Heiratsmarkt
zuletzt darin, dass sie ihre Schönheit gering schätzte. Da sie ihre Aufmerksamkeit immer derjenigen Person widmete, die zufällig mit ihr sprach, war sie sich im Allgemeinen der bewundernden Blicke gar nicht bewusst, die ihr zugeworfen wurden. Wenn sie einmal doch bemerkte, dass man sie anstarrte, bedeutete ihr dies durchaus keine Befriedigung, sondern sie verurteilte den Bewunderer innerlich als einen grässlich ungehobelten Menschen und fragte sich, ob sie nicht vielleicht einen Pickel bekam oder Schmutz im Gesicht hatte. Diese Befürchtungen gingen ihr jedoch keineswegs durch den Kopf, wenn sie aufschaute und Endymions braune Augen anbetend auf sich gerichtet sah. Sie wurde rot und wandte sofort ihren Blick ab. Zwar wünschte sie, er solle sie nicht anstarren, doch der Gedanke, dass auch er grässlich ungehobelt sei, blieb aus. Er war der prächtigste junge Mann, den sie je gesehen hatte - die Verkörperung aller Helden, die es - wie Tante Seraphina behauptete - nur in Balladen oder zwischen den marmorierten Buchdeckeln eines Liebesromans gab.
Wüsste sie nicht, dass er sie beobachtete, hätte sie hier und da heimlich zu ihm hingesehen. Da sie es aber wusste und ein wohlerzogenes Mädchen war, hütete sie sich, wieder zu ihm hinzublicken. Weiter oben an der Tafel ermutigte Frederica mit gut gespieltem Interesse Lord Buxted, sie in Einzelheiten der Güterverwaltung zu unterrichten. Lady Jersey, auf der anderen Seite der Tafel, beobachtete beide Schwestern unter ihren Wimpern hervor und äußerte plötzlich: „Tatsächlich ausgezeichnet, Alverstoke! Ich mag sie. Ungezwungen, natürliche Manieren bei beiden; und die Schöne ist von einer Bescheidenheit, die besonders einnehmend ist.
Hast du mich eingeladen, um mich zu beschwatzen, dass ich ihnen Clubkarten für Almack verschaffe?"
Diese von einem durchbohrenden Blick Ihrer Gnaden begleitete Herausforderung brachte ihn keineswegs aus der Fassung. Als er sich vergewissert hatte, dass Lady Sefton zu seiner Linken gerade in ein Gespräch mit Mr. Moreton verwickelt war, antwortete er kühl: „Nein. Nur um mich vor unerträglicher Langeweile zu retten, Sally! Ich verlasse mich darauf, dass Louisa Karten für sie besorgt."
„Das tut sie auf keinen Fall", betonte Lady Jersey entschieden. „Sie wird dir erzählen, dass sich Mrs. Burrell geweigert hat, ihr gefällig zu sein. Und selbst du, gefühlloses Ungeheuer, das du bist, kannst kaum von ihr erwarten, dass sie sich gerade jetzt an Emily Cowper wendet.
Die Lambs sind ja alle miteinander durch den Tod Lady Melbournes erschüttert, doch am meisten trifft es Emily." Sie sandte neuerlich einen Blick die Tafel hinunter und unterdrückte ein Kichcrn. „Ach du liebe Güte, schau dir bloß Louisa an! Ich tu's!
Ja, ich tu's wirklich. Und wenn auch nur, um dich zu unseren Veranstaltungen zu bringen, Vernon!"
„Das wird nicht gelingen, meine Liebe - ich habe mich noch nie einer Abfuhr ausgesetzt! Oder sind eure Abfuhren nur Herzögen reserviert?"
Sie brach in ein anerkennendes Gelächter aus: „Du meinst Wellington? Aber der versuchte, sich über unsere Regeln hinwegzusetzen, was du bestimmt nie tätest!"
„Hast du eine Ahnung! Frage doch meine hebenden Schwestern!"
„Nicht nötig, ich weiß die Antwort. Und wie mich die abblitzen ließen - Augusta und Louisa, ausgenommen natürlich meine liebste Eliza! -, als sie junge Damen waren und ich noch ein struppiges Schulmädchen! Werden sie sich zu Tode ärgern, wenn ich für deine Mündel bürge? Du hebe Güte, natürlich! Maria!"
Lady Sefton, deren Aufmerksamkeit so gebieterisch gefordert wurde, wandte ihrer Freundin einen liebenswürdig fragenden Blick zu.
„Sollen wir Alverstokes Mündel bei Almack zulassen?"
„O ja, ich glaube schon - oder? So hübsche und wohlerzogene Mädchen, findest du nicht? Außerdem die Töchter des armen Fred Merriville! Ich glaube, wir sollten alles, was wir können, für sie tun!", pflichtete ihr Lady Sefton bei und wandte sich wieder Mr. Moreton zu.
„Also, ich tu's", stellte Lady Jersey fest. „Aber wie ärgerlich ... Ach du liebe Güte, bin ich eine Gans! Jetzt werde ich
nie erfahren, ob das der Grund war, warum du mich eingeladen hast!"
„Ist ja egal", tröstete sie Alverstoke. „Stell dir nur vor, welchen Spaß es dir machen wird, meine Schwestern in äußerste Wut zu versetzen!"
„Sehr richtig!" Wieder blickte sie die Tafel hinunter. „Die Schöne wird natürlich der letzte Schrei werden. Die Ältere hat mehr Haltung
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