Heiss wie der Sommer
schwer erwischt, wenn sie schon nervös wurde, sobald nur sein Name fiel.
„Meine Mom hat gestern mit Tyler zu Abend gegessen“, meldete sich Tess von der Rückbank. „Sie war
richtig spät
wieder zu Hause, und sie hat das schöne rote Kleid getragen. Das hing eben auf der Wäscheleine im Garten von …“
„Tess“, ging Lily dazwischen und kniff die Augen zu.
Kristy lachte darüber nur verhalten.
„Eleanor geht heute mit ihrer Tante Beeren pflücken“, redete Tess ungerührt weiter. Es schien so, als hätten sich in ihr über Monate oder Jahre hinweg Worte und ganze Sätze angestaut, und jetzt auf einmal war der Damm gebrochen, und ein wahrer Redeschwall schoss aus ihr heraus. „Sie wollte, dass ich mitkomme. Aber ich wusste, dass Mom nein sagen würde, weil sie mich nur mit anderen Leuten weggehen lässt, wenn sie selbst mit dabei ist oder wenn sie die Leute schon
eeeewig
kennt … Eleanor wird staunen, wenn ich ihr erzähle, dass ich auch weggefahren bin. Und dass ich geritten bin. Und dass ich ein Brot gebacken habe …“
Lily stöhnte leise, woraufhin Kristy über die Mittelkonsole griff und ihren Arm tätschelte. „Schon okay“, flüsterte sie. „Lass sie reden.“
Und das tat Tess dann auch – gut zwanzig Minuten an einem Stück, bis sie die Stillwater Springs Ranch erreicht hatten.
Als Teenager war Lily ein paarmal hergekommen, als sie noch mit Tyler ging, und sie hatte die ganze Ranch als ziemlich heruntergewirtschaftet in Erinnerung.
Jetzt strahlte ihnen bereits das handgeschnitzte Schild über der Toreinfahrt stolz entgegen, als Kristy auf das Grundstück einbog. Der alte Stall war abgerissen und durch einen neuen ersetzt worden, die Weidezäune hatte man repariert und weiß gestrichen. Das Hauptgebäude selbst erinnerte in seiner ausladenden Art immer noch an die Ponderosa, aber zu beiden Seiten zweigten nun Flügel aus deutlich jüngerem Holz ab.
Auf dem Hof schien es auf den ersten Blick von Hunden und kleinen Jungs zu wimmeln, obwohl es von jeder Art eigentlich nur zwei waren.
Bonnie wurde unruhig und wollte aus ihrem Kindersitz befreit werden, um mit den Jungs zu spielen, während Tess verstummte. Lily merkte ihr an, dass sie nicht aus Angst, sondern aus großer Neugier heraus so reagierte.
„Nur die Ruhe, Houdini“, sagte Kristy zu Bonnie und parkte den Wagen zwischen einem weiteren Truck und einem BMW, dann warteten sie, bis sich die aufgewirbelte Staubwolke ein wenig gelegt hatte.
Die Jungs, beide etwas älter als Tess, kamen zum Truck gelaufen; die Hunde folgten ihnen bellend. Der kleinere Junge sprang auf das Trittbrett auf der Fahrerseite und gestikulierte, damit sie das Fenster öffnete.
Kaum war die Scheibe weit genug nach unten gefahren, steckte er den Kopf durch die Öffnung.
„Hey Alec, hey Josh“, begrüßte Kristy die beiden. „Alles klar?“
Wie sich herausstellte, war der sommersprossige Junge auf dem Trittbrett Alec. Er schaute kurz zu Lily, dann richtete er den Blick auf Tess. „Wer ist denn das
Mädchen
?“, fragte er.
„Das ist eine gute Freundin von mir. Sie heißt Tess“, antwortete Kristy. „Tess, dieser Wildfang hier ist Alec, der höflichere von den beiden ist sein großer Bruder Josh.“
„Hallo“, begrüßte Tess sie. Ihr war deutlich anzumerken, dass sie unbedingt in das einbezogen werden wollte, was die Jungs machten.
Kaum hatte sie ausgesprochen, löste sie bereits den Gurt, öffnete die Tür und sprang aus dem Wagen. Bonnie, die in ihrem Kindersitz gefangen war, jammerte kläglich.
„Ich komme ja schon“, beschwichtigte Kristy sie und stieg aus, um ihre Tochter aus dem Sitz zu befreien. Lily verließ als Letzte den Wagen.
Eine schlanke Frau kam aus dem Haus und lächelte ihnen zu. Sie hatte leuchtend grüne Augen, ihr rotblondes Haar trug sie zu einem Zopf geflochten. So wie Kristy war sie in Jeans und Baumwollbluse gekleidet, und ihre Stiefel trug sie nicht bloß, weil sie schick aussehen sollten. Das Leder war abgewetzt und schmutzig, und mit der abgerundeten Kappe und den flachen Absätzen waren es Stiefel von der Art, wie sie die Frau eines Ranchers trug.
„Du musst Lily sein“, begrüßte die Frau sie und streckte ihr die Hand aus. Sie musste ihre Stimme anheben, um die johlenden Kinder und die bellenden Hunde zu übertönen.
Für einen Moment beanspruchten ihre Söhne ihre Aufmerksamkeit. „Jungs!“, rief sie. „Seid etwas leiser, dann werden die Hunde auch wieder ruhiger. Von eurem Lärm bekomme ich sonst noch
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