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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Liebling, erzähle! Kam daher wie eine Stelze, wippte mit den Schenkelchen und drückte die Brüste durch das Kleid. Und dir gutem Jungen fielen die Augen aus dem Kopf.«
    »Es war ganz anders.« Igor befreite sich aus den mütterlichen Händen und beugte sich zu Pjetkin vor über den Tisch. »Blond ist sie. Ihre Haare leuchten wie gesponnene Sonnenstrahlen. Ihr Gehen ist ein Schweben. Ich habe sie verfolgt und spürte selbst nicht, daß ich die Füße bewegte.«
    »O Gott. Er hat Fieber!« rief Irena Iwanowna entsetzt.
    »Im Gewühl verlor ich sie dann. Bis jetzt habe ich sie gesucht. Ich bin von Hörsaal zu Hörsaal gerannt, von Institut zu Institut … wie vom Erdboden verschluckt ist sie. Aber ich werde sie wiedersehen. Ich werde morgen der erste sein, der vor der Universität steht.«
    »Ausdauer hatte er schon immer«, sagte Pjetkin trocken, indem er den flehenden Blick seiner Frau aufnahm. Dann stand er auf, setzte sich vor Igor auf die Tischkante und tippte seinem Sohn an die Stirn. »Söhnchen, es ist deine erste Liebe …?«
    »Die erste wirkliche, Väterchen.«
    »Und du weißt nicht einmal, wie das Mädchen heißt?«
    »Nein.«
    »Woher sie kommt?«
    »Nein.«
    »Ob sie dich überhaupt will?«
    »Nichts weiß ich. Ich spüre, nur, daß sich mein Leben verändert …«
    »Natürlich verändert es sich. Du studierst, du wirst einmal ein Arzt sein, der Tausenden Menschen hilft, du hast eine Aufgabe übernommen, die deine ganze Kraft braucht. Stolz werden wir eines Tages sein auf dich, wenn die Leute sagen: Ja, der Igor Antonowitsch, das ist ein Doktor! Der besiegt die Krankheiten wie ein Specht die Rindenwürmer.«
    »Ich verspreche euch, ein großer Arzt zu werden.«
    Igor sprang auf und umarmte Irena. Er gab ihr einen Kuß, was sie zu neuen Tränen hinriß. Wo gibt es schon eine Mutter, die ihre Liebe teilen will, und dann auch noch mit einem jungen Mädchen, dessen Haare wie gesponnene Sonne sein sollen.
    »Aber ich muß dieses Täubchen wiedersehen. Ich muß sie fragen: ›Genossin, denken Sie, was Sie wollen, aber sagen Sie mir ehrlich: Bin ich ein häßlicher Mensch? Trage ich eine Knollennase unter den Augen, habe ich ein Fischmaul, einen Körper wie ein Wildschwein und stinke wie ein Bock? Wenn das alles so nicht ist, könnten Sie sich denken, daß wir uns öfter treffen und an den Ufern des Bakul spazierengehen?‹ Was glaubt ihr, wird sie antworten?«
    »Sie sind ein Idiot, Genosse. Und recht hat sie damit.« Pjetkin marschierte um den gedeckten Tisch herum, die Sonne beleuchtete seine breiten Ordensbänder und die silberverzierten Schulterstücke. »Es hat in dich eingeschlagen wie ein Blitz, nicht wahr?«
    »Ja, Väterchen. Er hat mich mittendurch geteilt.«
    »Er sollte sich ins Bett legen und ausruhen!« rief Irena dazwischen. »Er ist krank! Ich könnte sie umbringen, diese blonde Hexe!«
    »Igoruschka ist normal, wie nur ein Mann normal sein kann.«
    Es wurde ein stilles Mittagessen. Pjetkin beobachtete seinen erwachsenen Sohn.
    Er wußte nur eins: Wenn es Vaterliebe gab, so war seine Liebe zu Igor ein Höhepunkt seiner Seele, und Irena Iwanowna würde sich für ihren Sohn sogar zerreißen lassen.
    »Was machst du am Nachmittag?« fragte Pjetkin, als sie den Nachtisch gegessen hatten.
    »Ich suche sie.« Igor sprang auf. Er federte in den Knien und lachte jungenhaft.
    Wie schön er ist, dachte Pjetkin. Groß und schlank. Und nicht nur Muskeln hat er, auch ein kluges Hirn. Ich bin stolz auf ihn, verdammt noch mal!
    »Gehen wir!« Pjetkin erhob sich gleichfalls. »Suchen wir zusammen.«
    *
    Sie suchten acht Tage lang.
    Jeden Morgen standen sie am Haupteingang der Universität und ließen die Studentinnen an sich vorbeilaufen, kämmten dann die Hörsäle durch und sahen in die Seminare hinein.
    »Es ist idiotisch«, schimpfte Pjetkin nach diesen Marathonläufen, wenn sie müde in der Mensa hockten und einen Tee mit Zitrone tranken, »jemanden zu suchen, dessen Namen man nicht weiß und noch nicht einmal ahnt, was sie studiert! Wenn man die Fakultät kennen würde, man könnte dann systematisch vorgehen …«
    Auch die Berühmtheit des Kriegshelden Pjetkin half nicht weiter. Zwar sprach Anton Wassiljewitsch mit dem Rektor und einigen Professoren, aber überall hörte er dasselbe: »Ohne Namen, ohne Fakultät … wie soll das möglich sein?«
    »Wir machen uns lächerlich«, sagte Pjetkin am achten Tag. Sie saßen im Puschkin-Park unter dem Denkmal des Dichters, aßen von einer Pappplatte

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