Heiß verführt in einer Wüstennacht (Julia) (German Edition)
hielt Iseult ihn auf und packte ihn am Ärmel. „Sekunde noch.“
Nadim drehte sich verärgert zu ihr um, doch sie ließ sich nicht einschüchtern. „Wieso werde ich bestraft, wenn doch Stevie Bourne der eigentliche Missetäter war?“
Der Scheich runzelte nachdenklich die Stirn. „Du hast gezeigt, dass du nicht nur einen schlechten Geschmack hast, sondern auch noch unersättlich bist. Schließlich hast du dich gleich nach Stevie auch noch mir an den Hals geworfen. So kann es nicht weitergehen.“
Die Worte Aber du hast mich doch auch geküsst verstarben auf Iseults Lippen. Vielleicht hatte sie sich das ja nur eingebildet. Sie hatte Nadims Kopf zu sich herabgezogen, sie hatte gebetet, dass er sie küssen möge – doch dann hatte sie ihn geküsst.
Sie warf ihm einen ernsten und prüfenden Blick zu. Nein, er verstand wirklich nicht, welche Wirkung er auf sie hatte. Mit ihm in den Palast ziehen? Unmöglich!
„Aber was werden die Leute denken?“, wandte sie ein.
Nadim biss die Zähne zusammen. „Das muss dich nicht kümmern.“
„Aber ich arbeite hier. Ich muss die anderen jeden Tag sehen.“
Nadim kam wieder ganz nahe an Iseult heran. „Niemand stellt das, was ich sage, infrage. Oder meine Entscheidungen. Denn, falls du es vergessen haben solltest, ich bin hier der Scheich. Und ich dulde nicht länger, wie du dich hier aufführst. Du kommst mit mir, damit ich dich besser unter Kontrolle habe. Das ist alles.“
„Dann bin ich ja quasi deine Gefangene!“
Er lachte gequält. „Nein, Iseult, das bist du nicht. Es steht dir jederzeit frei, zu gehen, wohin du willst. Auch zurück nach Irland, wenn du das möchtest.“
Von einer plötzlichen Panik ergriffen, konnte Iseult nichts darauf erwidern. Sie nickte nur stumm.
„Gut. Dann werde ich Jamilah bitten, dich mitsamt deinen Sachen heute Abend in den Palast zu bringen.“
In der Abenddämmerung erreichten Iseult und Jamilah den Palast. Sie hatten die kurze Strecke im Jeep zurückgelegt, waren ausgestiegen und standen nun nebeneinander, umgeben von mächtigen Mauern, die noch die restliche Wärme des Tages abstrahlten. Iseult legte den Kopf in den Nacken, um ihr neues Zuhause besser in Augenschein nehmen zu können. Sie fühlte sich, als wäre sie in einem Märchen aus tausendundeiner Nacht erwacht. Alles war so fremd, so andersartig – aber zugleich wunderschön.
Die Mauern waren so hoch, dass sie nicht sehen konnte, was dahinter lag. Die riesigen Steinquader waren vor Jahrhunderten behauen worden und verfügten zum Teil über eingemeißelte Ornamente und schön geschwungene arabische Buchstaben.
Eine ehrwürdige, aber auch etwas beängstigende Ruhe lag über dem Ort.
Jamilah nahm sie beim Arm und führte sie weiter ins Innere des Palastes. Nachdem sie einen riesigen Torbogen durchschritten hatten, kamen sie in einen kleineren Innenhof. Dieser wirkte längst nicht so einschüchternd, wie der Erste. Hier gab es jede Menge Pflanzen, kleine sich durchs Grün schlängelnde Pfade, einen hübschen Brunnen mit Fontäne und sogar einen Wasserlauf mit Fischen darin.
Jamilah wandte sich der jungen Frau zu, die, in eine traditionelle Abeyya gekleidet, auf sie zukam. Iseult konnte nur ihre Augenpartie sehen, diese war wunderschön und wirkte sehr freundlich.
Vor Aufregung begann Iseults Bauch zu kribbeln, als Jamilah ihr die andere Frau vorstellte: „Das ist Lina, deine … Zofe. So heißt das doch, oder?“ Jamilah lachte, als sie Iseults überraschtes Gesicht sah. „Du bist hier in einem Palast, Iseult!“
Noch bevor diese irgendwelche weiteren Fragen stellen konnte, fuhr Jamilah mit einem Blick auf ihre Armbanduhr fort: „Oh, so spät schon! Ich muss leider sofort wieder zurück; jeden Moment kann unten das neue Pferd eintreffen.“ Sie umarmte Iseult kurz, so wie es mittlerweile zwischen ihnen üblich geworden war, und ging.
Immer noch geblendet von all dem Prunk und der Größe des Palastes, folgte Iseult Lina durch Korridore und Gänge, durch Arkaden und über kleine Plätze. Manche lagen unter freiem Himmel, sodass Iseult den mittlerweile dunkelblauen Himmel mit all seinen Sternen bestaunen konnte. Wie magisch es hier war!
Doch trotz all der Schönheit hatte der Ort auch etwas von einem Mausoleum. Iseult fehlten die Menschen, Stimmen, Kinder. Ja, vor allem spielende Kinder hätten dem Palast mit all seinen Innenhöfen und verwunschenen Ecken etwas Lebhaftes, Fröhliches gegeben. Wieder erschauderte sie beim Gedanken daran, dass Scheich Nadim
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