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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Johannsen schwer nein sagen können. Schließlich hatte die Neugier gesiegt. Solange die Passagiere nicht gefährdet wurden, spielte er gerne Mutterschiff für einen Engländer in einer Harrier.
    Johannsen lehnte sich zurück und blickte auf die Uhr. Der Zeitpunkt der Trennung rückte näher.
    »Ich möchte nicht in der Haut des Jetpiloten stecken«, meinte sein Co, als er ihre Position kontrollierte und aus dem Seitenfenster die weißen Berggipfel der Ausläufer des Hindukusch betrachtete, die sich im Dunst über den gesamten Horizont erstreckten. »Ein bodennaher Flug durch die Täler hier – und du bist entweder tot oder reif für die Klapsmühle. Noch dazu, wenn dir jemand im Nacken sitzt und dich aus der Luft holen will.«
    Johannsen lächelte. »Kommt drauf an, wie viele Tricks du im Ärmel hast und wie gut du fliegen kannst. Die werden bestimmt keinen Anfänger reinschicken. Aber eines ist richtig. Viel Zeit und Platz hast du da unten nicht, wenn es hart auf hart geht.«
     
     
    John Finch kam sich vor wie auf dem Präsentierteller.
    Er erwartete, jederzeit zwei Militärjets neben sich auftauchen zu sehen. Doch der Funkverkehr war den ganzen Flug über normal geblieben, Routinemeldungen mit gelangweilter Stimme in genuscheltem Englisch abgespult.
    Zwei oder drei Mal hatte Finch gedacht, jetzt würde die Verkehrsmaschine einfach auf ihn drauffallen, wenn wieder einmal über den Tälern starke Turbulenzen die beiden Flugzeuge durchschüttelten. Aber das neue Computer-Programm hatte perfekt funktioniert, blitzschnell reagiert und die wendige Harrier stets im richtigen Abstand zur Boeing gehalten. Der gleichmäßige, lange Flug, der den Piloten zur Untätigkeit verdammte, zehrte zwar an Finchs Nerven, hatte aber auch etwas Gutes: Er schonte die Treibstoffreserven, und so waren die Zusatztanks der Harrier noch nicht einmal zur Hälfte geleert.
    Finch hörte, wie der Kapitän der Linienmaschine sich von der pakistanischen Flugsicherung verabschiedete und im afghanischen Luftraum anmeldete. Gleichzeitig ertönte ein Piepen in seinem Kopfhörer, und ein blinkendes rotes Quadrat im Overhead-Display zeigte ihm an, dass es Zeit war, seinen Alleinflug zu starten.
    »Genug Vorspiel. Ab auf die Tanzfläche mit uns«, murmelte Finch, beendete das Programm und ließ sich langsam zurückfallen. Die Boeing über ihm schien zu steigen, wurde immer kleiner. Mit einem energischen Zug am Steuerknüppel kippte Finch die Harrier nach rechts, zog sie in eine enge Kurve und richtete die Nase nach unten. Dann gab er Vollgas, und die Welt schien auf ihn zuzustürzen.
     
     
    »Warum sehe ich diesen verdammten Hurensohn nicht auf dem Schirm?«, brüllte der Mann im weißen Hemd, lehnte sich vor und schlug mit der Faust auf den Tisch. Der Raum der militärischen Flugsicherung in Karatschi war überfüllt. Die Luft war stickig, und es roch nach Schweiß. Vor vier Stunden war die Klimaanlage ausgefallen, und seitdem versuchten ein paar provisorisch aufgestellte Ventilatoren die abgestandene Luft umzuwälzen. Dutzende Monitore leuchteten im Halbdunkel, vor denen uniformierte Fluglotsen normalerweise nicht nur die Einsätze der pakistanischen Air Force beobachteten und koordinierten, sondern auch versuchten, ungewöhnliche Flugbewegungen im Luftraum auszumachen. Alle hatten ihre Uniformjacken ausgezogen und die Hemdsärmel hochgekrempelt.
    Dem Mann von der ISI stand der Schweiß auf der Stirn. Selbst als er sich das Gesicht mit einem fleckigen Taschentuch abwischte, ließ er den Radarschirm nicht aus den Augen. »Vorschläge irgendwer?«
    »Vielleicht eine Falschmeldung – oder sie haben einen Stealth-Fighter geschickt«, meldete sich eine Stimme aus dem Hintergrund.
    Der Geheimdienstmann fuhr herum. »Und der landet bitte wo? Im Fußballstadion unter Beifall der Zuschauer? Auf einer der Landstraßen zwischen zwei Serpentinen? Ich bin hier nur von Idioten umgeben! Entweder die Koordinaten, die uns aus Indien übermittelt wurden, sind absichtlich nicht richtig und sollen uns auf eine falsche Fährte locken. Oder …« Er warf einen bösen Blick in die Runde. »… oder wir alle hier haben irgendetwas übersehen. Und dann gnade uns Gott.«
     
     
    Während er auf die Erde zustürzte, flog Finch zahlreiche Rollen, um das Radarprofil der Harrier ständig zu verändern. Er hatte keine Ahnung, wie effektiv der neue Tarnanstrich war, den die Inder aufgetragen hatten. Er würde den Jet nicht unsichtbar machen, aber vielleicht Beobachter

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