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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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rückten. Der breite lehmbraune Fluss war mit der Zeit immer schmaler und klarer geworden, je weiter die Harrier in die Bergregionen des Hindukusch vordrang.
    Ein einziger kleiner Fehler, und ich klebe an der nächsten Felswand, dachte Finch, als er den Jet in eine weite Linkskurve legte und die Geschwindigkeit etwas zurücknahm. Das war kein Gebiet für Tiefflüge mit einem Jäger, eher für beschauliche Trekkingtouren mit Geländewagen und Rucksack. Der grüne Pfeil blinkte weiterhin links, schnell und immer schneller, und Finch suchte verzweifelt nach dem Seitental, in das ihn die Navigation schicken wollte. Schmutzig graue Lehm- und Steinhäuser mit Flachdächern hingen an den Berghängen wie Bienenstöcke, die jeden Moment abzurutschen drohten.
    Wo war das verdammte Tal!?
    Finch nahm noch mehr Gas weg und versuchte, durch das Glas der Pilotenkanzel zwischen den ewig gleich aussehenden Steinhalden etwas zu erkennen. Direkt vor ihm war nichts zu sehen, und der Pilot suchte weiter oben.
    Der grüne Pfeil blinkte im rasend schnellen Stakkato.
    Dann sah er das Hochtal, das sich wie ein Kar hundert Meter links über ihm im Berg öffnete. Instinktiv riss er die Harrier hoch, gab Vollgas und schoss steil in den Himmel. Die Landschaft unter ihm schien wegzukippen, die Berge schrumpften. Eine Sekunde später legte er den Jet auf den Rücken und flog eine Rolle.
    Das Tal lag genau vor ihm.
     
     
    »Da ist er wieder!« Der Mann am Radarschirm zeigte aufgeregt auf den grünlich leuchtenden Punkt, der kurz aufgeglüht war und nun wieder verschwand. »Er ist exakt auf Kurs.«
    »Das möchte ich auch hoffen«, brummte der ISI -Agent und hob den Hörer ab. »Wenn schon die verdammte Luftwaffe tief schläft, dann sind wenigstens wir vor Ort. Wer immer dieses Flugzeug fliegt – er ist wahnsinnig, das steht fest. Und er muss einen Auftrag haben.«
    Er wartete, den Blick auf den Schirm geheftet, bis sich sein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung meldete. »Was ist mit den Boden-Luft-Raketen? Gut. Bringt sie in Stellung und haltet euch bereit, ihr werdet nur eine einzige Chance bekommen, ihn herunterzuholen. Er fliegt wie der Teufel.«
     
     
    »Shabbir Salam. Endlich.«
    Der Mann, der mit verschränkten Armen zufrieden an der Tür des schwarzen BMW -Geländewagens lehnte, schaute dem Chief Inspector zu, wie er mit erhobenen Händen aus dem Toyota kletterte. Er war groß und dunkelhaarig, mit einem sauber getrimmten Oberlippenbart und einer verspiegelten Sonnenbrille, die seine Augen verbarg. Im Gegensatz zu seinen Männern trug er Zivil.
    »Ihre Dienstfahrzeuge werden immer seltsamer. Aber machen Sie sich nichts draus. In wenigen Minuten werden Sie zu Fuß gehen – zur eigenen Hinrichtung. Alles andere wäre reine Verschwendung.«
    Drei Männer mit Maschinenpistolen lehnten oder standen um den X 5 und blickten Salam entgegen. Hinter ihm stieg der Bewaffnete aus dem Hilux, die Kalaschnikow im Anschlag.
    Irgendwo schrie eine Eule.
    »Leiten Sie diese ungeheuerliche Aktion?«, wollte Salam wissen und funkelte den Mann an, der ihn unbewegt musterte. »Hat man Sie geschickt, um alle Spuren zu tilgen? Das Kommandoteam war niemals da, es gab keinen Hubschraubereinsatz, und jetzt ist auch die verbrannte Leiche weg, der Obduktionsbefund unauffindbar und alle, die jemals damit zu tun hatten, verhaftet?«
    »Oder tot«, gab der Mann ungerührt zurück. »Sie wissen doch, Chief, der Tod löst viele Probleme, löscht ganze Fragenkataloge und bereinigt Situationen aufs allerfeinste. Das sollten Sie doch bei der MI gelernt haben.«
    »Da wäre dann noch eine Kleinigkeit – das persönliche Gewissen«, erwiderte Salam bitter.
    Der Geheimdienstmann mit der Sonnenbrille legte den Kopf in den Nacken und lachte laut. »Gewissen? Was für ein antiquierter Begriff und unglaublicher Luxus«, meinte er dann, »genauer gesagt, verzichtbarer Luxus angesichts einer Situation, die uns sonst entgleitet.«
    Er gab einem seiner Männer ein Zeichen. Der lud seine Maschinenpistole durch und kam näher. »Knien Sie sich hin, Salam. So stirbt es sich leichter.«
    Der Chief Inspector warf seinem Gegenüber einen verächtlichen Blick zu. »Ich knie vor Allah und sonst niemandem. Sie werden mich schon im Stehen erschießen müssen …«
    »Es ist Winter, geh nicht in die Berge, steig nicht hinauf, wo die Feen dich holen werden …«
    Die alte Frau stand plötzlich mitten auf der staubigen Straße und ihr Lied, mit brüchiger Stimme gesungen, ließ alle

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