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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit allen Deutschen ist –«
    »Ich bin also nur eine Puppe. Erst eine Made, jetzt eben eine Puppe …«
    Haberlandt sah Pjetkin so an, wie der Kellner im Speisewagen Frankfurt/Oder – Berlin. »Sie sind Dr. Kramer und Rückkehrer aus Rußland. Übrigens haben wir noch eine Überraschung für Sie. Unsere Universität hat sofort Ihr medizinisches Staatsexamen von Kischinew anerkannt und auf Ihren deutschen Namen umgeschrieben. Früher Dr. Pjetkin, jetzt Dr. Kramer. Sie können überall ohne Schwierigkeiten arbeiten. In Westdeutschland hätte man Ihnen nämlich Knüppel zwischen die Beine geworfen. Die erkennen nicht einmal ein Studium in den USA an, geschweige in Rußland. Das ist nun vorbei. Sie haben ein deutsches Arztdiplom.« Haberlandt legte den Arm um Pjetkins Schulter. »Was wollen Sie mehr? Aber erkennen Sie daran schon die Hochnäsigkeit der westdeutschen bestimmenden Schicht. Nur, was auf westdeutschen Universitäten an Geist erworben wird, gilt bei ihnen. Dabei weiß die Welt, daß gerade die sowjetische Medizin allen überlegen ist. Die großen Pioniertaten kommen aus der Sowjetunion. Wer hat zuerst ganze lebende Köpfe verpflanzt? Demichow! Wer steht in der Krebsforschung an der Spitze? Sowjet-Rußland. Und trotzdem werden Sie es noch erleben … die westdeutschen Ärzte werden Sie über die Schulter ansehen, weil Sie nicht, wie sie alle, Speichellecker der westdeutschen Ordinarien waren.«
    Starobin oder wer immer seine Hand im Spiel hatte, war ein Meister. Die Rakete Pjetkin war besichtigt worden, in allen DDR-Zeitungen erschienen Berichte und Bilder von Pjetkin, das Fernsehen strahlte eine halbstündige Sendung aus, die den Lebenslauf des kleinen Jungen Hans Kramer rekonstruierte: Der Friedhof von Königsberg, Kapitän Pjetkin, der das weinende Kind mitnimmt, die Erziehung in Moskau, die Adoption durch Pjetkin, das Arztstudium … bis dahin stimmte alles. Dann aber begann etwas, was Pjetkin nicht verstand. Der Lebenslauf ging weiter: Arzt in Kischinew, Arzt in Chabarowsk, Arzt in Irkutsk, dort Nachricht, daß seine Eltern noch lebten, Antrag auf Ausreise, sofortige Billigung, Rückkehr nach Deutschland … Großaufnahme: Ein glücklicher Hans Kramer, der sagt: »Ich bewundere das neue Deutschland …«
    »Aber das ist doch alles eine Lüge«, sagte Pjetkin und sprang auf, als die Sendung zu Ende war.
    Haberlandt blieb sitzen – sie waren allein in Pjetkins Hotelzimmer, in das man einen Fernsehapparat gestellt hatte.
    »Meine erste Arztstelle war im Lager Sergejewka, meine zweite als Halbinternierter in Chelinograd, meine dritte als Sträfling in Workuta … Und warum nicht ein Wort über Dunja? Dunja … das ist die Hauptsache. Nicht Deutschland, das schöne Deutschland, das ich bewundern soll. Dunja!«
    »Man muß Sie als Ideal servieren, Doktor.« Haberlandt lachte zufrieden. »Eine gute Sendung, die drüben im Westen mitgeschnitten wurde. So will man Sie sehen. Das ist der Mann, den sie auch drüben brauchen. Was heißt Wahrheit? Wahr ist immer, was geglaubt wird … davon leben die Politiker. Und Ihre Wahrheit haben wir blendend verkauft, Sie haben es gesehen. Wenn Sie drüben ankommen, werden Millionen in Tränen ausbrechen, die revanchistische Presse wird Sie feiern – genau das wollen wir ja – nur die Ämter werden fluchen, denn sie müssen sich mit Ihnen beschäftigen.«
    »Ich werde die richtige Wahrheit sagen.«
    »Vergessen Sie Dunja nicht.« Haberlandt wurde plötzlich sehr ernst. »Unser Kollege, Major Plochow vom KGB, hat jeden Ihrer Schritte im Visier. Sie sind Arzt, ja … aber wir werden aus Ihnen auch noch einen Seiltänzer machen, der auf dem politischen Draht hin und her tanzt. Noch haben Sie Dunja nicht hier … Sie müssen noch allerhand dafür tun –«
    Pjetkin blickte Haberlandt wortlos an, lange, mit offenen natürlichen Augen, bis es Haberlandt unter der Hirnschale heiß wurde. Dann ging er aus dem Zimmer und ließ Haberlandt allein, fuhr hinunter in die Hotelbar und setzte sich auf einen der hohen Hocker.
    »Kognak«, sagte er. »Irgendeinen. Ich habe einen fauligen Geschmack im Mund …«

S ECHSUNDVIERZIGSTES K APITEL
    Bei Helmstedt betrat Pjetkin nach drei Tagen westdeutschen Boden.
    Er reiste wie ein normaler Bürger im Interzonenzug Berlin – Köln, nachdem er in Potsdam zugestiegen war. Haberlandt hatte ihn nicht zum Zug gebracht, sondern der geheimnisvolle und gefürchtete Major Plochow. Er holte Pjetkin vom Hotel ab und fuhr ihn in einem geschlossenen

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