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Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filippa Bluhm
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ich habe mir Gedanken über meinen Perfektionismus gemacht!
    Nachdem wir den Plan viermal neu gezeichnet hatten, haben wir aufgegeben und die Leute einfach irgendwie platziert, und es war uns völlig egal, ob dabei am Ende eine Hochzeitstafel oder ein soziales Minenfeld rauskommt.
    Ich habe noch schnell eine Mitfahrgelegenheit für Christian besorgt und Zimmer für die Nachzügler, aber das Telefon hörte nicht auf zu klingeln. Als ich gerade das Allergiker-Bettzeug inklusive Kirschkernkissen für Kristins Zimmer organisiert hatte, rief sie mich an, um mir mitzuteilen, dass es notfalls auch ohne ginge. Mein alter Studienfreund Heiner wollte wissen, ob es im Hotel einen Zigarettenautomaten gäbe, Tante Waltraud fand es unglaublich wichtig zu erfahren, ob ihr Zimmer eine Badewanne habe. Zwischendurch rief Christian noch einmal an, weil ihm plötzlich eingefallen war, dass er keinen Schimmer hatte, was man als Trauzeuge eigentlich machen muss. Geschätztesechsunddreißig Mal telefonierte ich »jetzt aber wirklich zum allerletzten Mal« mit Klein Schönhagen, während Georg Kisten und Koffer hin- und herräumte und nebenbei versuchte, einen Blitztermin bei irgendeinem Friseur in der Nähe zu bekommen, weil ihm beim morgendlichen Blick in den Spiegel eingefallen war, dass er zwar an frische Rasierklingen gedacht hatte, aber nicht an seine Frisur. Als dann auch noch Isabell anrief, um mir mitzuteilen, dass die Impfbeschwerden beim kleinen Lukas wieder abgeklungen seien, sie jetzt aber ein Babybett auf dem Zimmer bräuchte, hatte ich zwar große Lust, den nächsten Anrufer zu Haschee zu verarbeiten – doch die Brote mit Frischkäse, die in der Küche für mich standen, bekam ich nicht runter.
    Es war auch leicht, das zweite Frühstück auszulassen, das Georg einnahm, kurz bevor wir um 16 Uhr endlich das Haus verließen. Zugegeben, mir knurrte da bereits gewaltig der Magen, aber ein Gedanke an das Kleid, das Lala vorhin frisch gebügelt vorbeigebracht hatte und das nun an dem Haltegriff hinten im Wagen hing, genügte, um mich davon abzuhalten, Georg sein Wurstbrot aus der Hand zu reißen. Immerhin bestand eine klitzekleine Chance, dass mein Bauch in den verbleibenden Stunden noch so weit schrumpfte, dass das Kleid auch ohne Miederhöschen sitzen würde.
    Auch das dritte Frühstück, das Georg gegen 17:00 Uhr an einer Tankstelle kurz vor der Autobahn verspeiste, konnte ich mir verkneifen. Es fiel mir zwar schwer, aber aus irgendeinem schwachsinnigen Grund ging ich davon aus, wir würden um 18:30 Uhr ohnehin in Klein Schönhagen sein und pünktlich um halb acht mit unseren Eltern beim Abendessen sitzen.
    Jetzt ist es 18:30 Uhr, und ich verfluche mich für meineDummheit. Wir sind noch nicht einmal in Neuruppin, denn es ist Freitagabend, und das bedeutet, dass die Autobahn völlig verstopft ist, was man sich hätte denken können, wenn man zum Denken gekommen wäre, statt wie ein Inder im Callcenter am Telefon zu hängen.
    Und wenn unsere Stimmung heute Morgen bereits im Keller war, dann nähert sie sich inzwischen der Großen Sandwüste Australiens. Immerhin geht es jetzt wieder ein bisschen besser voran. Zum Glück, denn in einer Stunde findet das offizielle Kennenlernen im kleinen Kreis statt.
    »Das bläst mir ins Gesicht!«, schimpft Georg und dreht den Regler der Lüftungsanlage runter.
    »Mir ist aber heiß! «, keife ich zurück und drehe den Regler wieder hoch.
    »Dann mach das Fenster auf«, sagt Georg und steigt auf die Bremse, als wolle er ein Loch in die Fußmatte treten. Dann brüllt er: »Arschloch!«
    »Hey!«, schreie ich zurück.
    »Ich meine den Vollarsch da vorne, doch nicht dich!«
    Ich stöhne, lasse mich wieder in den Sitz sinken und kurble das Fenster runter. Draußen ist es genauso heiß wie drinnen. In den letzten Tagen habe ich alle zwanzig Minuten auf einer Meteorologie-Spezialseite die stundengenauen Temperatur-, Sonnen- und Regendiagramme ausgewertet, aber da hatte ich vor allem Angst, dass es am Tag unserer Hochzeit regnen könnte. Regen! Was gäbe ich um Regen! Einen winzig kleinen Schauer nur! Es ist der wärmste Mai seit dem Ersten Weltkrieg oder so: Das Thermometer auf dem Armaturenbrett zeigt 27 Grad, die Temperatur zwischen meinem Rücken und dem Sitzpolster dürfte bei ungefähr achtzig Grad liegen. Wenn ich das Handschuhfach vor mir anfasse, bleibt ein feuchter Abdruck meiner Hand zurück. Zwischen meinen Schenkelnbildet sich eine Pfütze. Außerdem habe ich Hunger, aber wie.
    »Können

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