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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wand und klappte das Taschenmesser auf. Blank und gefährlich, mit der Spitze nach oben, blinkte die Klinge aus seiner Faust.
    Dolgoruki und Njelep blieben stehen. Ihre Augen verengten sich.
    »Du Hundesohn!« sagte Dolgoruki leise. »Du warziger Frosch! Stechen willst du uns also? Na warte, wir werden es nicht vergessen!«
    Er winkte mit seinen riesigen Händen, und Njelep und Schwaßtun nickten. Dann quiekten sie wie auf ein Kommando los, schrien, als seien sie Schweine vor dem Abstechen, wichen vor Igor zu ihren Betten zurück und hoben wie in Todesnot beide Arme über den Kopf.
    Nach wenigen Minuten stürzte Schmeljoff ins Zimmer. Er erfaßte die Situation so, wie sie sich ihm bot, gab Igor eine schallende Ohrfeige, packte ihn am Kragen und schleifte ihn hinaus in den Flur.
    »Sag ich's nicht?« schrie er dabei. »Er zerstört unsere ganze Ordnung! Ein Teufel ist er, ein Teufel!« Dann trat er Igor in den Hintern und trieb ihn vor sich her zum Büro des Genossen Heimleiter.
    Komorow schickte Schmeljoff hinaus und sprach allein mit Igor Antonowitsch. Dann ging er mit ihm zum Zimmer 67, schloß hinter sich die Tür und schnallte gemächlich seinen Bauchriemen von der Hose. Zehn Minuten drosch Komorow auf Dolgoruki, Njelep und Schwaßtun ein. Njelep gab als erster auf … er fiel aufs Bett und begann zu betteln. Dann folgte Dolgoruki … mit seinen Riesenhänden bedeckte er sein Gesicht und schrie dahinter hervor: »Igor ist unser Freund! Ich schwöre es, daß wir gute Kameraden sind …«
    Mit Schwaßtun, dem Großmaul, war das anders … stumm, verbissen, mit verdunkelten Augen und halbgeschlossenen Lidern ließ er den Lederriemen auf sich herunterklatschen. Am Bettpfosten hielt er sich fest und rührte sich nicht, bis der dicke Komorow außer Atem kam, sich ächzend auf Igors Bett setzte. Da erst regte sich Schwaßtun und sagte mit einem Knirschen: »Genosse Komorow, es waren neununddreißig Schläge. Ich werde neununddreißig Jahre brauchen, um sie zu vergessen.«
    »Irrtum!« brüllte Komorow. »Vierzig Jahre!«
    Er sprang noch einmal auf, gab dem Großmaul eine gewaltige Ohrfeige und schleuderte ihn damit seitlich auf die Matratze. Dort blieb Schwaßtun liegen.
    Von da an ließ man Igor in Ruhe. Ungestört konnte er am Abend einen Brief an Kapitän Pjetkin schreiben. Es wurde ein langer Brief voll großer, ungelenker Buchstaben.
    Komorow nahm das Schreiben persönlich an. Es erreichte Anton Wassiljewitsch Pjetkin nie … es wanderte am gleichen Abend in den großen Papierkorb.
    »Die Vergangenheit ist nicht wichtig«, sagte Komorow später bei einem Vortrag vor allen Zöglingen in der alten Klosterkirche, die jetzt als Stolowaja diente, »wir sind die Pioniere der Zukunft. Wir werden einmal die neue, schönere, gerechtere Welt schaffen. Die Welt ohne Klassen, die Welt der Brüderlichkeit, die Welt des ewigen Friedens. Bis dahin ist ein langer Weg, aber ihr seid noch jung. Rußland braucht euch … das ist etwas, was ihr nie vergessen dürft! Ihr werdet einmal der Kopf, das Gehirn sein, das allen Gliedern befiehlt. An euch allein liegt es, ob Rußland stolz auf euch sein kann.«
    Es waren große Worte, aber ihnen folgten auch die harten Tatsachen. Fünf Jahre blieb Igor Antonowitsch im Heim der Kriegswaisen. Er wurde so vollkommen ein Russe, als sei er in einer Ackerfurche bei Nagutskoje geboren worden.
    *
    Am 1. Mai 1950 holte Anton Wassiljewitsch Pjetkin – mittlerweile war er Oberstleutnant geworden – seinen ›Sohn‹ Igor aus der strengen Schule Komorows heraus.
    Er erschien in der Anstalt, als die Schüler gerade vom großen Vorbeimarsch am Kreml zurückkamen, eine kleine, straff marschierende Truppe mit einer eigenen kleinen Musikkapelle. Zehn große rote Fahnen flatterten über den bloßen Köpfen, und ein Transparent, getragen von sechs Jungen, knatterte ihnen voraus. ›Wir danken unserem Vater Stalin‹, stand darauf.
    Pjetkin lehnte am Fenster des Heimleiter-Büros und suchte in der Kolonne seinen Igor. Er fand ihn nicht und wischte sich über die Augen. So ruhig er nach außen wirkte, im Zittern seiner Hände verbarg sich seine innere Erregung.
    »Wo ist er?« fragte er, als Komorow schwieg und ihn suchen ließ. »Hat er sich so verändert?«
    »Igor Antonowitsch trägt die erste Fahne vorne rechts …«
    »Dieser große Kerl da …?«
    Pjetkin betrachtete den hochaufgeschossenen Jungen, der mit beiden Händen den Fahnenschaft umklammerte.
    »Ja«, antwortete Komorow. »Das ist er. Der

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