Heiss wie der Sommer
gewöhnt. Eine typische Creed-Eigenschaft, ob er nun mit ihm verwandt war oder nicht. „Glauben Sie mir, das vergesse ich nie! Dreizehn zu sein ist voll die Scheiße, und nach allem, was ich in der Schule gesehen habe, gibt es nur eine Sache, die schlimmer ist: nämlich
vierzehn
zu sein.“
Obwohl er mehr als genug Sorgen hatte, musste Tyler lachen. Er erinnerte sich noch deutlich an die Zeit, als er so alt war wie Davie, und es war wirklich ein schlimmes Alter gewesen.
Eine Zeit lang ritten sie schweigend weiter, jeder von ihnen war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Tyler grübelte darüber nach, was Logan ihm wohl zu sagen hatte, daneben bereitete es ihm Mühe, nicht unentwegt an sein Treffen mit Lily später an diesem Tag zu denken.
Sie hatten die ersten flacheren Hügel erreicht, als sie, einer stummen Übereinkunft folgend, anhielten, damit sich die Pferde eine Weile ausruhen konnten.
Davie stellte sich in die Steigbügel, um die Beine zu strecken, und wären da nicht die vielen Piercings und die tätowierte Spinne gewesen, hätte er glatt für einen richtigen Cowboy durchgehen können.
„Du fühlst dich im Sattel richtig wohl“, stellte Tyler fest, während er seinen Blick über die Landschaft wandern ließ. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du schon von klein auf geritten bist.“ Er konnte das Hauptgebäude der Ranch erkennen, den neuen Zaun, den Grundriss des Hauses, das Dylan sich hinsetzen ließ. Auf der Weide grasten die Rinder, der Sonnenschein ließ das sich im Wind wiegende Gras aufleuchten, und einen Moment lang kam es ihm so vor, als wäre er hundert Jahre in der Zeit zurückgereist.
In die Zeit vor Jake.
In die Zeit vor seiner Mutter.
Und in die Zeit vor jenem Sommer mit Doreen.
„Schätze, ich bin ein Naturtalent“, prahlte Davie. „Ich habe auch schon überlegt, ob das Rodeo nicht was für mich wäre. Dylan sagt, ich könnte mich für die Juniorenklasse qualifizieren. Ich muss mir nur aussuchen, welche Veranstaltung es sein soll. Wussten Sie, dass er einen Bullen hat?“
Tyler saß lässig in seinem Sattel und war froh darüber, wieder hier zu sein. Über seine Jagd quer durch die Staaten nach den Frauen und dem großen Geld hatte er fast vergessen, wer er eigentlich war.
Jetzt fühlte er sich wieder wohl in seiner Haut. Hier gehörte er her. Seine Haare waren etwas zu lang, er fuhr einen klapprigen Truck und hatte einen alten Hund. All das fühlte sich genau richtig an.
Und dann war da noch Lily.
„Vergiss den Bullen“, warnte Tyler den Jungen für den Fall, dass er an dem alten Teufel seine Rodeokünste trainieren wollte. „Cimarron ist ein ganz übler Bursche. Der ist berüchtigt dafür, dass er Cowboys die Rippen zu Brei trampelt. Nicht mal Dylan konnte ihn reiten.“
„Aber für ein Rodeo könnte ich mich einschreiben? Das könnte ich versuchen?“
Tyler war gerührt, welchen Eifer der Junge an den Tag legte, und zugleich beunruhigte es ihn. Er wusste aus eigener, bitterer Erfahrung, wie rau ein solches Leben sein konnte. Wer nicht zu den besten Reitern gehörte, hatte größte Mühe, irgendwie seinen Lebensunterhalt zusammenzukratzen. Es war ein Spiel für Siegertypen, aber für die meisten Cowboys gehörte das Verlieren zum Alltag.
„Aber nicht mit deinem Tattoo und dem ganzen Metall im Gesicht“, gab Tyler zurück.
„Gibt es Vorschriften, die Tattoos verbieten?“ Mit einem Mal hörte sich Davie nicht mehr ganz so enthusiastisch an, was als gutes Zeichen zu werten war.
„Nein, das nicht. Auch nichts, was Piercings untersagt. Aber in wohl jeder Arena würden die anderen Cowboys dich hochkantig rauswerfen, wenn du mit diesem Zeugs auftauchst.“
„Das Tattoo ist nur vorübergehend“, ließ der Junge ihn wissen. „Wenn ich mir den Hals nicht zu oft wasche, hält das etwa ’n halbes Jahr.“
Wieder musste Tyler lachen.
„Und meine Piercings könnte ich auch rausnehmen.“
„Ja, vermutlich“, stimmte Tyler ihm zurückhaltend zu. Er kannte sich mit Kindern nicht besonders gut aus, wenn er von den Dingen absah, die er aus seiner eigenen Kindheit in Erinnerung hatte. Aber er vermutete, wenn er zu viel Begeisterung für die Pläne des Jungen zeigte, würde der sich für nichts anderes mehr interessieren als fürs Rodeo.
Vor allem, wenn er ein echter Creed war.
„Wenn ich das mache – wenn ich Cowboy werde, meine ich –, kaufen Sie dann eine Satellitenschüssel, damit ich mit dem Fernseher was Vernünftiges empfangen
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