Heiratsmarkt
Alverstoke angezogen hatte, glaubte sie - falls er sich angezogen fühlte. Diese Frage war unmöglich zu entscheiden, denn während er ihr einerseits ganz offenkundig wohlgesonnen war, hielt er sich andererseits nicht lange neben ihr auf, sondern schlenderte fort, um Mrs.
Ilford in einen leichten Flirt zu verwickeln. Lady Elizabeth bemerkte beifällig, dass Fredericas Augen ihm nicht folgten, noch ihn nachher in dem überfüllten Raum suchten. Augusta hatte recht, dachte sie, das Mädchen hat Qualität. Doch wenn man sie bloß als passabel beschrieb, tat man ihr unrecht; sie wurde sicherlich durch die blendende Erscheinung ihrer Schwester in den Schatten gestellt, aber in jeder anderen Gesellschaft hätte sie als sehr hübsches Mädchen gegolten. Überdies besaß sie die undefinierbare Gabe des Charmes, die ihr, zum Unterschied von Charis'
zerbrechlicher Schönheit, für immer bleiben würde.
Elizabeth sagte ihr lächelnd: „Ich muss Ihnen erzählen, dass ich mein Herz an Ihren Bruder Felix verloren habe! Sie wissen vermutlich, dass ich ihn gestern kennengelernt habe. Ein höchst einnehmendes Kind!"
Frederica lachte, schüttelte jedoch den Kopf. „Ja, aber er ist sehr schlimm und steht in meinem schwarzen Buch - wenn ihm doch bloß etwas daran läge! Ich habe ihm streng verboten, Lord Alverstoke zu plagen, der ohnehin schon viel zu nett zu ihm ist
- wie zu uns allen."
„Oh, aber er hat ihn gar nicht geplagt! Er erzählte uns, dass Sie es ihm verboten hätten, und versicherte meinem Bruder, dass er ihn doch bloß bätel"
„Himmel, was für ein grässlicher Junge! Ich bitte Sie um Entschuldigung - er hat mir erzählt, Sie wünschten diesen Aufstieg ebenfalls mit anzusehen; ich bin dagegen vollkommen überzeugt, dass das nicht der Fall ist!"
„Aber im Gegenteil! Ich werde es sehr genießen - und insbesondere das Schauspiel, wie mein Bruder um einen kleinen und wahrscheinlich schmutzigen Finger gewickelt wird!"
„Bestimmt schmutzig", versicherte Frederica kläglich. „Ist das nicht seltsam - man schickt einen kleinen Jungen blitzsauber hinaus, und in einer halben Stunde ist er ein vollkommener Dreckspatz?"
„Ja, und in dieser Hinsicht sind sie einander alle ganz gleich. Ich habe nämlich drei Söhne, Miss Merri... aber nein, warum sollen wir so förmlich sein? Frederica! Wir sind doch Basen, nicht?"
„Nun, ich glaube schon", entgegnete Frederica. „Nur ... nur sehr entfernt verwandt, fürchte ich!" Sie zögerte und sagte dann aufrichtig: „Es muss Ihnen sehr seltsam erscheinen, dass ich Lord Alverstoke gebeten habe, sich mit uns anzufreunden. Die Sache war so, dass er der einzige Verwandte ist, dessen Namen ich kannte. Mein Vater hatte mehrmals von ihm gesprochen, daher ... daher war ich so kühn, mich an ihn zu wenden. Ich war sehr eifrig darauf aus, verstehen Sie, dass meine Schwester eine Londoner Season mitmacht."
„Das kann ich wirklich verstehen", stimmte Eliza zu und schaute zu Charis, die in einer Gruppe junger Leute am anderen Ende des Saales stand. „Ich sehe, sie hat Endymion Daun-try am Bändel. Wenn er nicht so schön wäre, hielte man ihn für ein Mondkalb! Ist das seine Schwester Chloe, die mit dem jungen Wrenthorpe spricht?
Wie absurd, dass Endymion so viel besser aussieht als seine Schwester!" Sie blickte Frederica lächelnd an: „Alverstoke erzählte mir, dass eine Tante Ihre Anstandsdame ist, die aber heute Abend nicht hier ist. Ich möchte sie kennenlernen, also werde ich ihr einen Vormittagsbesuch machen, wenn Sie meinen, dass ihr das nicht unangenehm ist."
„Auf keinen Fall, doch ich fürchte, Sie werden sie sehr wahrscheinlich nicht daheim antreffen", antwortete Frederica. Sie runzelte die Stirn und seufzte.
„Unglücklicherweise - nun, eigentlich traurigerweise - ist mein Onkel, der in der Harley Street wohnt, gefährlich krank und wird sich nicht mehr erholen, was man ihm eigentlich auch gar nicht wünschen
dürfte, denn er leidet schon seit Langem an einer schmerzhaften und unheilbaren Krankheit. Meine Tante Seraphina hält es für ihre Pflicht, ihre Schwester zu unterstützen, und verbringt fast den ganzen Tag in der Harley Street. Tante Amelia hat großen Kummer, der sie völlig lähmt. Sie ist - hm - nichts als Empfindsamkeit, und das Geringste übermannt sie einfach." Sie fügte hastig hinzu: „Ich will damit natürlich nicht sagen, dass das etwas Geringes ist!"
„Ich weiß genau, was Sie meinen", warf Eliza ein. „Die Arme! Sie tut mir aufrichtig leid,
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