Heiss wie der Sommer
Kopfschmerzen.“
„Wir haben ganz viele Pferde hier“, hörte Lily den älteren Jungen zu Tess sagen. „Willst du sie mal sehen?“
Lily verkniff sich, Tess zu ermahnen, sie solle vorsichtig sein. Sie kannte Briana Creed nicht, aber Kristy war eine alte Freundin, die sie als verantwortungsvoll in Erinnerung hatte, und sie schien keinerlei Bedenken zu haben. Lily atmete tief durch und behielt ihre Ängste für sich.
Dann nahm Kristy ihre Tochter hoch, um sie auf ihrer Hüfte abzustützen, und hielt Tess eine Hand hin. „Ich komme auch mit“, erklärte sie und ging in Richtung Stall los.
Sekundenlang stand Lily da und überlegte, ob sie dem Tross zum Stall folgen oder bei Briana bleiben sollte.
„Wenn Kristy ruft, laufen alle hinterher“, kommentierte Briana mit Blick auf Kristy, der die Jungs und Hunde wie im Gänsemarsch hinterherliefen. „Komm mit nach drinnen, Lily. Ich habe gerade eben eine frische Kanne Eistee in den Kühlschrank gestellt.“
Wieder zögerte Lily; sie war zu sehr darauf eingestellt, immer und überall auf Tess aufzupassen. Doch Briana und auch die Ranch hatten etwas an sich, das auf sie beruhigend wirkte.
Außerdem vertraute sie Kristy.
„Dein Dad hatte uns einen gehörigen Schrecken eingejagt“, sagte Briana, als sie beide zum Haus gingen. „Du weißt bestimmt, dass er seinen Herzanfall beim Barbecue für Jim Huntinghorse bekam, genau hier, auf der Veranda.“
Lily nickte und verspürte eine leichte Gänsehaut. Das Ganze hätte auch sehr leicht anders ausgehen können. Und dann wären sie und Tess zu einer Beerdigung nach Stillwater Springs gekommen, nicht zu einem ausgedehnten Aufenthalt in der Stadt.
„Dylan und Jim haben ihn sofort wiederbelebt“, erzählte Briana weiter, während sie die kühle, altmodische Küche betraten. So wie der Rest des Hauses befand sich auch dieser Raum mitten in der Renovierung.
„Ich möchte mich bei den beiden gern persönlich bedanken“, sagte sie.
„Die Gelegenheit wirst du bekommen.“ Briana deutete auf den großen runden Tisch in der Mitte der Küche. „Setz dich doch, ich bringe dir einen Eistee.“
Lily nahm Platz und sah sich um, versuchte aber, das möglichst unauffällig zu machen. Die Creeds waren so etwas wie eine lokale Legende, daher war sie zum Teil mit deren Geschichte vertraut. Laut Hal war dieses Haus weit über ein Jahrhundert ständig bewohnt gewesen, lediglich nach Jake Creeds Tod hatte es fünf Jahre lang leer gestanden.
Wie musste das wohl sein, an einem Ort zu leben, der für so viele eigene Vorfahren bereits ein Zuhause gewesen war?
„Dieser grässliche Fußboden wird demnächst durch Parkett ausgetauscht“, erklärte Briana freundlich und brachte zwei Gläser mit Eiswürfeln und eine Kanne mit kaltem Tee an den Tisch. „Allerdings wollen Logan und ich auch nicht zu viel verändern.“
Lily musste lächeln. Auf der Highschool war Logan dem Ruf der Creeds mehr als gerecht geworden: Unruhestifter, Herzensbrecher, furchtloser Rebell. Er war unbekümmert bis zum Äußersten gewesen, aber jetzt hatte er sich offenbar zum Familienmenschen gewandelt, der sich Gedanken über Fußböden und über den Erhalt alter Bausubstanz machte. „Ihr baut an, wie ich gesehen habe“, erwiderte sie, weil sie nun an der Reihe war, etwas zur Unterhaltung beizusteuern.
Briana schenkte ihnen beiden Tee ein und setzte sich zu ihr an den Tisch. Auf einer Seite lagen Schulbücher und Schreibblocks zu einem halbwegs ordentlichen Stapel aufgetürmt. „Wir bauen ein großes Schlafzimmer an, außerdem Zimmer für die Jungs, ein Büro für Logan und ein großes Wohnzimmer für die ganze Familie.“
Ein großes Wohnzimmer für die ganze Familie.
Das klang so, als sollte dort auch eine große Familie Platz finden. Zweifellos planten Briana und Logan weiteren Nachwuchs, was bei Lily Neidgefühle aufkommen ließ. Sie selbst hätte gern mindestens vier Kinder gehabt, doch nach Tess war sie einfach nicht wieder schwanger geworden.
Vermutlich war es das Beste so. Aber tief in ihrem Herzen verborgen lebte die Enttäuschung dennoch weiter.
Ihr musste irgendeine Reaktion anzusehen gewesen sein, denn plötzlich nickte Briana und sagte: „Wenigstens gibt es bei uns kein Zimmer mit einem mechanischen Bullen, so wie bei Kristy und Dylan.“
„Ein mechanischer Bulle?“, wiederholte Lily verwirrt.
„Du weißt schon“, meinte Briana grinsend. „Diese Geräte, die man in Cowboybars finden kann. Die aussehen wie ein Bulle und die sich
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