Heiratsantrag auf Portugiesisch
und führte sie in einen eleganten Salon. An mehr als der Hälfte der Tische saßen bereits Damen in edler Designerkleidung und mit dezentem Schmuck. Die Einrichtung war etwas zu pompös für Shelleys Geschmack, besonders für ein neueres Hotel, doch die Aufmerksamkeit der Bedienung ließ nichts zu wünschen übrig. Mit einem freundlichen Lächeln führte die Kellnerin sie zu einem Tisch gegenüber der großen Flügeltür, durch die sie gerade eingetreten waren. Von hier hatte man einen direkten Blick auf die Rezeption, die zu diesem Zeitpunkt stark frequentiert war. Mehrere Geschäftsleute, die nahezu gleichzeitig das Hotel betreten hatten, warteten darauf einzuchecken und wurden zügig abgefertigt.
In diesem Augenblick wurde der Tee gebracht, zusammen mit einer köstlichen Auswahl an Sandwiches und Sahnetörtchen. Während die Condessa für beide eingoss, wanderte Shelleys Blick zurück zum Foyer.
Plötzlich versteifte sie sich. Jaime näherte sich dem Empfang. Und dieses Mal war sie absolut sicher, dass er es war. Er sagte etwas zur Rezeptionistin, die ihm ein strahlendes Lächeln schenkte. Nun durchquerte jemand die Eingangshalle und blockierte die Sicht. Als sie Jaime wieder sehen konnte, schnürte sich ihr das Herz zusammen. Sofia stand neben ihm und nahm von der Empfangsdame den Schlüssel entgegen.
Unfähig, sich zu rühren, starrte Shelley auf das Paar, das nun zum Lift hinüberging.
Der Condessa hatte bemerkt, dass ihre Schwiegertochter unversehens leichenblass geworden war. „Was ist mit dir?“, fragte sie, drehte sich um und erblickte die beiden vor dem Aufzug.
„Es gibt sicher eine Erklärung dafür“, sagte sie schnell. „Das muss nicht heißen …“
„Sie haben einen Schlüssel geholt“, sagte Shelley leise. Dann stand sie abrupt auf, stieß dabei an den Tisch, sodass der Tee überschwappte, und sagte unter Tränen: „Ich muss hier weg. Es tut mir leid, aber ich kann nicht bleiben. Das ist alles zu viel!“
9. KAPITEL
Glücklicherweise hatte Shelley den Schlüssel zur Villa, den Jaime ihr gegeben hatte, behalten. Als das Taxi vor dem Weingut anhielt, bezahlte sie den Fahrer und ging ins Haus. Die Angestellten waren sehr überrascht darüber, dass sie allein zurückkehrte, doch niemand versuchte, sie zurückzuhalten, als sie ihre Sachen packte und sie in ihren Wagen lud.
Die ganze Zeit saß ihr die Furcht im Nacken, dass Jaime ihr gefolgt sein könnte und sein Wagen jeden Moment in die Einfahrt einbiegen würde. Sie malte sich aus, wie er versuchen würde, ihre Abreise zu verhindern, indem er die noch immer starke sexuelle Anziehungskraft zwischen ihnen ausnutzte, um sie gefügig zu machen.
Er brauchte sie nur zu berühren, und ihr Widerstand war gebrochen. Das wusste sie genau. Trotz allem, was Sofia über Jaime gesagt hatte, liebte und begehrte sie ihn noch immer. Was würde ich wohl heute tun, wenn meine Schwie germutter uns in jener Nacht in Lissabon nicht unterbro chen hätte? Wenn Jaime und sie sich geliebt hätten und die Möglichkeit einer Schwangerschaft bestünde, würde sie dann auch alles hinter sich zurücklassen und abreisen?
Doch es war anders gekommen. Er hatte es darauf angelegt, sie zu verführen. Und wie geschickt er darin war. Ihre Lust war so stark gewesen, dass sie nicht mehr klar hatte denken können. Ja, er hat genau gewusst, wie er mich von sich abhängig machen kann, ging es ihr durch den Kopf.
Als sie endlich im Wagen saß, versuchte sie sich auf die Straße zu konzentrieren und nahm die ihr inzwischen bekannte Strecke durch die Weinberge. Die Blätter der Rebstöcke verfärbten sich bereits im goldenen Spätsommer-licht. Als sie die Abzweigung zur Küste erreichte, hielt sie kurz mit einem erleichterten Seufzer an.
Der Blick war atemberaubend. In der Ferne schimmerte das Meer tiefblau. Rote, steil abfallende Klippen säumten die Küste und leuchteten in der untergehenden Sonne.
Ich hätte mich hier zu Hause fühlen können, dachte sie, während sie erneut den Gang einlegte und die abschüssige Straße hinabfuhr, die durch den Pinienwald führte, der sie von der Küste trennte. Beinahe wäre es der Condessa gelungen, sie davon zu überzeugen, dass an der ganzen Geschichte nichts dran war.
Nachdem sie allerdings mitansehen musste, wie Jaime und Sofia sich an der Hotelrezeption einen Zimmerschlüssel geben ließen und gemeinsam mit dem Lift nach oben fuhren, war Shelley erneut überzeugt von der Richtigkeit ihres Verdachts. Für dieses Verhalten konnte es
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