses Anwesen hier war weder prätentiös noch extravagant. Die Architektur des Hauses war meisterhaft, aber jedes Detail fügte sich in ein wunderschönes Ganzes, das befriedigte, ohne die Sinne zu überreizen.
Ohne dass sie ein Geräusch gehört hatte, spürte sie mit einem Mal, dass sich etwas im Raum verändert hatte. Ihr Körper begann zu prickeln, und wie magisch angezogen, drehte sie sich um.
Da stand er. Der Mann, der ihr seit der ersten Begegnung nicht mehr aus dem Sinn ging. Der Macht über sie besaß, der sie mit Sehnsucht erfüllte und sie verträumt, wütend und traurig zugleich machte.
Er stand oben auf der Galerie, die die gesamte Vorhalle umgab, und sah
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