Heiss wie der Sommer
was ihrem Dad nicht entging, während Tess zum Glück nichts davon mitbekam.
„Ich begleite deine Mom zum Auto“, sagte er zu Tess. „Du kannst schon mal alles in den Geschirrspüler räumen, und danach besiege ich dich bei einer Partie Dame.“
„Du meinst,
ich
besiege
dich“
, korrigierte Tess ihn. „So wie beim letzten Mal auch.“
Hal lachte leise, und obwohl Lily ihm mit ihrem Blick deutlich zu verstehen gab, dass sie auch allein den Weg zu ihrem Wagen finden würde, legte er auf väterliche Weise eine Hand auf ihren Rücken und dirigierte sie auf die Veranda und dort weiter zur Auffahrt. Bis sie aufgeschlossen hatte und er die Wagentür aufhielt, sagte er keinen Ton.
„Versuch, dein Kleid nicht wieder zu verderben, Lily“, sprach er mit einem liebevollen Augenzwinkern. „Es wird ziemlich offensichtlich sein, was du angestellt hast, wenn du es morgen schon wieder in die Waschmaschine stecken und zum Trocknen raushängen musst.“
Sie ließ sich auf den Fahrersitz fallen und stocherte mit dem Schlüssel, bis sie das Zündschloss fand. „Danke für den Tipp, Dad“, erwiderte sie. „Als ob das Ganze nicht schon peinlich genug wäre.“
„Du bist eine erwachsene Frau“, betonte er. „Wenn du die Nacht mit Tyler Creed oder mit sonst wem verbringen willst, dann ist das allein deine Sache. Das muss dir nicht peinlich sein.“
„Und jetzt wirst du mir bestimmt noch erzählen, dass ich vorsichtig sein soll, richtig?“
„Das habe ich bereits erledigt“, erklärte er amüsiert. „Außerdem glaube ich, du bist bislang etwas übervorsichtig gewesen.“ Er hielt inne und beugte sich vor, nachdem sie das Fenster geöffnet hatte. „Was ich dir auf meine unbeholfene Weise damit sagen will, Lily … es ist okay, wenn du es etwas lockerer angehst. Bleib die ganze Nacht weg, wenn du möchtest. Tess und mir passiert schon nichts. Du musst unseretwegen nicht um Mitternacht zurück sein.“
Sie schluckte, dann nickte sie langsam.
„Und danke, dass du mich gerade eben wieder ‚Dad‘ genannt hast. Das hört sich schön an.“
„Ich habe mein Handy dabei“, erwiderte Lily und wollte dem von Liebe erfüllten Blick ihres Vaters ausweichen, konnte es aber nicht. „Der Akku ist geladen, die Nummer habe ich auf einer Haftnotiz aufgeschrieben und …“
„Lily, fahr jetzt.“
„Wenn du irgendetwas brauchst … egal was …“
„Jetzt fahr endlich!“
Ein nervöses Lächeln kam ihr über die Lippen. „Wir treffen uns eigentlich nicht im Skivvie’s“, gestand sie im Flüsterton. „Das sollte nur ein Ablenkungsmanöver sein.“
Er grinste sie breit an. „Hat aber nicht funktioniert.“ Dann ging er einen Schritt nach hinten, damit sie zu einem Rendezvous fahren konnte, um das eine klügere Frau einen großen Bogen gemacht hätte.
Tyler wartete in der Nähe des Friedhofseingangs und stand mit verschränkten Armen gegen seinen Truck gelehnt da. Eigentlich wollte er sich von der lässigen Seite zeigen. Doch als Lily vorfuhr und er in den Lichtkegel der Scheinwerfer getaucht wurde, begann sein Herz zu rasen. Sein Mund war abrupt wie ausgedörrt, und er verlor fast auch noch den letzten Rest von Gelassenheit, der ihm bis dahin geblieben war.
Als er sich vom Truck abstieß, wurde ihm bewusst, dass er mit ihrem Erscheinen eigentlich gar nicht gerechnet hatte. Irgendwann würde sie Vernunft annehmen und begreifen, dass er ein Creed war. Und dann würden alle Erinnerungen an jenen Sommer wieder an die Oberfläche kommen, als er ihr das Herz gebrochen hatte.
„Das ist irgendwie ein bisschen pervers“, meinte er und deutete mit einer Kopfbewegung auf den Friedhof, als Lily ausgestiegen war und auf ihn zukam.
Prompt blieb sie stehen, und da ihr Gesicht in Schatten getaucht war, konnte er nicht ihre Reaktion auf seine dämliche Bemerkung erkennen, die er sich besser verkniffen hätte. Es war nicht auszuschließen, dass sie auf der Stelle kehrtmachte und mit durchdrehenden Reifen davonfuhr.
Ganz toll, Creed
, raunte er sich im Geiste an.
Wirklich ganz toll.
Lily rührte sich nicht. Sie floh zwar nicht, aber sie kam auch nicht näher. „Ich finde das nicht pervers“, gab sie verhalten zurück. „Mir hat es hier immer gefallen.“
Tyler näherte sich ihr und schaute sie an. Aus der Nähe konnte er sehen, dass sie sich für ihn schön gemacht hatte, auch wenn das aus seiner Sicht völlig unnötig war. Sie war von Natur aus eine Schönheit und hätte in einem Kartoffelsack genauso verführerisch
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