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Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filippa Bluhm
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sieht aus wie fabrikneu. Er sieht aus wie noch nicht einmal gewebt. Ich denke an meine Schuhe. Ich kann die schwarzen Fußtapser jetzt schon sehen.
    »Einen angenehmen Aufenthalt wünsche ich!«
    Aus den Augenwinkeln wirkt es, als würde sie die linke Braue heben. Wahrscheinlich bringt sie als Nächstes den Montblanc-Kuli zum Desinfizieren. Auf Zehenspitzen eile ich die Treppe hoch, so schnell es geht. Ich bin sogar versucht, zwei Stufen auf einmal zu nehmen, um so wenig Teppich wie möglich zu berühren, aber das verkneife ich mir.
    Das Erste, was ich auf unserem Zimmer tue: Ich werfe meine Turnschuhe in die Badewanne und hole die Pumps aus der Reisetasche. Ich habe auf Reisen immer ein Paar dabei, schließlich weiß man ja nie. Aber in den seltensten Fällen kommen sie auch zum Einsatz, inzwischen darf man ja sogar den Eingangsbereich des Adlons mit Turnschuhen passieren. Na gut, die Wahrheit ist: Ich kann in Pumps einfach nicht so wahnsinnig gut gehen. Wenn es passiert, dass ich schickere Schuhe anziehen muss und weiß, dass die Strecke, die ich darin zurücklegen muss, mehr als fünfzig Meter beträgt, nehme ich lieber Ballerinas, auch, wenn ich mich darin immer wie eine aus der Yogurette-Werbungfühle. Unbeschwert, aber auf eine alberne Highschool-Prinzessinnen-Weise.
    Ich ziehe die Socken aus und trete ein paarmal auf der Stelle, um die Durchblutung zu reaktivieren. Dann schlüpfe ich in die guten Schühchen und betrachte mich in dem ovalen Spiegel, der in die Tür des antiken Kleiderschranks eingelassen ist. Toll. Ich sehe genauso aus wie vorher, nur, dass meine Schuhe jetzt schöner sind. Wie soll ich denn in diesem Zustand das Restaurant betreten?
    »Hast du denn keinen Rock dabei?«, fragt Georg.
    Ich schüttle den Kopf.
    »Auch keine zweite Hose?«
    »Nein«, sage ich leise. Einen Moment lang denke ich darüber nach, diese gottverdammte Dreckhose kurz im Waschbecken auszuspülen und trocken zu föhnen, aber dann sehe ich auf die Uhr: In einer Viertelstunde ist unser Tisch reserviert. Neidisch beobachte ich, wie Georg gemütlich ein Paar Lederschuhe aus der Reisetasche nimmt, in ein frisches Hemd schlüpft und sich eine Nadelstreifenhose über den Hintern zieht. Er zupft sich vor dem Spiegel die Haare zurecht und besprüht sich mit etwas Parfum. Er sieht aus wie aus dem Ei gepellt, ich wie ein verbranntes Rührei mit Pilzen. Wegen meiner Locken kann ich mir nicht einmal die Haare bürsten, weil ich dann erst recht aussehe wie die Hexe Schrumpeldei nach der Walpurgisnacht. Ich könnte heulen. Georg nimmt mich in den Arm und drückt mich eine Weile an sich.
    »Na komm, Lotte. Du legst jetzt ein bisschen Parfum und Schminkzeug auf, schlüpfst in ein frisches T-Shirt, und dann tun wir einfach so, als sei deine Hose aus der nächsten Sommerkollektion von Prada. Kopf hoch, dann merkt das gar niemand.«
    »Aber mein Kopf sieht aus, als hätte ein Dreijähriger aufRitalin-Entzug mit mir Friseur gespielt!«, sage ich mit weinerlicher Stimme.
    Georg lächelt mich an, zupft mal hier und mal dort und sagt dann mit einem Charme und einer Überzeugungskraft, die mich unter anderen Umständen sogar dazu bringen würden, mich bei einem DSDS-Casting anzumelden: »Liebste, du bist das schönste Wesen, das diesen Erdball je betreten hat.«

    »Ich muss unbedingt eine Zigarette rauchen, und zwar jetzt sofort auf der Stelle«, flüstere ich Georg leise zu. Immerhin habe ich bereits ein Törtchen von der Gänsestopfleber, Jakobsmuschelravioli mit Hummercappuccino und ein neuseeländisches Wagyusteak mit Trüffeljus intus, dazu einen gemischten Salat, den ich mir, ohne überhaupt einen Blick in die Karte zu werfen, vornweg bestellt hatte, weil ich kurz davor gewesen war, vor Unterzuckerung an der Tischdecke zu kauen. Es war mir schon klar gewesen, dass auf dieser Karte kein gemischter Salat stehen würde, aber ich dachte mir, wenn wir hier schon einen Haufen Asche lassen, dann sollen die mir gefälligst auch kochen, was ich will. Erst auf dem Weg zum Klo habe ich die Urkunden an den Wänden gesehen: zwei Michelin-Sterne und 18 Hauben im Gault Millau. Schluck! Von diesem Moment an wagte ich kein Wort mehr zu sagen, geschweige denn noch irgendeinen Sonderwunsch zu formulieren. Ich bestellte das empfohlene Menü, den dazu empfohlenen Wein und beschwerte mich nicht, als man uns ohne Nachfrage stilles Wasser servierte, obwohl ich stilles Wasser nicht ausstehen kann. Ich muss dabei immer an Krankenhäuser denken. Und an Frauen, die zum

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