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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Oberst Baranurian.
    »Was wissen Sie von Liebe?« Ihre Stimme war giftig. Sie rauchte mit zitternden Fingern eine Zigarette nach der anderen, trank den Wodka, den ihr Baranurian einschüttete, wie Wasser und starrte unentwegt auf das Telefon.
    »Liebe?« Oberst Baranurian sah gegen die Zimmerdecke. »Ich bin seit sechzehn Jahren Witwer. Ich habe vier erwachsene Kinder. Auch ich war einmal jung, bestimmt, und ich lief den Röcken nach wie eine Katze dem Baldrian. Aber ich hätte mich nie ganz aufgegeben wegen einer Frau. Es gibt genug von ihnen, habe ich mir immer gesagt, wenn irgendeine Affäre zu Ende ging. Marianka Jefimowna, Sie sollten auch so denken. Pjetkin ist ersetzbar.«
    »So kann nur ein Mann über einen anderen Mann reden.« Sie kippte wieder ein Glas Wodka hinunter, und Baranurian fragte sich, wann sie vom Stuhl fiel und man sie völlig besoffen wegtragen mußte. »Igor Antonowitsch ist meine Endstation, Oberst. Oder meine Geburt.« Sie sprang auf und griff wieder zum Telefon. Baranurian fiel ihr in den Arm und hielt ihre Hand fest.
    »Wen denn noch?« fragte er und schüttelte den Kopf.
    »Alle! Alle in Moskau! Immer wieder. Bis sie mürbe werden.«
    »Es hat doch keinen Zweck, Marianka Jefimowna. Pjetkin wird nach Deutschland abgeschoben, so wie er es gewollt hat. Er bekommt eine Bescheinigung, daß er Deutscher ist, und wenn er drüben ankommt, wird man sich mit Freuden auf ihn stürzen und ihn zu einem wirklichen Deutschen hoch jubeln. Dann wird auch Pjetkin vergessen, daß er eigentlich ein Russe sein will. Sie aber wird man in die Wildnis verbannen. Es gibt noch einsamere Lager als dieses hier. Workuta ist dagegen eine Großstadt.« Baranurian zog Mariankas Hand vom Telefon. »Pjetkin heißt übrigens Hans Kramer.«
    »Das weiß ich. Aus seiner Akte. Aber Igor Antonowitsch wird nie ein Deutscher werden.«
    »Sind Sie da so sicher? Ich nicht, Marianka. Was kennt der Junge denn bisher von der Welt? Waisenhaus, Schulen, Universität, Südsibirien, und auch da nur das Lager Sergejewka, Chelinograd, jetzt Workuta. Ein wirklich trostloser Lebenslauf. Jetzt kommt er in eine andere Welt – wie wird er sich wohl benehmen? Ein billiger Vergleich: Hier steht ein Glas besten sibirischen Quellwassers – dort ein Glas mit süßem Krimwein. Beides probieren Sie – was werden Sie weitertrinken?«
    »Sibirisches Quellwasser.«
    »So sehen Sie aus, Marianka! Sie werden den süßen Wein schlürfen. Und wie süßer Wein wird das Leben im dekadenten Westen über Pjetkin strömen, er wird es in sich hineintrinken und die nächsten Jahre total besoffen sein. Ein ganz natürlicher Vorgang. Später wird er dann aus seinem Rausch erwachen, ganz sicherlich, der große Jammer wird über ihn kommen, aber er wird nicht mehr die Kraft haben, zum sibirischen Wasser zu greifen … die Süße hat ihn zerfressen. Hoffen Sie also nicht, daß Pjetkin, der große, heilige Pjetkin, immer der Held, immer der Engel bleibt. Schließen Sie ab mit diesem Kapitel Leben –«
    »Ich schließe ganz ab«, sagte die Dussowa dunkel. »Wofür lebe ich denn?«
    »Sie sind Ärztin.«
    »O Himmel – eine schlechte!«
    »Das reden Sie sich ein. Sie hassen sich selbst, und deshalb morden Sie Ihre Fähigkeiten. Ich weiß, was Sie an Pjetkins Seite am OP-Tisch geleistet haben.«
    »An Pjetkins Seite. Ja! Immer Pjetkin! Immer nur er! Sehen Sie jetzt ein, daß er mein Leben ist?«
    »Mobilisieren Sie Ihr Können.«
    »In Straflagern? Was war denn meine Aufgabe bisher? Arbeitsfähige zur Verfügung stellen. Die Krankheitsnorm einhalten. Sterbende übersehen. Zum Satan der Verbannten werden. Dafür habe ich zwölf Semester Medizin studiert!«
    »Und warum haben Sie auch nicht mehr getan, Marianka Jefimowna?«
    »Vergessen Sie, daß ich ein Deportiertenkind bin? Ich bin aus der Welt der Holzbaracken nie herausgekommen. Selbst während des Studiums wohnte ich außerhalb von Chabarowsk in einer Baracke, die der NKWD kontrollierte. Ich saß immer im Keller des Lebens und habe von der Schönheit nur die Knöchel gesehen.«
    »Sie sollten es jetzt, von hier aus, versuchen. Marianka, ich habe auch Freunde in Moskau, in hohen Militärstellen. Soll ich mit ihnen sprechen? Über Sie sprechen … über Ihre Verwendung in einer richtigen internistischen oder chirurgischen Klinik? Ich weiß, Sie können beides. Man wird Ihnen Gelegenheit geben, sich zu spezialisieren.«
    Marianka schüttelte den Kopf. Zusammengesunken saß sie am Tisch, umklammerte das Wodkaglas, der

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