Heiss wie der Sommer
kann?“
Tyler grinste und betrachtete den Jungen mit einer Mischung aus Bewunderung und Erstaunen. Der Bursche hatte wirklich Schneid. „Das hängt davon ab, was du darunter verstehst, Cowboy zu werden.“
„Na ja, dass ich das Tattoo abwische und die Ringe rausnehme und nicht mehr nur in Schwarz rumlaufe“, antwortete Davie mit einem spitzbübischen Funkeln in den Augen. „Und dass ich Jeans und Stiefel trage, und dass ich lerne, wie ein Cowboy zu reden.
Das
verstehe ich darunter.“
„Danke für diese Ausführungen“, gab Tyler augenzwinkernd zurück, während ihm deutlich wurde, wie gut er den Jungen leiden konnte und wie sehr er ihm gefehlt hätte, wäre er zu Doreen zurückgekehrt.
Das kam dabei heraus, wenn ein Mann anfing, Interesse zu zeigen, überlegte er – am Leben eines ausgesetzten Hundes, am Schicksal eines dreizehnjährigen Jungen … oder an einer Frau.
Davie musterte ihn aufmerksam. „Alles okay?“, fragte er.
Tyler wurde bewusst, dass er sich offenbar etwas von dem hatte anmerken lassen, was in ihm vorging. Das war auch etwas Neues.
Vermutlich hing es damit zusammen, dass er zurück zu Hause war. Zu Hause zu sein bedeutete mehr, als auf einer Ranch zu leben und seine Post beim winzigen Postamt in Stillwater Springs abzuholen.
Es bedeutete, Tyler Creed und sonst niemand zu sein. Und es bedeutete, die guten Dinge ebenso zu akzeptieren wie die schlechten.
„Ja, mir geht’s gut.“
„Wenn Sie überlegen, wie Sie mir beibringen sollen, dass meine Mom mich für einen Haufen Geld an Sie verkauft hat, dann ist das schon in Ordnung“, redete Davie weiter. „Ich weiß, das lässt sie wie eine miese Mutter aussehen, aber sie versucht nur, Roy so weit wie möglich von mir fernzuhalten.“
Tyler stierte ihn verblüfft an. „Du
weißt
das?“
„Mom hat’s mir gesagt. Ich hab sie gestern Abend von Ihrem Mobiltelefon aus im Kasino angerufen. Sie hat mir gesagt, dass sie bald mit Roy die Stadt verlassen wird. Sie will heute kündigen. Aber sie will mir schreiben, sobald sie einen Computer hat.“
Tyler hörte sich das alles an. „Und das macht dir nichts aus?“
„Ich hab Schlimmeres mitgemacht“, gab Davie zurück. Für Tylers Geschmack klang er für einen Dreizehnjährigen viel zu philosophisch. „Ihre Hütte ist eine Bruchbude, aber Sie haben Kit Carson und den See vor der Tür, und Logan sagt, ich kann jederzeit zu ihm kommen und reiten, solange jemand aufpasst, dass ich mir nicht das Genick breche. Bis jetzt habe ich nicht ein einziges Mal hungern müssen. Und bei Ihnen lebe ich tausendmal lieber als bei Roy.“
„Was genau hast du Schlimmeres mitgemacht, Davie?“, fragte er nach einer längeren Pause. „Übrigens kannst du mich ruhig duzen.“
„Okay“, meinte er und zuckte mit den Schultern. „Also … vor Roy war da Marty. Ein richtiger Arsch. Packte mich an den Haaren und warf mich aus dem Haus, sobald Mom zur Arbeit gegangen war. Er meinte, es würde ihn ankotzen, wenn er mich nur ansah. Er starb an ’nem Herzinfarkt oder so was. Beim Abendessen kippte er plötzlich um und war tot. Dumm gelaufen.“
Davies Stimme verriet kein Mitgefühl, aber auch kein Selbstmitleid. Er schilderte einfach, was geschehen war, weiter nichts.
„Vor Marty lebte Mom mit einem alten Kerl in Wyoming zusammen, der eine Schaffarm hatte. Der war so geizig, dass er unser Essen rationierte. Und als er keine Lust mehr hatte, uns durchzufüttern, da sagte er, ich hätte ihm Geld aus der Brieftasche geklaut, und er warf uns raus.“
„Hast du ihm Geld geklaut?“, fragte Tyler. Im Vergleich zu dem, was Davie durchgemacht hatte, war das Leben mit Jake Creed fast schon paradiesisch gewesen.
„Ja“, bestätigte Davie wie selbstverständlich. „Aber nur so viel, damit Mom und ich uns eine Busfahrkarte kaufen konnten, nachdem wir per Anhalter bis zur nächsten Stadt gefahren waren. Und natürlich genug, damit er uns auch rauswirft.“
„Natürlich“, wiederholte Tyler ironisch. „Du bist mir ja ein Früchtchen, weißt du das?“
„Ja, das hab ich schon mal gehört“, erwiderte er unbekümmert. Er überprüfte den Stand der Sonne, als wäre er John Wayne, der die Überlebenden eines Indianerangriffs durch eine Wüste in Sicherheit bringen sollte. „Wir sollten diese Pferde zurück in den Stall bringen“, sagte er dann. „Außerdem hab ich Josh und Alec versprochen, dass sie mir zusehen können, wie ich den Ring aus der Augenbraue nehme.“
„Das hattest du längst
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