Heiss wie der Sommer

dahinter stand offen.
    „Lily“, flüsterte er ihr zu, damit ihr Dad nicht aufwachte.
    „Was ist?“, fragte sie genauso leise zurück.
    „Was wir heute Abend erlebt haben, möchte ich gegen nichts auf der Welt eintauschen“, beteuerte er.
    „Du hast bekommen, was du wolltest“, wisperte sie. „Und
ich
habe bekommen, was
ich
wollte. Ab jetzt werden wir beide so tun, als wäre es nie passiert.“
    „Soll das ein Witz sein?“
    „Schhh!“, machte sie und legte einen Finger an die Lippen. „Willst du etwa das ganze Haus aufwecken?“
    Tyler seufzte. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er in echter Cowboymanier gejohlt und gejubelt und damit gern die ganze Straße, ja, die ganze Stadt aufgeweckt. „Gute Nacht“, sagte er stattdessen nur und benahm sich wie ein englischer Butler, indem er ihr die Fliegengittertür aufhielt, damit sie nicht laut ins Schloss fallen konnte. „Ich rufe dich an“, fügte er hinzu, als Lily ins Haus ging.
    Sie warf ihm nur einen finsteren Blick zu und schloss die Haustür.
    „Verdammt noch mal“, murmelte er grinsend und lief zurück zu seinem Wagen. Er startete den Motor, fuhr aber nicht sofort los, sondern wünschte sich, er, Logan und Dylan würden sich immer noch so nahestehen wie früher.
    Dann hätte er jemanden gehabt, mit dem er feiern konnte.
    Er hätte ihnen erzählen können, dass er heiraten würde.
    Er … Augenblick mal! Er würde
was
tun?
    Er würde heiraten.
    Das war so sicher, wie in wenigen Stunden wieder die Sonne über den Hügeln im Osten aufgehen würde, um Bäume, Weiden und Bäche in ein feuriges orangerotes Licht zu tauchen.
    Dylan fuhr sich aufgeregt durchs Haar. Vielleicht war es ja besser so. Schließlich brauchte er ein wenig Zeit, um sich an diesen Gedanken zu gewöhnen, und die zukünftige Braut wusste ja nicht einmal etwas von ihrem Glück.
    Trotzdem konnte er mit diesem Wissen nicht einfach nach Hause zurückfahren, auch wenn der arme alte Kit Carson dort auf ihn wartete und ganz sicher unter Trennungsängsten litt.
    Langsam fuhr er in Richtung Ranch. Er versuchte, seine Gedanken und Gefühle zu ordnen, was ihm aber nicht gelingen wollte. Zu groß war dieser plötzliche Wechsel von seinem alten Selbst zum potenziellen Ehemann.
    Wann dieser abrupte Wandel genau eingetreten war, vermochte er nicht zu sagen, aber das ganze Universum schien sich in seinen Plan zu fügen – Lily und er ein Ehepaar. Es war überwältigend, und zugleich hatte es etwas völlig Natürliches an sich, so, als sei diese Entwicklung bereits mit dem Beginn der Zeit unumkehrbar in Gang gesetzt worden.
    Als er am in Dunkelheit getauchten Haupthaus der Ranch vorbeifuhr, sehnte er auf einmal die alten Zeiten herbei, als er und seine Brüder noch Kinder waren.
    Es waren
nicht nur
schlechte Zeiten gewesen.
    Wenn Jake nüchtern gewesen war, hatte er mit ihnen in der Auffahrt Basketball gespielt und ihnen Geschichten aus den goldenen Zeiten der Creeds erzählt, als die Ranch noch eine der größten und besten im ganzen Staat Montana gewesen war. Oh ja, Jake hatte alles über das „aufregende Gestern“ gewusst.
    Als Tyler jetzt daran zurückdachte, brannten seine Augen ein wenig.
    Er hielt an, verließ den Blazer, um ein Tor in Logans schickem neuen Zaun zu öffnen, und nachdem er hindurchgefahren war, musste er noch einmal aussteigen, um es wieder zu schließen. Auf der Weide waren jetzt Rinder zu Hause. Und wenn man ein Tor geschlossen vorfand, dann schloss man es auch wieder hinter sich.
    Nachdem er das Abblendlicht ausgeschaltet hatte, fuhr er weiter in Richtung Friedhof. Hätten Logan oder Dylan die Scheinwerfer in der Dunkelheit bemerkt, wären sie womöglich auf die Idee gekommen, nachzusehen, wer sich da auf ihrem Grund und Boden aufhielt.
    Am Rand des Friedhofs hielt er den Blazer an, stellte den Motor ab und ging an Jakes Grab vorbei zu dem Grabstein, der den Namen seiner Mutter trug.
    Jemand war vor Kurzem hier gewesen und hatte einen Strauß aus bunten Wildblumen auf das Grab gelegt. Im silbrigen Mondlicht strahlten sie eine eigenartige, eindringliche Schönheit aus.
    Tyler hockte sich hin, berührte den Strauß und überlegte, wer ihn hergebracht haben mochte. Er entschied sich für Logans Frau Briana. Kristy und Dylan wohnten in der Stadt in ihrem Haus, solange sich das neue Ranchhaus noch im Bau befand, aber Logan und Briana wohnten in unmittelbarer Nähe zum Friedhof. Außerdem hatte irgendjemand davon gesprochen, dass Briana mit ihren Jungs schon einige Male