Heirate nie einen Italiener
Familie aufgenommen hat, droht mich manchmal zu erdrücken.”
“Das kann ich sehr gut verstehen”, erwiderte Fede verständnisvoll. “Mir geht es im Grunde genommen nicht anders.”
“Sind Ihnen noch nie Zweifel gekommen, ob Sie sich richtig entschieden haben?”, fragte Helen in aller Offenheit.
“Nein”, antwortete er bestimmt. “Wenn ich jünger wäre, sähe das möglicherweise anders aus, doch im Alter verschieben sich die Prioritäten. Früher hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich je meinen Blumengroßhandel aufgebe. Heute weiß ich ihn bei meinen Kindern in besten Händen, und eine kleine Rente zahlen sie mir auch”, setzte er lächelnd hinzu. “Ich habe einen Menschen, der mich liebt und den ich liebe. Mehr kann man sich vom Leben nicht wünschen.”
Fedes einfühlsame Worte rührten Helen zutiefst. Wohl deshalb entging ihr völlig, dass Lorenzo hinter ihr stand und jedes Wort mithörte.
“Er hat völlig recht, findest du nicht?”, fragte er, nachdem Fede gegangen war.
“Aus seinem Mund klingt alles so leicht und selbstverständlich”, erwiderte sie nachdenklich.
“Ist es das denn nicht auch,
cara?”
Mit dem sicheren Instinkt, den sie bereits mehrfach an ihm erlebt hatte, erriet Lorenzo, warum Helen mit einer Antwort zögerte. “Niemand verlangt von dir, deinen Beruf aufzugeben. Schließlich bist du noch zu jung, um Rente zu beziehen”, setzte er mit jenem Schalk hinzu, der ihn so unwiderstehlich machte. “Wichtig ist einzig und allein, dass wir uns lieben. Ich habe mich lange gegen den Gedanken gesträubt, doch nun weiß ich, was ich mir mehr wünsche als alles andere. Wünschst du es dir nicht ebenso sehr?”
Lorenzo hatte ihr einen roten Teppich ausgerollt, und die Versuchung, ihn an seiner Seite zu betreten, war schier unwiderstehlich. Stärker war einzig das Gefühl, dass sie noch ein wenig Zeit brauchte, um sich mit dem Gedanken an die Zukunft vertraut zu machen, in die er sie führte.
Dann überschlugen sich die Ereignisse. Kaum war Helen bewusst geworden, dass die Blicke aller im Raum auf sie gerichtet waren und jeder gespannt auf ihre Antwort wartete, fiel Lorenzo auf die Knie. “Elena”, sagte er feierlich, “willst du meine Frau werden?”
“Steh sofort auf”, forderte sie ihn verzweifelt auf.
“Erst wenn du Ja gesagt hast.”
“Dann wirst du bis ans Ende deiner Tage auf Knien rutschen müssen.”
“Wenn ich dich dadurch überzeugen kann, nehme ich das gern in Kauf.”
Mit seinem Charme war es ihm mal wieder gelungen, Helen zum Lachen zu bringen. Doch als Lorenzo unter dem Jubel und Applaus der gesamten Hochzeitsgesellschaft aufstand und sie überschwänglich umarmte und küsste, dämmerte ihr allmählich, was geschehen war. Ohne sich dessen bewusst zu sein, schien sie in seinen Heiratsantrag eingewilligt zu haben.
Ihre einzige Erklärung war, dass keine Frau es geschafft hätte, einen Mann abzuweisen, der vor seiner gesamten Familie vor ihr niederkniete und um ihre Hand anhielt. Zumindest konnte sich Helen nicht vorstellen, dass es eine solche Frau gab. Die wenigen Wochen, die Helen auf Sizilien verbracht hatte, waren ein einziges Wechselbad der Gefühle gewesen. Bei ihrer Ankunft hatte Baptista noch im Krankenhaus gelegen, um dann mit Fede vor den Altar zu treten, kaum dass sie wieder genesen war. Und noch während die Familie Helens und Lorenzos Verlobung feierte, setzten bei Heather die Wehen ein.
Bei der Geburt traten unerwartete Komplikationen auf, und mehrere Stunden lang standen die Familienangehörigen große Ängste aus, bis endlich die Hebamme die erlösende Nachricht überbrachte, dass Mutter und Kind wohlauf seien.
Am deutlichsten in Erinnerung war Helen, wie unbeteiligt Renato in jener Nacht gewirkt hatte. Unbeweglich und mit versteinertem Gesicht hatte er im Krankenhaus ausgeharrt, ohne die geringste Gefühlsregung zu zeigen.
Was sich von Lorenzo ganz und gar nicht sagen ließ. Er hatte seine Gefühle offen gezeigt und sich die halbe Nacht an Helens Hand wie an einen Rettungsanker geklammert. Als sie endlich Gewissheit hatten, dass Heather und dem kleinen Vittorio nichts fehlte, sprang er vor Freude in die Luft, ehe er Helen an sich drückte und den Tränen der Erleichterung freien Lauf ließ.
Vielleicht lag es an diesem Erlebnis, dass sie schließlich ihren Widerstand gegen Baptistas Wunsch aufgab, die Hochzeit ihres jüngsten Sohnes noch vor dem Winter auszurichten, selbst wenn sie das Argument, dass die Trauung dann bei
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