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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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jemand herauszuschmuggeln. Die Wirklichkeit ist verdammt nüchtern. Ab und zu, ja, hört man von einer Flucht. Über die Ostsee, über die iranische Grenze … Abenteuer eines Jahrzehnts! Aber um eine solche spektakuläre Flucht zu inszenieren, brauchen Sie nicht nach Westdeutschland zu kommen.«
    »Ich habe gedacht, man würde mir helfen.«
    »Wie denn?«
    »Indem man mein Schicksal publiziert, indem man die Menschheit aufruft, gegen diese Unfreiheit zu protestieren, indem sich vielleicht der Deutsche Botschafter … ich weiß es nicht, ich bin doch jetzt Deutscher, es muß doch etwas für mich getan werden … Ich habe ein Recht auf Liebe und Freiheit. Ich bin jetzt hier und bitte um Hilfe.«
    »Sie meinen also, alle Zeitungen im Westen sollten dem Russen sagen, wie ungerecht man Sie und Dunja und Ihre Liebe behandelt hat?«
    »Ja.«
    »Darauf wird der Russe – verzeihen sie – scheißen. Mein Gott, Sie fühlen sich als Russe, Sie sind dort aufgewachsen, sind sowjetischer Arzt, waren in Workuta – auch das wissen wir, sehen Sie mal an! – und reden solch einen Quatsch. Wie würden Sie als Russe auf diese Proteste von außen reagieren?«
    Pjetkin schwieg betroffen. Er hat recht, dachte er. Er hat wirklich recht. Was kümmern Starobin die Zeitungen im Westen? Und wenn Millionen in Hamburg, Paris, Rom und New York mit Transparenten herumziehen und Freiheit für Dunja fordern – was nie geschehen wird, denn wie gleichgültig ist den anderen das Schicksal eines einzelnen Mannes – wird Starobin sein Gläschen Wodka trinken und eine Papyrossa rauchen, mit seinen Kinderchen spielen und denken: Laß sie sich die Lungen wund schreien … hier ist Moskau und hier bestimme ich! Morgen ist doch alles vergessen – man muß nur wie die drei heiligen Affen nicht sprechen, nicht sehen, nicht hören können. Und das ist unsere Meisterschaft.
    Von Bargent wartete ein paar Sekunden, ehe er weitersprach. »Ihr Schweigen ist Antwort genug, Pjetkin. Oder soll ich wieder Dr. Kramer sagen?«
    »Es ist alles sinnlos, ich weiß.« Pjetkin zerdrückte die Zigarette in einem Reklameaschenbecher, auf dem ›Fahr gut mit Simplexreifen‹ stand. »Hören Sie zu, Herr Oberst … ich will Ihnen alles erzählen.«
    Vier Stunden dauerte es, bis Pjetkin mit seinem Bericht so weit war bis zu seinem Zimmer in Pullach. Von Bargent hatte ihn nicht unterbrochen … daß irgendwo ein Tonband mitlief, wußte Pjetkin nicht. Als er erschöpft aufhörte, war auch von Bargent sichtlich angeschlagen.
    Stumm tranken sie zwei Gläser Kognak und rauchten ebenso wortlos eine ganze Zigarette zu Ende. Dann erst sagte von Bargent:
    »Doktor, das ist eine phantastische Geschichte. Natürlich arbeiten Sie für uns und für Ihre sowjetischen Auftraggeber. Wir geben Ihnen Spielmaterial, das Sie weiterleiten.«
    »Was ist Spielmaterial?«
    »Echte Dokumente, die nur an einigen Stellen ganz unauffällig im Wortlaut retuschiert wurden. Damit sind sie wertlos, nur die Gegenseite merkt es nicht.«
    »Unterschätzen Sie Major Plochow nicht.«
    »Auch Plochow nimmt das Material an. Ich werde Ihnen heiße Sachen geben, die leider nur überholt sind, aber den Sowjets völlig unbekannt. Und natürlich, wie Plochow sagte, Zeit, viel Zeit einkalkulieren. In frühestens einem halben Jahr könnten Sie bei Ihrer Mitarbeit bei uns so weit sein, den Sowjets Material zu liefern. Früher fiele sofort auf, denn ehe Sie hier an Geheimmaterial kommen, müssen Sie normalerweise eine unbemerkte Untersuchung Ihrer Person über sich ergehen lassen, gegen die eine anatomische Präparation geradezu laienhaft ist. Das alles weiß man drüben natürlich. Spielen wir also das große Mensch-ärgere-dich-nicht!«
    »Und Sie glauben auch, daß man Dunja dann freiläßt?«
    »Nein.«
    »Sie haben es versprochen.«
    »Mein lieber Pjetkin oder Dr. Kramer – seien wir brutal ehrlich. Ihre Liebe zu Dunja ist aussichtslos. Gut, Sie haben sich selbst aus der Schlinge gezogen, mit Bravour sogar, ich gratuliere … aber den Traum Dunja sollten Sie austräumen. Wenn die Sowjets nicht wollen, gibt es gar keine Möglichkeit. Das wissen Sie besser als ich. Glauben Sie an dieses Ehrenwort Starobins?«
    »Ja.«
    »Mann Gottes … ist Ihnen noch zu helfen?«
    »Ich glaube an die Ehrlichkeit Starobins.«
    »Verrückt!«
    »Warum ist das Ehrenwort eines Deutschen mehr wert als das eines Russen? Erklären Sie mir das.«
    »Wie soll man Emotionen erklären?«
    »Ist ein Deutscher wertvoller als ein Russe?«
    »Das ist

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