Heiraten für Turnschuhträgerinnen
eines Tages passen wird. Und außerdem … na ja, du weißt ja, die Arbeit …«
»Du hast es vergessen?«
»Schalalalala«, macht er scheinheilig.
»Du hast es vergessen? «
»Na los, zieh es an«, faucht Lala, als ich auf ihn losgehen will, und Georg sieht zu, dass er aus dem Zimmer kommt, mit siegesgewissem Grinsen.
Als wir eine Viertelstunde später zurück in die Küche gehen, grinst er immer noch.
»Na, seid ihr bereit zum Abendessen?«
»Und wie!«, sagt Lala und lacht.
Ich strahle Georg an, laufe auf ihn zu, umarme ihn.
»Heißt das, dass alles in Ordnung ist?«, flüstert er.
Ich nicke. Ich nicke und höre nicht mehr auf, weil ich das Gefühl habe, sonst weinen zu müssen vor Glück. Das Kleid war natürlich völlig zerknittert, doch Lala hat versprochen, es mir noch heute Abend zubügeln. Es passt auch nicht wie angegossen, aber mit meinem Bauch-weg-Höschen geht es.
Von: »Kristin Engels«
An: »Charlotte Michalski«
Betreff: Morgen
Datum: 10. Mai
liebe charlotte, ich weiß, dass das etwas kurzfristig ist, und das ganze tut mir umso mehr leid, weil du noch vor zwei tagen geschimpft hast, dass du jeden gast, der noch einen einzigen sonderwunsch äußert, wieder auslädst und ihn danach nie wieder sehen willst (ich weiß, ich habe dich dazu ermutigt). es ist jetzt aber so: ich habe dir doch von timothy erzählt, meinem kollegen. und, nun ja, wie soll ich sagen – neulich waren wir zusammen in einer ingmar-bergman-retrospektive, und danach … na ja, auf alle fälle: ich bin verliebt. ziemlich. sehr. zumindest so sehr, dass es mir fast ein bisschen wehtun würde, wenn ich ohne ihn zu eurer hochzeit führe. deshalb wollte ich fragen: darf ich ihn mitbringen? bitte!
deine kristin
Von: »Kristin Engels«
An: »Charlotte Michalski«
Betreff: AW: Re: Morgen
Datum: 10. Mai
liebe charlotte, verzeih, das habe ich vorhin vergessen zu sagen: timothy hat eine laktose-intoleranz, darf also keine milchprodukte essen. aber macht euch keine gedanken, wir kriegen das schon irgendwie hin! ich freu mich sehr, und er sich auch!
lieben Gruß,
kristin
Von: »Kristin Engels«
An: »Charlotte Michalski«
Betreff: AW: Re: AW: Re: Morgen
Datum: 10. Mai
liebe charlotte, noch eine allerletzte frage: timothy sagte eben, dass er eine hausstauballergie hat und ein spezielles bettzeug benötigt. weißt du, ob so etwas im hotel vorrätig ist? wir kommen ja mit dem zug, da wird es schwer, seine eigene mitzubringen …
freut sich schon: kristin
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Noch ein Tag …
Es war leicht, das Frühstück auszulassen. Und das lag nicht nur daran, dass die Feigenmarmelade verschimmelt war. Das Packen war schrecklich. Eigentlich hatten wir ja vorgehabt, bis mittags damit fertig zu sein, um noch irgendwo nett eine Kleinigkeit zu essen und anschließend gemütlich nach Klein Schönhagen aufzubrechen, wo auf der Terrasse ein Tisch fürs Abendessen mit unseren Eltern reserviert ist. Aber dann …
Die Telefone hörten nicht auf zu klingeln – Georgs Handy, mein Handy, das Festnetz. Paul, einer unserer DJs, klagte über einen plötzlichen Hexenschuss, er könne sich morgen Abend auf gar keinen Fall über die Plattenteller beugen. Isabell, Katha und Vera meldeten Kinder mit Windpocken, Kinder mit Impfreaktionen, Kinder mit Hautausschlag. Georgs Trauzeuge Christian rief an, dass sein Konto gesperrt sei und er keine Ahnung habe, wie er seine Anreise bezahlen solle. Dafür gaben Jörg und Nele Bescheid, dass sie nun glücklicherweise doch kommen könnten, aber leider nicht zur Trauung, sondern erst zur Party.
Inzwischen war es mir völlig egal, wer mit uns feiert, Hauptsache, es wird voll. Ich meine, geht’s noch? Die können es sich doch nicht alle einen Tag vor der Hochzeit noch mal anders überlegen und wegen so Quatsch wie kranken Kindern meine Hochzeit absagen! Das Hotel ist auf eine bestimmte Gästezahl vorbereitet! Das Menü ist bestellt! Die Tischordnung fertig! Und das war mal eine Jongliererei zu versuchen,alle nach Georgs fünf heiligen Kriterien zu platzieren, die da lauten:
– Die polnische und die deutsche Verwandtschaft wird gemischt.
– Jede Frau sitzt gegenüber von und neben einem Mann – und umgekehrt.
– Jeder Gast ist von sympathischen Menschen mit ähnlichen Interessen umgeben.
– Jeder hat mindestens einen Gast in der Nähe, den er noch nicht kennt.
– Niemand hat – falls vorhanden – seinen Ex-Partner im Blickfeld, um zu vermeiden, dass irgendjemand heulend aufs Zimmer stürzt.
Und
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