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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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verwirren. Jetzt musste er vor allem so schnell wie möglich auf Tiefflughöhe gehen, um den Radarstationen zu entwischen.
    Die Welt, die auf ihn zu kreiselte, sah aus wie ein unregelmäßig unterteiltes Schachbrett. Unzählige kleine Felder in jeder nur erdenklichen Grüntönung, unterbrochen von schmalen Wassergräben, Hecken- oder Baumreihen erstreckten sich unter ihm. Rechts lag die Universitätsstadt Mardan, über der einige schneeweiße Wolken wie Schiffe auf einem grünen Meer segelten.
    Finch nahm das Gas zurück und die Nase des Jets höher. Die ersten Ausläufer der Berge kamen rasch näher. Gespannt wartete er auf die ersten erregten Stimmen aus dem Äther, die ihn auffordern würden, sich zu identifizieren. Doch noch blieb alles ruhig.
    Während er unruhig dem Funkverkehr lauschte, schaltete er die mit einem Ground-Profile-Mapping-System gekoppelte Navigation ein und wartete, bis sie die GPS -Koordinaten des Jets verarbeitet hatte. Im Prinzip war die Darstellung, die er ab sofort ins Overhead-Display eingespielt bekam, nichts anderes als ein modifiziertes 3 D-Kartenmodell mit vorgegebener Flugroute. Wenn die Harrier durch ein Hochtal schoss, dann zeigte ein grüner Pfeil die Möglichkeit an, in eines der Nebentäler abzubiegen und weiter in der richtigen Richtung zu fliegen. Ein roter Pfeil zeigte allerdings eine Sackgasse an. Dann würde Finch seine Deckung verlassen müssen und über die Bergkette hinwegfliegen – in das volle Sichtfeld der umliegenden Radaranlagen.
     
     
    »Könnte ja sein, dass er mit einem Helikopter fliegt«, meldete sich einer der Fluglotsen zu Wort.
    »Klar, oder er geht zu Fuß oder radelt in den Hindukusch«, ätzte der Geheimdienstagent der ISI und schüttelte den Kopf. »Viel zu langsam und bei der Distanz müsste er irgendwo auf halbem Weg tanken. Ihr Schlaumeier! Ich sehe es vor mir: Die nächste Tankstelle, und ein Hubschrauber kommt runter. ›Einmal Super voll, bitte.‹«
    Er tippte sich an die Stirn. »Nein, was immer er vorhat, wenn er überhaupt da draußen ist, dann muss er schnell rein und schnell wieder raus, das ist seine einzige Chance. Wir haben eines gemeinsam – ein Zeitfenster von maximal drei Stunden.«
    Er legte beide Hände flach auf den Schreibtisch vor dem Monitor, senkte den Kopf und schloss die Augen. »Warum hat unser Informant nur die Koordinaten durchgegeben?«, fragte er sich selbst. »Nichts weiter, nur die Zielkoordinaten. Ein Tal nördlich von Chitral, am Rande des Flusses, in der Nähe eines Hauses mit einem blauen Dach – da ist nichts und niemand außer vielleicht ein paar Ziegen und eine Autowerkstatt. Warum sollte da jemand mit dem Fallschirm abspringen?«
    Seine Finger klopften rhythmisch auf die Tischplatte. Laut sagte er: »Wir haben einfach nicht genügend Informationen. Ich brauche eine sichere Leitung ins Hauptquartier. Sofort!«
     
     
    Dreihundert Meter – zweihundervierzig Meter – zweihundert Meter – hundertfünfzig Meter.
    Verbissen hielt Finch die Nase der Harrier unten. Der Boden kam immer näher, und er hatte den Eindruck, in die Landschaft einzutauchen und in wenigen Augenblicken einen Krater in die Felder zu schlagen. Dann zog er leicht am Steuerknüppel und die Sinkrate des Jets fiel drastisch.
    Hundertzwanzig Meter – hundert Meter.
    Angesichts der Bergketten und des schroffen Geländes, das vor ihm lag, würde ihm die automatische Terrainverfolgung nichts nutzen. Gutes, altes Fliegen von Hand war angesagt. Finch legte die Harrier in eine sanfte Linkskurve und donnerte mit 600  km/h über ein paar Feldwege und über Gruppen von Landarbeitern hinweg, die mit ihren Schaufeln und Piken auf der Schulter zu Fuß unterwegs waren.
    Noch war die Landschaft weich und hügelig. Finch ließ den Jet bis auf achtzig Meter über Grund sinken, musste aber bald korrigieren, weil der Boden stetig anstieg. Karge graue Berge tauchten vor ihm auf wie eine imposante, unüberwindliche steinerne Barriere, die aus dem Erdboden zu wachsen schien. Sie würden Schutz vor den Bluthunden bieten, die sicher bereits seine Witterung aufgenommen hatten.
    Jetzt hatte das Rennen tatsächlich begonnen.
    Und es gab keine Option auf einen zweiten Platz.
     
     
    »Sir! Ich habe ihn!«, rief einer der Fluglotsen aus dem Dunkeln und wies aufgeregt auf einen Punkt ohne Kennung auf dem Radarschirm, der sich schnell in Richtung Nordwesten bewegte. »Er fliegt parallel zur afghanischen Grenze! Abstand vielleicht vierzig oder fünfzig Kilometer. Das muss

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