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Heiss wie der Sommer

Heiss wie der Sommer

Titel: Heiss wie der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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die Runde. „Du warst dabei, als Pete starb?“, fragte sie schließlich und war sich bewusst, dass sie ein Stück hinter dem herhinkte, was ihr Vater erzählte. „Davon hast du nie etwas gesagt …“
    „Würdest du Tess davon erzählen, wenn du so etwas erlebt hättest?“, gab Hal zurück. „Genauso wie Jake dachte ich, ich hätte den Jungen retten müssen. Ich hatte mein Pfadfinderabzeichen, ich kannte mich mit Wiederbelebungsmaßnahmen aus. Aber ich war so sehr damit beschäftigt, mit meinen Schwimmkünsten die Mädchen zu beeindrucken, dass mir Petes Verschwinden gar nicht auffiel.“
    „Du warst doch selbst noch ein Kind“, wandte Lily ein.
    Hal seufzte und wischte sich die Augen. „Ich kam darüber hinweg – jedenfalls so, wie man über ein solches Erlebnis hinwegkommen kann. Mom und Dad standen mir bei.“
    Lilys Großeltern waren gestorben, lange bevor sie zur Welt gekommen war. Beide erlagen im Abstand von nur einem Monat einem Herzversagen, sodass sie sie nie kennengelernt hatte. Doch ihr Einfluss wirkte noch immer nach. So gehörten die Porzellanfiguren in der alten Vitrine im Esszimmer früher Lilys Großmutter, und als kleines Kind war sie im Schaukelstuhl ihres Großvaters in den Schlaf gewiegt worden.
    „Hättest du gern Geschwister gehabt?“, fragte sie ihren Dad. Das gehörte zu den Dingen, die sie über ihren eigenen Vater wissen sollte. Die sie auch wüsste, wenn sie nicht so viele Jahre damit verbracht hätte, auf ihn wütend zu sein. Nach Dads Schilderungen war das nicht allein seine Schuld gewesen, denn sie hatte ihn umgekehrt auch aus ihrem Leben ausgeschlossen.
    „Ja“, antwortete Hal. „Und du?“
    Sie überlegte kurz, dann nickte sie. „Allerdings hat es auch seine Vorteile, ein Einzelkind zu sein.“
    Beide mussten sie lachen.
    In dem Moment kam eine von Kopf bis Fuß schmutzige Tess ins Zimmer gestürmt. Eleanor, die dicht hinter ihr war, sah kein bisschen besser aus.
    „Wir haben China nicht finden können“, verkündete Tess.
    „Na, sieh mal einer an“, meinte Hal amüsiert, doch sein Lachen wirkte auf Lily ein wenig gezwungen. „Und ich dachte, ihr würdet inzwischen schon die Chinesische Mauer besichtigen.“
    „Aber irgendwo da unten muss China sein“, beharrte Eleanor.
    „Jetzt geht euch waschen“, sagte Lily zu den Mädchen. „Ihr seht aus wie Straßenkinder.“
    „Was ist ein Straßenkind?“, wollte Eleanor wissen.
    „Das ist eine Redewendung“, erklärte ihr Tess. „Das heißt, unsere Sachen sind schmutzig, und wenn Leute uns sehen, könnten sie glauben, dass sich niemand um uns kümmert.“ Sie machte eine nachdenkliche Miene und ergänzte: „Meine Mom sagt ständig solche Sachen.“
    Hal warf Lily einen verwunderten Blick zu.
    „Das ist doch gar nicht wahr“, protestierte sie.
    „Und woher weiß ich dann, was ein Straßenkind ist?“, hielt Tess geschickt dagegen. „Ich bin erst sechs! Von irgendwem muss ich das ja gehört haben.“
    „Geht euch einfach sauber machen“, beendete Lily die Diskussion.
    Die Geräusche aus der Waschküche verrieten ihr, dass das Waschprogramm durchgelaufen war. Sie stand auf, holte das Kleid aus der Maschine, um es im Garten auf die Wäscheleine zu hängen. Tess war ins Badezimmer verschwunden, und Eleanor war auf dem Weg zum Nachbargrundstück.
    „Meine Tante geht morgen mit mir Beeren pflücken“, sagte Eleanor. „Darf Tess mitkommen?“
    „Diesmal nicht“, antwortete Lily, so freundlich sie konnte. Sie wollte erst ihre Tante und ihren Onkel besser kennenlernen, bevor sie den beiden ihre Tochter anvertraute.
    Eleanor nahm die Absage mit einem Schulterzucken hin, ging in den Nachbargarten und verschwand ins Haus.
    Lily stand noch immer an der Wäscheleine und schirmte die Augen gegen die Sonne ab, um sich die Blumenbeete anzusehen, die sich in einem erbärmlichen Zustand befanden. Plötzlich bog ein schicker Pick-up in die Auffahrt zwischen den beiden Häusern ein.
    Im ersten Moment verkrampfte sich ihr Magen, da sie ein solches Fahrzeug automatisch mit Tyler in Verbindung brachte. Wegen der getönten Scheiben konnte sie zudem nicht erkennen, wer im Wagen saß.
    Mit einer Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung sah sie Kristy aussteigen, die sie mit strahlendem Lächeln begrüßte. „Hey, Lily.“
    „Hey“, erwiderte sie und kam sich einen Augenblick lang so vor, als wären Kristy und sie wieder Kinder, die so unschuldig waren wie Eleanor und Tess.
    „Briana will mir zeigen, wie man Brot backt“,

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