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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weiß, welche Hoffnungen du in Deutschland setzt … aber sind es nicht Utopien, Igorenka? Wem ist es gelungen, eine Frau aus Rußland herauszuholen, wenn es die Behörden nicht wollen? Mein Liebster, Rußland ist deine Heimat, wir sind jung, und irgendwo in unserem herrlichen Land werden wir uns wiedersehen. In Deutschland – nie –«
    Pjetkin begann, das zu begreifen. Er war Starobin fast dankbar, daß er ihn vergessen hatte.
    »Ich bleibe bei Dir«, schrieb er an Dunja. »O mein Gott, warum kann Liebe so weh tun …«
    Als alles wieder in seinen Bahnen lief, traf aus Moskau ein Befehl ein.
    Ein knappes Schreiben, dessen Klarheit alles Nachdenken wegwischte: »Der Arzt Dr. Igor Antonowitsch Pjetkin, zur Zeit BA-Lager I Workuta, hat sich sofort im Innenministerium, Abteilung VI, Zimmer 162, zu melden. Er darf ohne Begleitperson reisen. Dieses Schreiben gilt gleichzeitig als Ausweis und zum Bezug einer Fahrkarte.«
    Unterschrift unleserlich. Stempel. Ein Dokument, das Pjetkins Leben änderte.
    »Sie haben es also doch geschafft, Igor Antonowitsch«, sagte Oberst Baranurian, der ihm das Schreiben mit einem schiefen Lächeln übergab. »Reisen ohne Begleitperson … das ist ganz vornehm ausgedrückt. Sie sind ab heute ein freier Mensch. Vor allem aber: Jetzt kommen sie nach Deutschland.«
    »Ja. Das komme ich –«
    *
    Sofort, lautete der Befehl aus Moskau. Was heißt sofort?
    Ist sofort am gleichen Tag? Morgen? In einer Woche? Igor Antonowitsch begann zunächst, seine wenigen Sachen zu packen, ordnete seine Hinterlassenschaft, und das war ein Krankenhaus, modern, fortschrittlich, sauber, ein Musterbeispiel von Organisation und festem Willen und bat Oberst Baranurian, im Innenministerium anzurufen, daß der Arzt Dr. Pjetkin nach Erledigung aller Abwicklungen in Workuta sofort nach Moskau kommen würde.
    »Das ist verdammt klug ausgedrückt«, sagte Baranurian anerkennend. »So kann man sofort in die Länge ziehen wie Sirup.«
    Marko wurde zu einem Athleten. Er legte ein ungeheures Laufpensum zwischen Männerlager und Frauenlager zurück, trug Dunjas schmerzvolle Briefe herüber und brachte Igors beschwichtigende Schreiben zurück, verzweifelte und hoffnungsvolle Zeilen, vollgeschriebene Blätter mit dem Schwur, sich nie zu vergessen, und doch Abschiedsworte, so innig sie auch klangen.
    Es waren immer die gleichen Beteuerungen: »Ich hole dich nach Deutschland, Dunjascha. Glaube daran! Es wird Möglichkeiten geben – laß mich erst in Deutschland sein. Gebrauchen wir jetzt das, was uns Russen keiner nachahmen kann: Warten können. Mein Engel, üben wir diese Tugend in Liebe und Verzweiflung aus, laß uns alles durchstehen, laß uns lernen, was am schwersten ist: Geduld, Geduld, Geduld. Vergiß nie: Die Zeit arbeitet für uns. Auch wenn man den ganzen technischen und politischen Apparat gegen uns einsetzt … gegen die Liebe sind sie alle machtlos. Wer weiß, wie Rußlands Politik dem Westen gegenüber sich verändert … dann wird es für Moskau eine große propagandistische Geste sein, Dich zu mir ausreisen zu lassen. Alles ist im Fluß, alles verändert sich … Mein Liebling, ich weiß es ganz sicher: Die Zukunft gehört uns!«
    Es waren schöne Worte, aber sie waren wie Blumen, die sofort verwelkten. Dunja buchstabierte sie unter Schluchzen, und Marko analysierte sie mit einer Schärfe, die Pjetkin aus seiner schützenden, aber dünnen Selbstsicherheit trieb.
    »Konkret –«, sagte Marko. »Was soll werden?«
    »Erst muß ich in Deutschland sein. Wie kann ich vorher alles wissen?«
    »Und wo soll ich bleiben? In Workuta? Wie soll ich die Verbindung zu Dunja beibehalten? Glaubst du, ein einziger Brief von dir würde jemals bei ihr ankommen? Auch ich muß weg aus Rußland.«
    »Marko, das ist Wahnsinn! Wir verlieren Dunja aus den Augen …«
    »Wenn ich bleibe, sicherlich. Aber wenn ich weg bin –«
    »Wie willst du nach Deutschland kommen?«
    »Wer redet von Deutschland, Söhnchen, mein Dummkopf? Ich werde mich in Finnland niederlassen.«
    Pjetkin gab es auf, Marko zu fragen. Die Pläne Godunows waren stets so rätselvoll, daß einem nur eines blieb – sie zu bewundern. Wenn Marko an Finnland dachte, hatte er auch eine Idee, die nur in seinem Hirn möglich war. Es war sinnlos, darüber zu diskutieren – man würde es doch nie verstehen. An Dunja schrieb Pjetkin deshalb:
    »Marko wird die Verbindung zwischen uns aufrechterhalten. Was wären wir beide ohne ihn? Er steckt voller Pläne, die keiner von uns

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