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Heiratsmarkt

Heiratsmarkt

Titel: Heiratsmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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überrascht. Harry, der Charis sehr ähnlich sah, konnte ihnen, so schlecht er auch tanzte, nie Schande bereiten, denn abgesehen von seinem schönen Gesicht und der guten Figur besaß er auch noch einen beträchtlichen Grad an lebhaftem Charme. Harry fand nun einmal leider keinen Geschmack am mondänen Leben und verspürte keinerlei Ehrgeiz, sich den Londoner Schliff anzueignen. Er war zu jedem fidelen Abend - wie er es nannte - mit seinen Freunden bereit, aber es war leicht zu
    erkennen, dass es nicht viele Jahre dauern würde, bis er sich, sehr glücklich, auf das Leben eines sportbegeisterten Landedelmannes einrichtete.
    Wäre noch etwas nötig gewesen, ihn in seinem Entschluss zu bestärken, dann wurde es von Miss Winsham beigesteuert, als sie ihre Meinung scharf zum Ausdruck brachte, das Geringste, das er zur Sühne für seine Relegierung tun könne, sei, sich seinen Schwestern nützlich zu machen. Zehn Minuten in der Gesellschaft seiner Tante genügten, um Harry, normalerweise der Gutmütigste aller Sterblichen, in Rage zu bringen. Als Frederica seine blitzenden blauen Augen und den störrischen Ausdruck um seinen Mund sah, schaltete sie sich ein und ließ dann einige Zeit verstreichen, bis sie ihm vorzuschlagen wagte, falls er Alverstoke kennenlernen wolle, dann könne er das sicherlich tun, wenn er seine Schwestern zu Lady Seftons bevorstehendem Gesellschaftsabend begleite.
    Aber auch darauf wusste Harry sofort eine Antwort: So ungern er auch den Manierlichen unter all den superfeinen und faden Leuten der eleganten Welt spiele, so hoffe er doch, nicht ungehobelt zu sein. Das wäre denn doch wohl zu unverschämt, meinte er, es auf eine zufällige Begegnung als Gelegenheit ankommen zu lassen, dem Marquis seinen Respekt zu erweisen! Er hatte sich die Sache etwas überlegt, und da ihm schien, dass Alverstoke sie sich alle verpflichtet hatte, ziemte es sich seinem Gefühl nach, ihm einen formellen Besuch am Berkeley Square zu machen - nicht nur als eine Geste der Höflichkeit, sondern auch, um Jessamys Schulden zu begleichen.
    „Ich gestehe, ich wäre froh, wenn du das tun könntest", pflichtete Frederica bei.
    „Aber ich glaube nicht, dass er das zulassen wird! Vermutlich hast du durchaus recht, dass du ihm einen Vormittagsbesuch machen solltest - aber was immer du tust, Harry, nur ja auf keinen Fall vor Mittag! Jessamy und ich sind bereits bei ihm eingebrochen, bevor er sein
    Ankleidezimmer verlassen hatte, und wenn es auch noch ein dritter Merriville tut, dann wäre das ganz entsetzlich!"
    „Was für ein armseliger Kerl!", rief Harry verächtlich aus.
    Doch als er, sich streng an Fredericas Rat haltend, am Berkeley Square vorsprach, genügte ein Blick, um ihn zu überzeugen, dass, welches schmückende Beiwort man auch zur Bezeichnung des Marquis verwenden wollte, „armselig" wirklich die Sache bei Weitem nicht traf.
    Wie es das Glück schon haben wollte, kam er am Alverstoke-Palais gerade an, als Alverstoke heraustrat, erlesen angezogen in einer blauen Jacke vom Schneider Weston, den denkbar lichtesten Beinkleidern, dem weißesten Halstuch und so glänzend polierten Hessenstiefeln, dass sie in der Sonne gleißten. Harry, den Fuß auf der untersten der flachen Stufen, die zum Tor hinaufführten, blieb stehen und hatte sofort den Eindruck einer ungeheuren Eleganz - aber keinen Augenblick lang kam ihm der Gedanke, dass er einen richtigen Dandy der eleganten Welt vor sich hätte.
    Die Jacke aus blauem, extrafeinem Tuch war über prächtige Schultern modelliert, und dieses eng anliegende Beinkleid verbarg keineswegs die schwellenden Muskeln der kräftigen Schenkel des Lords, die unverkennbar den Sportler verrieten.
    Der Marquis, der ebenfalls stehen blieb, blickte auf seinen unerwarteten Besucher hinab. Seine Brauen waren leicht hochgezogen, aber nach einer schnellen, durchdringenden Betrachtung senkten sie sich, und er sagte lächelnd: „Bemühen Sie sich nicht, sich vorzustellen. Wenn ich mich nicht sehr irre, müssen Sie Harry Merriville sein."
    Harry bejahte es, durch seine Ähnlichkeit mit seiner reizenden Schwester zu sehr daran gewöhnt, erkannt zu werden, um von dem Scharfsinn seiner Lordschaft überrascht zu sein. Der Marquis, der den angewiderten Blick Harrys richtig interpretierte, gab ihm jedoch einen weiteren Beweis für seinen Scharfsinn. „Es besteht eine große Familienähnlichkeit zwi-sehen euch allen", bemerkte er leichthin. „Kommen Sie herein, und erzählen Sie mir, was Sie nach London

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