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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Zeyshan auf der Flucht war und dessen Vater tot, dann würde die ISI auch vermuten, dass sie irgendetwas mit Salams Flucht zu tun hatten. Und dann? Wussten sie bereits von dem Toyota, suchten sie danach?
    Der Chief Inspector kam sich vor wie im Wartesaal eines einsamen Provinzbahnhofs. Ohne Fahrplan, ohne Ziel. Er würde den nächsten Zug nehmen, wann immer der kam, wohin auch immer der fuhr.
    Doch die wichtigste Frage war – kam überhaupt ein Zug?
    Er schaute auf die Uhr. Es war 15 . 30  Uhr, und die Sonne verschwand hinter den hohen Bergen. Wenn Llewellyn mit seiner Einschätzung und seinem Zeitplan recht hatte, dann würde es nicht mehr lange dauern. Allerdings hatte Salam keine Ahnung, was er machen sollte, falls der Plan des Majors schiefging. Über die Grenze nach Afghanistan? Salam, der Mann aus Lahore, kannte sich in den Bergen selbst nach zwanzig Jahren nicht annähernd so gut aus wie die Einheimischen. Sich stellen? Zurück nach Chitral und dem Wahnsinn ein Ende machen? Das würde einem Scheitern gleichkommen. Und den sicheren Tod bedeuten.
    In diesem Moment trat eine der Wachen zu ihm und verneigte sich höflich. »Chief, Sie sollten besser den Toyota holen und ihn hier im Dorf in eine der weiter unten gelegenen Scheunen stellen. Wir haben gerade einen Anruf erhalten. Patrouillen sind von der Polizeistation in Chitral aus aufgebrochen und schwärmen aus. Irgendetwas Ungewöhnliches muss vorgefallen sein, weil es in der Stadt plötzlich zugeht wie in einem Ameisenhaufen. Besser, der Geländewagen verschwindet aus dem offenen Gelände.«
    Salam nickte und stand auf. Er ärgerte sich darüber, dass er nicht früher daran gedacht hatte. Die Zweige hatten den Toyota während der Nachtstunden gut verborgen, aber ihn am hellen Tag neben Juans Hütte stehen zu lassen, hieß, das Schicksal herauszufordern.
    Er nahm dem älteren, besorgt aussehenden Mann die Kalaschnikow aus der Hand. »Bleibt hier, es genügt, wenn ich alleine gehe«, sagte er und machte sich auf den Weg. Während er bergan stieg und immer wieder misstrauisch hinunter ins Tal blickte, auf den Lärm von Fahrzeugen lauschte, die von der Hauptstraße her in die Berge unterwegs waren, kam er sich vor wie ein Ausgestoßener, ein Fremder, der auf der Flucht war. Mit einem Mal war sein Land nicht mehr seine Heimat, sondern feindliches Territorium, in dem er jeden seiner Schritte gut überlegen musste.
    Wie hatte die alte Frau heute Nacht gesagt? Die Rache der Götter ist furchtbar.
    »Ich werde dafür sorgen, dass sie die Richtigen trifft, und wenn es das Letzte ist, was ich tue«, murmelte Salam bitter und lud das Sturmgewehr durch.
     
     
    John Finch hatte die Harrier in eine langgezogene Kurve gelegt und donnerte auf die Berge zu. Vor ihm am Horizont bauten sich zerklüftete Wände auf, gekrönt von weißen Gipfeln im Hintergrund, während die sanften Hügel und grünen Felder immer weiter zurückblieben.
    Der Jet raste durch ein breites Tal, das von zwei Wasserläufen gegraben worden war, die nun fast ausgetrocknet waren. Grauer Schotter bedeckte einen großen Teil des Talbodens, dazwischen Siedlungen; ein paar Felder und eine kleinere Stadt rasten unter ihm vorbei. Finch unterdrückte den Instinkt, am Steuerknüppel zu ziehen und den Jet hinauf in den blauen Nachmittagshimmel zu pfeilen, dem Irrgarten vor ihm zu entfliehen. Doch genau in diesem Augenblick zeichnete die Navigation den ersten grünen Hinweis auf das Display, Finch legte die Harrier wieder gerade und sah vor sich Bathkela, Thana und Shamozai, aufgereiht wie auf einer Perlenkette. Die drei Orte waren das Zeichen für ihn, sich auf den Abschied vom Haupttal und auf einen Routenwechsel vorzubereiten.
    Da piepste es auch schon in seinem Kopfhörer, die Navigation meldete sich und der grüne Pfeil begann hektisch zu blinken. Das eingespiegelte 3 D-Modell zeigte eine hundertsechzig-Grad-Kurve an, und Finch stellte die Harrier auf die Flügelspitze. Als er durch das Kabinendach vorausblickte, sah er die Hänge des Berges vorbeirasen, der Gipfel erhob sich hoch über ihm.
    »Das ist wie fliegen mit Scheuklappen in einem Labyrinth«, murmelte der Pilot, hielt den Jet in der Linkskurve, kontrollierte den Höhenmesser und stellte erleichtert fest, dass auch das nächste Tal zwar leicht ansteigend, aber noch immer ziemlich breit war. Als die Harrier aus der Kurve herausschoss und die Bergwände hinter ihm verschwanden, schob Finch zufrieden den Gashebel nach vorne und drückte die Nase des

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