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Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filippa Bluhm
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Frühstück grünen Tee statt Kaffee trinken.
    Was ich sagen will: Georg und ich sind völlig verrückt nach Feinkost aller Art, wir gehen auch wirklich gerne essen, vor allem teuer und gut – aber in ein Zwei-Sterne-Restaurant haben wir uns noch nie getraut. 130 Euro für ein Menü? Pro Person? Wein exklusive? Haben wir vielleicht einen Dukatenkacker zu Hause? Aber an diesem Abend bleibt uns nichts anderes übrig, und wir setzen alles auf eine Karte: die VISA in meiner rechten hinteren Hosentasche.
    »Aber du kannst doch jetzt nicht einfach vor die Tür, bestimmt kommt gleich unser Nachtisch!«, gibt Georg zu bedenken.
    »Wir müssen denen ohnehin sagen, dass wir eine Pause brauchen. Bei mir geht echt nichts mehr rein.«
    Verschwörerisch ziehe ich die Tischdecke ein Stück zur Seite und enthülle den Bund meiner Jeans, über dem sofort ein tsunamigroßer Speckwulst aufwallt. Ich sehe aus wie eine Papiertonne nach Heiligabend. Ich quelle über.
    Erschrocken dreht sich Georg um. Alle sechs Tische in dem Raum sind besetzt, aber die Gäste sind ausnahmslos in ihr Essen vertieft, zumindest beobachtet uns niemand.
    »Okay«, sagt Georg schließlich. »Lass uns rauchen gehen.«
    Wir hängen unsere Servietten gefaltet über die Stuhllehne, offensichtlich macht man das so, zumindest haben wir das mal in irgendeinem Film gesehen. Nach links und rechts lächelnd trippeln wir auf die Restauranttür zu, irgendwie ist es uns ein bisschen peinlich, einfach so während des Menüs rauszugehen. Kurz bevor wir es zur Tür geschafft haben, laufen wir einer Kellnerin in die Arme.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ähem, ja«, sagt Georg und senkt die Stimme auf ein Minimum. »Wo ist denn hier der kürzeste Weg zu einer Zigarette?«
    »Einer Zigarette?«
    Die Stimme der Kellnerin schrillt durch den Raum. Irgendjemand lässt sein Besteck fallen. Dann ist alles still. Menschen mit Gänseleberbrioche im Mund sehen uns an.
    Jede Millisekunde fühlt sich wie eine Stunde an, ach was, wie ein Jahr. Ich fühle mich, als sei ich schlagartig sehr, sehr stark gealtert. Bestimmt entdecke ich morgen früh mein erstes graues Haar.
    »Gehen Sie doch einfach in den Salon. Heute Abend geht das in Ordnung.«
    Ich drehe mich um und bemerke den älteren Herrn, der mit einer eleganten Dame beim Essen sitzt. Beide lächeln uns an.
    »Ja?«, frage ich und suche verunsichert den Blick der Kellnerin. Die Kellnerin sieht den Mann an, der Mann nickt, ein Nicken wie ein geheimes Zeichen.
    »Aber sicher, gerne! Folgen Sie mir!«
    Als ich an ihm vorbeigehe, blinzelt der Mann mir zu. Ich blinzele zurück, ohne genau zu wissen, was der Grund dafür ist.
    Sobald wir aus der Tür sind, bricht die Kellnerin in Hektik aus. Nervös sucht sie einen Aschenbecher, Streichhölzer und überprüft, ob alle Verbindungstüren geschlossen sind.
    »Eigentlich ist Rauchen in unserem Haus verboten«, erklärt sie und wischt hastig den blitzblanken Tisch vor uns ab, »aber wenn der Chef sagt, das sei in Ordnung …«
    »Ach, das war der Chef?«, sage ich erstaunt.
    »Herr von Bismarck, der Inhaber, mit seiner Frau. Darf ich Sie alleine lassen?«
    »Natürlich.«
    Sie flitzt aus dem Zimmer und macht sorgfältig die Tür hinter sich zu. Bedrückt sinken wir in unseren Sesseln zurück und sehen uns an. Auf einmal ist es ganz still um uns.Die holzvertäfelten Wände, die polierten Coffeetables, das sanfte Kerzenlicht, die glitzernden Flaschen hinter dem Tresen – es ist zwar schön, eine Sonderbehandlung zu bekommen, aber nicht, wenn man das Gefühl hat, dass man eine Sonder behandlung kriegt. Schweigend rauchen wir unsere Zigaretten. Als wir fertig sind, bleiben wir sitzen. Keiner von uns hat Lust, nach der Aufregung im Restaurant zurück an den Tisch zu gehen.
    »Krieg ich noch eine Zigarette?«
    »Ich nehm auch noch eine«, sage ich und reiche Georg genau in dem Moment Feuer, als die Tür aufgeht.
    »Stören wir?«
    Herr und Frau von Bismarck stehen Arm in Arm in der Tür und sehen uns verschwörerisch an.
    »Nein, bitte, setzen Sie sich!«
    Die beiden nehmen am Couchtisch neben uns Platz. Herr von Bismarck gibt Frau von Bismarck Feuer. Sie zieht genüsslich an der Zigarette und seufzt mit tiefer Inbrunst: »Herrlich!«
    »Meine Frau raucht, seit wir uns kennen, seit über vierzig Jahren«, erklärt er und lächelt milde. »Ich verstehe sehr gut, wie das heutzutage als Raucher ist. Dabei finde ich Rauchen natürlich schrecklich.«
    »Ich habe mir aber vorgenommen, dieses Jahr

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