Heiß
dritten Anlauf endlich geschafft hatte, seinen Ford Focus in eine Parklücke zu rangieren, in der ein Bergepanzer locker Platz gehabt hätte.
»Darauf verwette ich meinen Schrebergarten«, antwortete Calis. »Der macht sich zwar nicht die Hände schmutzig, aber er hat die Strippen gezogen, die Täter in kleine Stücke sprengen lassen und so alle Mitwisser beseitigt. Der Mann, der die Bomben anbrachte, hat wahrscheinlich nicht einmal gewusst, wie der Name seines Auftraggebers lautet und wen er da in die Luft jagt. Anonymer Job. Wurden die Opfer schon identifiziert?«
Trapp schüttelte den Kopf. »Wir haben ein paar verwertbare Fingerabdrücke nehmen können, aber sie sind nicht in der Kartei. Alles andere ist nicht mehr …«
»Schon gut, verstanden, bitte, ich frühstücke gerade«, unterbrach Calis sie.
»Die Gerichtsmedizin hat übrigens eindeutig Tätowierungen nachweisen können. Eines der Worte könnte ›Patrizia‹ oder so ähnlich gewesen sein.«
»Patria«, verbesserte Calis sie. »›Legio patria nostra‹, die Legion ist unsere Heimat. Da haben wir die Bestätigung. Es waren die drei Legionäre, von denen mein Informant gesprochen hat. Passt auch mit dem zusammen, was Blondschopf gesagt hat. Tronheim war ein Kollateralschaden, er musste sterben, weil er den Schlüssel hatte. Dann drangen zwei der Täter in das Siemensgebäude ein, während der dritte die Rolle des Nachtwächters übernahm und eiskalt das Kreuzworträtsel weiterlöste. Nach wenigen Minuten war alles vorbei. Der richtige Nachtwächter saß wieder auf seinem Sessel, der Job war erledigt, die drei Exlegionäre wieder auf dem Weg nach Frankfurt.«
»Aber wieso Frankfurt?«, fragte Trapp zwischen zwei Bissen von ihrem Croissant. Sie sah müde aus, und ihre grauen Zellen waren noch nicht auf Betriebstemperatur.
»Vielleicht weil ihr Auftraggeber in Frankfurt sitzt und sie das, was sie bei Siemens rausgeholt haben, übergeben mussten«, dachte Calis laut nach. »Oder auch nur aus purem Zufall. Weil sie auf dem Weg zur Übergabe waren. Und unter Umständen jemand von dem Job erfahren und mehr geboten hat.«
»Könnte aber doch auch sein, dass die drei hier in der Gegend gewohnt haben«, gab Trapp zu bedenken. »In Frankfurt und Umgebung.«
Zeit, die Trumpfkarte auszuspielen, dachte Calis. »Einer der drei hatte einen Spitznamen«, meinte er wie nebenbei. »Er hieß Clown, weil ihm offenbar jemand mit einem scharfen Messer ein dauerhaftes Grinsen ins Gesicht geschnitten hatte. Angeblich ein Streit bei einem Einsatz in Afrika.«
Trapps Kopf ruckte herum, und ihre Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen zusammengezogen, als sie Calis anfunkelte. »Davon hab ich gestern Abend aber nichts gehört.«
»Da hat Frau Oberschlau auch nicht daran geglaubt, dass es sich bei den drei Opfern um Legionäre und um die Täter aus Berlin handelt, wenn ich mich recht erinnere«, funkelte Calis zurück. »Nun hat leider der Kollege aus Berlin die Fakten.«
»Pffh …!« Trapp presste die Lippen zusammen und sagte nichts.
»Aber wir arbeiten ja zusammen«, lenkte Calis lächelnd ein. »Wir könnten gemeinsam die Datenbank im Präsidium durchsehen, aber vorher würde ich gerne an den Tatort, wenn es Ihnen nichts ausmacht.« Er stand auf und ging in die Bäckerei, um zu zahlen. Als er zurück in den Vorgarten kam, lehnte Martina Trapp am Geländer des Eingangs und telefonierte.
»… nein, gar kein Problem. Wir fahren zuerst in die Arolser Straße, dann kommen wir ins Präsidium. Die Auswertungen der Sprengstoffexperten müssten auch schon auf meinem Schreibtisch liegen. Kollege Calis hat noch einen Hinweis aus Berlin mitgebracht, der uns vielleicht weiterhelfen könnte. Bis später!«
Zu Calis gewandt meinte sie: »Der Chef möchte mich sehen. Es scheint ziemlichen Druck von Seiten der Politik zu geben, und er wirkt – nun sagen wir – etwas unruhig. Eine heftige Explosion in der Bankenstadt kommt in den Augen der gewählten Repräsentanten nicht so gut in den Schlagzeilen. Vor allem, wenn niemand eine Antwort auf die dringendsten Fragen hat: wer, warum und wieso ausgerechnet hier?«
»Immer dasselbe«, winkte Calis ab. »Presse, Öffentlichkeit, Politik, und alle wissen es besser. Fahren wir!«
In der Arolser Straße war wieder der Alltag eingekehrt. Nur noch vereinzelte Spuren auf dem Asphalt erinnerten an die Explosionen, die Brände und den Feuerwehreinsatz. Hie und da war das Holzgitter eines Vorgartens noch mit rot-weißem Absperrband
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