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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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karge Berge, Guerillakrieg gegen die Türken. Hass. Gnadenlose Kämpfer in schwarzem Tuch, Blutrausch. Ekel. Gefangen bei den Türken, gefoltert, sein Blut auf dem Boden. Schmerz, elender Schmerz und Scham.
    Trügerische Freiheit, billig verkauft.
    Verramscht auf den Tischen der Diplomaten.
    Das Kaleidoskop verlangsamte sich, kommt zum Stillstand. Wo ist er? Wer ist er? Ist er überhaupt noch? Rundum alles schwarz, kein Licht, keine Hoffnung, kein Laut.
    Sinnlosigkeit des Lebens. Sinnhaftigkeit des Sterbens. Die Brough, schnell und laut und eine Verbündete im Wettlauf mit dem Wind.
    Ein schwarzer Lieferwagen, das offene Fenster, die Hand mit der Eisenstange, vorbeihuschend. Schmerzexplosion. Das Tor zur Dunkelheit.
    Schweben und gleiten. Das Tagebuch, gut versteckt. Zum Glück.
    Chaos der Bilder.
    Die Schlösser in Frankreich. Wunderschöne Tage. Endlos. Glücklich. Tempelritter und Katharer. Schatzsuche. Ruhm und Ehre. Lavendelgeruch. Kobaltblau. Blau ist gut.
    Die Suche im Hindukusch. Tage und Wochen voller Kälte und Mühsal, stets auf der Hut.
    Kalash.
    Blaue Augen, wie die seinen. Leuchtend blau. Freundlich und gut. Der letzte Stein im Mosaik.
    Sieben Säulen. Das Manuskript. Der Diebstahl im Zug. Verzweiflung und Panik rasen erneut durch das schwarze Universum.
    Sein Geheimnis.
Sein
Geheimnis.
    Kälte.
    Wie eine eisige Wand bewegt sich etwas auf ihn zu. Unaufhaltsam. So groß, so unglaublich mächtig. Es erfüllt den Raum, der doch grenzenlos ist. Spinnennetz der Kälte, kein Entkommen möglich.
    Sich fallen lassen, davonspülen ins Meer der Endlosigkeit.
    Ende der Zeit.
     
     
    Es regnete noch immer in Strömen, als der Sarg mit Shaws Leiche wenige Stunden nach seinem Tod aus dem Militärhospital getragen, in eine Ambulanz geladen und in eine nahe gelegene Kapelle gebracht wurde. Die beiden Soldaten, die vor seinem Krankenzimmer sieben Tage lang gewacht hatten, hievten den in die britische Flagge gehüllten Sarg aus dem Auto und trugen ihn rasch in das bescheidene, kleine Kirchlein. Sie setzten ihn vor dem Altar ab, auf dem ein kleines, silbernes Kruzifix stand. Dann versperrten sie die Tür und bezogen erneut Wache.
     
    »Wir bedauern, den Tod von Mr. T.E. Shaw (Lawrence of Arabia) berichten zu müssen, der knapp nach acht Uhr morgens gestern, am Sonntag, den 19 . Mai im Wool Military Hospital in Bovington Camp, Dorset, eintrat. Mr. Shaw, der bis vor kurzem als Soldat in der Royal Air Force diente, war bei einem Motorradunfall vergangenen Montag schwer verletzt worden und hatte das Bewusstsein nicht mehr erlangt.
    Tragisch ist, dass solch eine bemerkenswerte Karriere durch einen einfachen Straßenunfall beendet wurde. Wie es in einer offiziellen Erklärung heißt, wurde Mr. Shaws Gehirn durch den Unfall irreparabel geschädigt. Selbst wenn er den Kampf um sein Leben gewonnen hätte, wäre er für immer schwer behindert gewesen.
    Mr. Shaw war siebenundvierzig Jahre alt.
    Nach einer Post-Mortem-Untersuchung durch H.W.B. Cairns, einen Londoner Spezialisten, war folgende medizinische Erklärung abgegeben worden:
    ›Die Post-Mortem-Untersuchung zeigte so schwere Schäden an Mr. Shaws Gehirn, dass der Patient selbst nach einer Erholung nur mit Schwierigkeiten hätte sprechen können und so gut wie blind gewesen wäre. Angesichts der ungeheuren Energie und Rastlosigkeit Mr. Shaws mag das ein Trost für all jene sein, die bis zuletzt an seine Genesung geglaubt hatten.‹
    Darüber hinaus wurde von offizieller Seite bekannt gegeben, dass das Begräbnis von Mr. T.E. Shaw, früher bekannt als Colonel Lawrence, am kommenden Dienstag, um 14 . 30  Uhr in der Kirche von Moreton, Dorset, stattfinden wird. Es wird lediglich eine einfache Zeremonie sein, von Blumen- und Kranzspenden ist abzusehen. Mit Ausnahme jener, die eine ausdrückliche Einladung vorweisen können, werden lediglich seine Familie und engste Freunde aus seiner Zeit in Afrika am Begräbnis teilnehmen. Es wird keine militärischen Ehren geben.
    Zur Zeit seines tödlichen Unfalls arbeitete Mr. Shaw in seinem kleinen Cottage an einer Reihe von Übersetzungen. Es wurde mitgeteilt, dass er keinerlei neue Manuskripte von irgendwelcher Bedeutung hinterließ. Seine Bücher und persönlichen Unterlagen werden voraussichtlich einem Museum zur Aufbewahrung überantwortet und stehen nicht zum Verkauf.«
    The Guardian , Montag, 20 . Mai 1935
     
    »Ich hatte gehofft, er würde aus der Pension zurückkehren, um eine führende Rolle bei der Abwehr jener

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