Heiss wie der Sommer
immer ein echter Blickfang gewesen – endlos lange Beine und das Gesicht eines Engels, dazu ein Köpfchen, in dem wirklich etwas steckte. Außerdem strahlte sie, als hätte sie erst vor Kurzem einen Orgasmus der kosmischen Variante erlebt.
Natürlich war Dylan derjenige, dem sie diesen Orgasmus zu verdanken hatte.
Tyler verspürte reinen, unverfälschten Neid, den er hinter einem Lächeln zu verbergen versuchte. Dylan wusste aber vermutlich trotzdem ganz genau, was ihm durch den Kopf ging.
Kristy zog die Schlüssel für ihren Chevrolet Blazer aus der Tasche ihrer eng anliegenden Jeans und hielt sie Tyler hin. „Die sind für dich, Cowboy.“
„Cowboy“, wiederholte Bonnie ausgelassen und streckte die Arme nach ihm aus.
Tyler hatte eine Schwäche für Kinder, also nahm er seine Nichte und bückte sich mit ihr, um ihr Kit Carson vorzustellen. Der leckte ihr prompt übers Gesicht, und Bonnie begann, vergnügt zu kichern.
„Schön, dass du wieder in Stillwater Springs bist, Ty“, meinte Kristy, während sie den Schlüsselbund auf den Tisch legte. Ihre dunkelblauen Augen funkelten vor Freude. „Wir fahren jetzt zum Abendessen weiter zu Logan und Briana. Willst du mitkommen?“
„Dazu bin ich noch nicht bereit“, gab Tyler schroff zurück, nachdem er Dylan einen kurzen Blick zugeworfen hatte. Zugegeben, er war neugierig auf Briana und die beiden Jungs, genauso wie auf den Umbau der Ranch. Aber Logan war dort, und das genügte, um nicht hinzufahren.
Wieder schaute Dylan auf die Gitarre. Vermutlich erinnerte sie ihn an den Zwischenfall im Skivvie’s am Tag von Jakes Beerdigung.
„Man sollte die Vergangenheit ruhen lassen“, bemerkte Dylan.
Er hat leicht reden!
Tyler fühlte, wie sich die alte Wut wieder regte. Er hatte einen Song über Jake geschrieben – oder besser gesagt: über den Mann, der sein Vater für ihn hätte sein sollen –, und Logan hatte ihm die Gitarre aus der Hand gerissen und sie so lange gegen den Tresen geschlagen, bis nur noch Splitter von ihr übrig waren.
Tyler hörte immer noch die letzten Klänge, die die Saiten von sich gegeben hatten.
Es war nur eine Gitarre aus einem Versandhauskatalog gewesen, die höchstens zwanzig oder dreißig Dollar gekostet hatte. Aber sie war das letzte Geschenk gewesen, das Tyler von seiner Mutter bekommen hatte, bevor sie sich in einem Motelzimmer mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben nahm.
„Ich werde dir Bescheid geben“, gab Tyler schließlich aufgebracht zurück, „wann ich die Vergangenheit ruhen lasse. Aber du solltest dir da keine allzu großen Hoffnungen machen.“
Bonnie wurde unruhig, als sie die gereizte Atmosphäre bemerkte. Sie streckte ihre Ärmchen nach Kristy aus, dann steckte sie den Daumen in den Mund und ließ sich an die Schulter ihrer Stiefmutter sinken.
Auch Kristy machte eine besorgte Miene.
„Schlechte Schwingungen“, sagte sie leise und schaute zwischen den Brüdern hin und her.
Tyler rang sich zu einem Lächeln durch, das Kristy und vor allem Bonnie hoffentlich besänftigte. „Danke für den Wagen, Kristy. Ich weiß das zu schätzen.“
Dylan hatte seine gute Tat für den heutigen Tag vollbracht; er stand in der offenen Tür. „Wenn du dir das mit dem Abendessen anders überlegen solltest, weißt du ja, wo du uns findest“, sagte er zu Tyler. Dann drehte er sich um und verließ die Hütte.
Kristy sah Tyler abermals ratlos an, dann folgte sie mit Bonnie nach draußen.
Tyler wartete, bis sie abgefahren waren, dann griff er nach dem Wagenschlüssel. „Komm, Junge!“, forderte er Kit Carson auf. „Wollen wir doch mal herausfinden, ob ich der Dad von jemandem bin.“
Tess ließ sich auf das Bett in Lilys altem Zimmer fallen, auf dem sich die Plüschtiere drängten, die Tyler für sie vor so vielen Jahren auf der Kirmes gewonnen hatte.
„Können wir hierbleiben, Mom?“, fragte sie, als Lily sich zu ihr auf die Bettkante setzte. Das Bett war noch immer mit dem gepunkteten Laken bezogen, das sie zu ihrem achten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. „Hier bei Grampa in Stillwater Springs?“
Lily strich ihrer Tochter die Haare aus der Stirn, die vom Bad nach dem Abendessen immer noch feucht waren, und gab ihr einen Kuss. „Wir haben eine Wohnung in Chicago“, erwiderte sie. „Und du würdest deiner Großmutter Kenyon sehr fehlen.“
„Sie könnte mich hier besuchen“, schlug Tess mit einem hoffnungsvollen Ausdruck in ihren Augen vor.
Der Gedanke, Eloise Kenyon in einer Stadt wie Stillwater
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