Heiß
Jägers noch etwas nach unten. Der grüne Pfeil wies geradeaus, und Finch schien es, als würde er in Baumhöhe über das fast gänzlich verlassene Tal rasen.
Wenig später sah er weiter vorn das graue Band einer Staatsstraße. »N45« spiegelte die Navigation in das Display ein, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Zugleich begann der grüne Pfeil wieder zu blinken, diesmal nach rechts. Finch versuchte sich zu orientieren, sich die Flugroute ins Gedächtnis zu rufen. Unter ihm schlängelte sich ein Fluss durch das Tal, von breiten Schotterterrassen gesäumt. An einem Durchlass vor ihm, eingekeilt zwischen zwei Bergketten, kam die N45 ganz nahe an das Wasser, das selbst von hier oben reißend und eiskalt aussah.
Für einen Moment überlegte Finch, die Geschwindigkeit zu reduzieren. Die Felsen schoben sich näher, und er fühlte sich wie in einem Computerspiel, das im Zeitraffer ablief. Starke Fallwinde kamen von den Bergen herunter, und die Harrier bockte und schüttelte sich.
»Wer bremst, verliert«, murmelte Finch, schwenkte über dem Fluss ein und legte den Jet in eine Steilkurve.
Als er den Durchlass hinter sich hatte und den Jäger wieder in die Horizontale brachte, erstreckte sich vor ihm ein weites Hochplateau mit einem atemberaubenden Bergpanorama von Vier- und Fünftausendern. Die afghanische Grenze zu seiner Linken war keine zwanzig Kilometer entfernt.
Einmal falsch abbiegen, und ich habe ein ernstes Problem, dachte Finch, während er den Radarwarner kontrollierte. Dann musste er lachen. Es mangelte ihm auch nicht an Problemen diesseits der Grenze. Ganz im Gegenteil.
Gegen das, was noch vor ihm lag, war bisher alles ein Kinderspiel gewesen.
Salam schlug einen Haken um den Platz von Shah Juans Hütte. Vorsichtig ließ er sich hinter einen Felsen zu Boden gleiten und beobachtete, die Kalaschnikow im Anschlag, den Waldrand und die Lichtung. Der Toyota stand nach wie vor, wo er ihn geparkt hatte, halb unter tiefhängenden Ästen verborgen.
Alles war ruhig, zu ruhig, dachte der Chief Inspector. Es war die Ruhe vor dem Sturm.
Misstrauisch wartete er einige Minuten, bevor er aufstand und zu dem Hilux hinüberlief. Als der Motor ansprang und in einen beruhigend gleichmäßigen Leerlauf fiel, atmete Salam auf, legte den Gang ein und wendete. Dann rollte er los in Richtung Dorf, über die schlechte, schmale Bergstraße, das Sturmgewehr auf seinem Schoß.
Der Wagen, der unmittelbar nach einer engen Kurve quer auf der Fahrbahn stand und die Weiterfahrt versperrte, war der schwarze BMW X 5 . Seltsamerweise war niemand zu sehen. Salam machte eine Vollbremsung und griff zur Kalaschnikow. Da bohrte sich etwas Kaltes in sein Genick.
»Hände ans Lenkrad und langsam weiterfahren bis zum Wagen, Salam. Ob ich Sie hier und jetzt oder erst später erschieße, ist mir gleich. Also tun Sie besser, was ich Ihnen sage.«
Polizeipräsidium, Adickesallee 70 , Frankfurt am Main/Deutschland
»Und was nun?« Thomas Calis, eine Tasse mit lauwarmem Automatenkaffee in der Hand, lehnte im Bürostuhl hinter dem Schreibtisch von Martina Trapp und sah der Oberkommissarin erwartungsvoll entgegen.
»Sie haben es sich ja bereits bequem gemacht«, gab Trapp mit einem säuerlichen Gesicht zurück. »Wollen Sie nicht gleich hierbleiben? Sie können gut mit arthritischen Rentnern, sind ein verkannter Hundeflüsterer und haben sowieso immer recht. Passt perfekt in das Team hier. Dass Sie schwul sind, daran werden sich die Kollegen auch noch gewöhnen. Ich gehe inzwischen auf Urlaub, ohne Rückfahrschein.«
Der Kommissar warf Trapp einen giftigen Blick zu. »Das träume ich auch immer, wenn Frank wieder mal den Chef raushängen lässt«, winkte Calis ab. »So schlimm?«
Trapp zuckte die Schultern. »Der Bentley allein bringt uns nicht viel weiter. Blondschopf könnte den Wagen auch jemandem geliehen haben. Unser Zeuge hat niemanden erkannt, sondern nur bestätigt, dass es mehrere Mitfahrer gab und das Auto vor den Explosionen in der Arolser Straße war. Reicht nicht, um irgendjemanden im Speziellen zu überführen. Der Chef ist sauer und erwartet schnellere Ergebnisse. Oder zumindest einige handfeste Anhaltspunkte.«
»Haben Sie ihm vom Clown erzählt?« Calis leerte die Tasse, verzog angewidert das Gesicht und schüttelte sich theatralisch. »Das mit dem Kaffee mag ja ein Klischee in allen Fernsehkrimis sein, aber die wissen gar nicht, wie nahe sie an der Realität sind. Was für eine Brühe!«
»Klar habe ich ihm vom Clown
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