Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
Vom Netzwerk:
hatte.
    »Na da war dieser Typ da, seltsamer Vogel. Die Tattoos waren gut gemacht …« Er nahm einen langen Zug aus der Dose.
    Mit zwei Schritten war Trapp bei ihm und riss ihm die Red-Bull-Dose weg. »Geht das ein wenig genauer, oder hast du dir dein Hirn weggeraucht?«
    Der Junge betrachtete die Oberkommissarin abschätzig, dann sah er Calis an. »Wo haben Sie sich die Tante denn eingetreten?«, fragte er. »Ist die immer so hektisch?«
    »Hat ’n bisschen Druck …« Calis ignorierte Trapps empörten Blick, trat an die Schautafel und versenkte die Hände in die Taschen seiner Jeans. Vielfarbige Tattoos auf geröteter Haut. »Erzähl mir von dem Typ.«
    Der Junge sog die Luft zwischen den Zähnen ein. »Kein Weichei, eher einer von der harten Fraktion. Dem muss jemand mit einem Messer das Gesicht nachgezogen haben. Sah nicht gut aus. Das ständige Grinsen passte nicht zu den Augen.«
    Bingo, dachte sich Calis und klopfte sich im Geist auf die Schulter. Laut sagte er: »Wie das?«
    »Böse Augen, haben wohl zu viel gesehen. Irgendwie starr und leblos. Spooky. Dazu dieses Gesicht …«
    »Hmm.« Calis drehte sich um und lehnte sich gegen die Wand. Der Tätowierer nahm Trapp die Red-Bull-Dose wieder ab und leerte sie in einem Zug.
    »Und die Tattoos?«
    »Wirklich gut gemacht, aber schon vor einiger Zeit gestochen.« Der Junge wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Das Dreieck – daran hab ich mich erinnert. Da war eine Eule drin und ein Drache und eine Zahl. Drumherum drei Worte. Auf dem anderen Arm hatte er die Granate, wieder mit drei Worten. Die haben‘s wohl mit der Drei.«
    »Hat er was gesagt dazu?«, wollte Calis wissen.
    »Hab nicht gefragt.« Der Junge schüttelte den Kopf. »Nein. Es gibt Kunden, da fragt man besser nicht. Der gehörte dazu.«
    »Wann war er da, und was wollte er?«, mischte sich Trapp ein.
    »Vor einer Woche etwa«, erinnerte sich der Tätowierer. »Und was er wollte? Etwas Seltsames. Der Typ hatte am Oberarm zwei gekreuzte Colts eintätowiert, Sie wissen schon, so Pistolen. Da sollte ich ihm eine zusätzliche Kerbe in den Griff tätowieren.«
    Mit einem Mal war es still in dem kleinen Laden. Von draußen ertönte die Sirene eines Rettungswagens, die sich schließlich wieder im Verkehrslärm der Großstadt verlor.
    »Wie viele waren da schon?« Trapps Stimme klang rau. »Ich meine Kerben …«
    Der Junge sah sie an, lange und nachdenklich. »Vielleicht zwei Dutzend«, antwortete er dann und fuhr sich mit der Hand durch die wirren Haare. »Ich sage ja, es gibt Kunden, da will man nicht mehr wissen.«
    »Lass mich raten«, meinte Calis und stieß sich von der Wand ab. »Er bezahlte bar und war wieder weg.«
    Der Junge nickte. »Bekam einen Anruf, zog sich währenddessen seine Lederjacke an und ließ seine Brieftasche liegen. Kam zehn Minuten später noch mal zurück, weil er es bemerkt hatte. Seither hab ich ihn nicht mehr gesehen.«
    Der Kommissar stutzte, warf Trapp einen warnenden Blick zu und baute sich vor dem Tätowierer auf. »Noch mal, damit wir uns richtig verstehen. Mir sind dein Parfum und deine Tabakmischung scheißegal, das ist nicht mein Revier und nicht meine Abteilung, ja nicht einmal meine Stadt. Aber ich brauch den Typen. Unbedingt.«
    Der Junge sah ihm starr in die Augen, nickte schließlich und blickte dann stumm zu Boden.
    »Wolltest du es wissen? Warst du neugierig?«, bohrte Calis nach und drückte im Geiste alle verfügbaren Daumen, selbst die von Frau Oberkommissar. »Ausweis in der Brieftasche? Fotos?«
    »Keine Fotos. War so’n französischer Name«, meinte der Tätowierer leise, »hab ich mir nicht gemerkt. Aber die Adresse auf dem Personalausweis. Nieder Kirchweg 115 . Meine Tante wohnt in dem Plattenbau gegenüber. Deshalb …«

Luftraum über der nordwestlichen Grenzprovinz/Pakistan
    »Follow N45«, stand auf dem Overhead-Display der Harrier, und der grüne Pfeil wies geradeaus. Als verbleibende Flugzeit bis zum Zielpunkt an der angegebenen Position zeigte der Bordcomputer neun Minuten an.
    Alles war ruhig, viel zu ruhig, dachte Finch. Noch immer keine aufgeregten Stimmen im Funk, keine Aufforderung, sich zu erkennen zu geben. Sollte die Finte, dieser völlig skurrile Plan Llewellyns, am Ende doch gelingen?
    Unter ihm raste das graue steinige Band der N 45 vorbei. Daneben wand sich der Dir durch Täler, die mal breiter waren, sich mal mit einem Schlag zu einem schmalen Durchlass verjüngten, in dem Wasser und Straße ganz nah zueinander

Weitere Kostenlose Bücher