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Heiratsmarkt

Heiratsmarkt

Titel: Heiratsmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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mit einem flehenden Blick in den Saal alle Anwesenden um Verzeihung. Er hatte Wachdienst gehabt - Vetter Vernon würde verstehen. Aber hier brach er ab, denn plötzlich erblickte er Charis, stand da und starrte sie in unverhüllter Bewunderung an, bis er von Lady Jevington abrupt aus seiner Trance gerissen wurde. Sie sagte, sie glaube, er sei den Myladys Jersey und Sefton bereits bekannt. Er zucktc zusammen, rot bis an die Haarwurzeln, und stieß einige unzusammenhängende Entschuldigungen hervor, als er sich vor den Damen verneigte. Zum Glück waren beide eher amüsiert als beleidigt. Lady Sefton war zu gutmütig, um Anstoß zu nehmen, aber Lady Jersey war äußerst pedantisch in Formsachen. Sie ersparte Endymion eine ihrer Abfuhren, weil er im Allgemeinen äußerst pünktlich zu sein pflegte und genau die Art von schönem jungen Mann aus gutem Hause war, wie sie jede Gastgeberin nur zu gern zu ihren Bällen und Gesellschaften einlud; außerdem aber, weil die Fanes und die Dauntrys einander schon, wie sie es formulierte, seit Ewigkeiten kannten. Eine ihrer besten Freundinnen aus Kindertagen war Alverstokes jüngste Schwester gewesen: jene
    „arme Eliza", die einen völlig unbedeutenden Mr. Kentmere geheiratet hatte und fast von der Londoner Szene
    verschwunden war. Obwohl Alverstoke, vier Jahre älter als die faszinierende Sally Fane, niemals zu den Anwärtern auf ihre Hand und ihr Vermögen gehört hatte, gab sie doch freimütig zu, eine Schwäche für ihn zu haben und ihn unter ihren ältesten Freunden am höchsten einzuschätzen. Der Marquis war um etwa zehn Jahre jünger als der Earl of Jersey, aber gut mit ihm bekannt, da beide Harrowianer waren und auf dem Turf wie bei der Jagd rivalisierten. Beide lebten, wenn sie in London weilten, am Berkeley Square, ein Umstand, der sie, wie Lady Jersey sagte, nicht nur zu Nachbarn machte, sondern auch ein unlösbares Problem schuf: Wenn man als Jersey zu einer Galagesellschaft ins Alverstoke-Palais geladen war, wusste man nie, was richtiger war: die Kutschc vorfahren zu lassen oder sich so weit zu erniedrigen, die etwa fünfzig Meter zu Fuß zu der Gesellschaft zu gehen?
    Lady Jersey war in gewissen Kreisen als „die Verschwiegenheit" bekannt. Wer jedoch annahm, dass ihr seichtes, sprunghaftes Geschwätz das Zeichen eines leeren Kopfes war, irrte gewaltig: Sie war sogar äußerst intelligent, und es entging ihr nur wenig.
    Sie hatte dahingeplaudert, seit sie den Saal betreten hatte, und über eine erstaunliche Anzahl von Themen: von der bevorstehenden Hochzeitsflut in der königlichen Familie bis zur Rettung eines grausigen Mörders vor dem Galgen, dank der Entdeckung eines alten Gesetzes über das Recht der Beweisführung durch Zweikampf. Während sie so dahinschnatterte, hatte sie sich jedoch im Geist allerlei vorgemerkt, und zwar recht interessante Dinge. Sie wusste bereits durch die hochmütige Mrs. Burrell, ebenfalls eine Patronesse bei Almack, die es wiederum unlängst aus dem Mund der Lady Buxted erfuhr, dass Alverstoke die Vormundschaft über irgendwelche jungen Basen übernommen hatte und bei all seiner Trägheit sein Bestes tat, diese beiden Frauenspersonen der Familie durch die Einladung zum Ball, der zu Ehren seiner Nichte abgehalten wurde, in die gute Gesellschaft einzuführen.
    Das genügte voll-
    auf, ihre Neugier anzuregen. Da Lady Jersey Alverstoke viel besser kannte als Mrs.
    Burreil, glaubte sie keinen Augenblick daran, dass er je auch nur im Mindesten daran gedacht hätte, einen Ball zu Ehren Janes oder einer seiner übrigen Nichten zu geben.
    Also musste er es um seiner unbekannten Mündel willen getan haben - doch auch das sah ihm nicht ähnlich. Als sie Charis erblickte, schoss Ihrer Gnaden zwar der Gedanke durch den Kopf, Charis sei Alverstokes neuester Flirt, doch sie verwarf ihn sogleich wieder. Das Mädchen war reizend, aber keineswegs Alverstokes Geschmack. Unschuldige Knospen, die eben erst ihre Blätter entfalteten, hatten noch nie zu seinen Opfern gezählt, und diesem Mädchen hier ging, abgesehen davon, dass es sein Mündel war, Scharfsinn ab. Ein wunderschönes Kamel, entschied Lady Jersey, das Alverstoke schon fünf Minuten nach dem Kennenlernen als todlangweilig abschreiben würde. Die zungenfertige Erklärung Louisas ihrer alten Freundin Mrs. Drummond Burreil gegenüber, dass Alverstoke es für seine Pflicht hielt, sich um Fred Merrivilles Kinder zu kümmern, konnte niemand, der Alverstoke kannte, glauben. Warum also dann ... ?

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