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Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filippa Bluhm
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jetzt unten im Frühstücksraum und bügelt«, sage ich, drücke ihm einen Kuss auf die Wange und schiebe ihn ein bisschen zur Seite. »Wir schaffen das!« Ich fange an, mich zu schminken, was schnell geht, denn ich habe beschlossen, das Risiko einer Make-up-Katastrophe auf ein Minimum zu reduzieren: Puder, der neue Abdeckstift und Wimperntusche müssen genügen. Ich frage mich ohnehin, warum Frauen krampfhaft versuchen, am Hochzeitstag so auszusehen, dass ihr Bräutigam sie allenfalls am weißen Kleid erkennen kann.
    Georg hat innegehalten, sein Mund ist noch voller Rasierschaum. Ich merke, dass er mich im Spiegel beobachtet.
    »Was ist?«, frage ich und lächle ihn an.
    »Ach, Lotte.«
    »Ja, Georg?«
    »Du bist so wunderschön!«
    »Blödsinn«, sage ich. »Ich sehe genauso aus wie immer.«
    »Eben! Du bist wunderschön!«
    Er versucht, mich mit seinem schaumigen Mund zu küssen, und ich wehre ihn lachend ab: »Hey! Wir heiraten gleich! Darf ich Sie um den gebotenen Ernst bitten, Herr Link!«
    »Mein Glückssternchen!«, säuselt er mit spitzen Lippen und versucht, mir dabei Rasierschaum ins Gesicht zu schmieren. »Mein Goldregen! Meine Glockenblume!«
    Ich merke, wie ich kreidebleich werde. Ich japse nach Luft.
    »Was hast du da eben gesagt?«
    »Glockenblume!«, sagt Georg und schaut mich fragend an.
    »Scheiße!«, jammere ich.
    »Was ist denn?«
    »Mein Brautstrauß! Wir haben meinen Brautstrauß vergessen!«
    »Wo?«
    »Wir haben ihn nicht mal bestellt!«
    »Mist«, sagt er und denkt nach. »Wie spät ist es?«
    »Halb zwölf!«, sage ich mit panischer Stimme.
    »Brauchen wir den Brautstrauß wirklich unbedingt?«, fragt er und schaut mir prüfend ins Gesicht.
    »Ja, natürlich, Lala muss ihn doch fangen!«, sage ich und sehe ihn vorwurfsvoll an. Was für eine dumme Frage!
    »Okay«, sagt er mit der Coolness eines Pokerspielers. »Steht jetzt noch irgendetwas Wichtiges an?«
    Er ist wieder völlig Herr seiner selbst. Das liebe ich so an unserer Beziehung. Wir drehen nie beide gleichzeitig durch.
    »Lotte?«
    »Äh … was?«
    »Müssen wir uns noch um irgendwas kümmern?«
    »Keine Ahnung«, sage ich und wühle in meinem Hirn,aber alles, was ich finde, ist eine dunkle, zähe Masse, und mit einem Mal bin ich mir sicher, dass in meinem Kopf gar kein Hirn ist, sondern allenfalls Weichlakritz, zwei Kilo Katjes aus Kindertagen. »Ich glaub, ich hab ’nen Blackout.«
    »Okay, Lotte. Ganz ruhig«, sagt Georg und wiederholt dann langsam, Wort für Wort seine Frage: »Müssen wir uns jetzt noch um irgendetwas kümmern?«
    »Ähhh …«, mache ich und fange schon wieder an, nervös auf der Stelle zu trippeln. Gott, wenn es bei frischgebackenen Müttern diese sogenannte Still-Demenz gibt, dann gibt es bei heiratenden Frauen definitiv so etwas wie eine Trau-Amnesie.
    »Wo sind die Ringe?«
    Ich zucke mit den Schultern.
    »Die Ringe, Lotte!«
    »In … in meiner Tasche vielleicht.«
    »Vielleicht?«
    »Ja. Nein. Bestimmt.«
    »Und die Ausweise?«
    »Auch in der Tasche.«
    »Was ist mit den Trauzeugen?«
    »Auch.«
    »Lotte!«
    »Kommen zur Kirche«, verbessere ich mich.
    Eine Trau-Amnesie gekoppelt mit Braut-Debilität.
    »Okay. Ich rasier mich schnell fertig und dann fahren wir direkt los.«
    Zwei Minuten später rennen wir die Treppe hinunter, Georg nackt unterm Jackett, ich barfuß und mit den Pumps in der Hand. Das Foyer ist voll mit Gästen, die entweder vor der Hochzeit noch schnell einchecken wollen oder schon auf dem Weg zur Trauung sind. Wir bahnen uns nach allen Seiten lächelnd einen Weg durch die Menge,manche gucken blöd, manche amüsiert, aber wir tun so, als sei nichts.
    »Ist das Hemd fertig?«, rufen wir im Chor, als wir im Frühstücksraum sind.
    »In dieser Sekunde!«, ruft Frau Kronfeld von Bismarck und hebt es in die Luft.
    Georg schlüpft hinein und drückt ihr einen Kuss auf die blonden Locken.
    »Ich bin Ihnen eine Flasche Champagner schuldig!«, sagt er und knöpft sein Hemd zu. »Jetzt brauchen wir nur noch einen Blumenladen!«
    »Einen Blumenladen? Gleich am Ortsausgang ist einer, direkt neben der Kirche, der müsste jetzt auch noch offen haben.«
    »Bingo«, sagt Georg und sprintet los in Richtung Auto, ich hinterher. Autsch, tut das weh, barfuß über den Kies zu laufen. Jetzt bloß nicht an das Bild denken, das ich gerade abgebe. Frau in Brautkleid hoppelt in bester Otto-Waalkes-Manier einen idyllischen Weg hinab. Auf dem Parkplatz stehen Georgs Eltern und meine Mutter.
    »Wir sehen uns vor

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