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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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stand leer. Ich hatte mir das hier aufgebaut und wollte nicht zurück in die Kleinstadt. Ernst versuchte es und scheiterte kläglich. Er wusste nichts mit sich anzufangen, wanderte durch die leeren Zimmer und konnte sich nicht dazu durchringen, sie neu einzurichten. Schließlich haben wir das Haus vor ein paar Monaten verkauft, und mein Bruder zog hierher. Übergangsweise, wie er beteuerte.«
    »Er war auf dem Sprung zurück nach Nordafrika?«, fragte Calis.
    »Im Geiste war er bereits da«, gab Kreutzer zu. »Mit dem Geld aus dem Hausverkauf und seiner Pension von der Legion hätte er sich den Traum vom Café locker erfüllen können. Aber dann …«
    »Dann traf er die beiden anderen Exlegionäre«, vollendete der Kommissar den Satz. »Die waren abgebrannt, hielten Arbeit für ein Fremdwort und waren auf der Suche nach einem lukrativen Job.«
    »Ich hatte Angst, dass Ernst ihnen womöglich aus falsch verstandener Kameradschaft aus der finanziellen Patsche helfen und das Geld danach nie wiedersehen würde«, meinte der Chef düster. »Also habe ich das Sparbuch in Verwahrung genommen und es weggesperrt, als er wieder einmal mit den beiden um die Häuser zog und wie selbstverständlich die Zeche bezahlte. Als er das bemerkt hat, war er stinksauer auf mich. Er kam mehrere Tage nicht nach Hause, meldete sich nicht. Dann stand er plötzlich wieder vor der Halle, holte seinen Opel vom Hof und sagte, er würde nach Berlin fahren. Murmelte etwas von alten Kameraden und verschwand.«
    Calis stand auf und wanderte in der kleinen Kaffeeküche auf und ab. »Ihr Bruder ist tatsächlich mit seinen beiden neuen Freunden nach Berlin gefahren. Sie hatten einen Job angenommen, einen, der viel Geld einbringen sollte. Eine halbe Million, um genau zu sein.«
    Kreutzer sah den Kommissar mit gerunzelter Stirn an, sagte aber nichts.
    »Ihr Auftrag war, in eine Produktionshalle von Siemens einzubrechen. Allerdings mussten sie dazu vorher einem Nachtwächter die Kehle durchschneiden, um an die Schlüssel zu kommen, die Portiersloge zu besetzen und die Überwachungskameras auszutricksen. Nachdem sie dem toten Wachmann die Schlüssel abgenommen hatten, betraten zwei Mann das Gelände, um das zu holen, weswegen sie nach Berlin gekommen waren. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass sie etwas mitnahmen. Dann ging es zurück an den Main. Wenig später waren ihr Bruder und seine Freunde tot. In die Luft gesprengt von ihrem Auftraggeber, der so versuchte, alle Spuren zu verwischen. Wohl gemerkt, nachdem er das in Empfang genommen hatte, was ihm die drei aus Berlin mitgebracht hatten.«
    Kreutzer räusperte sich und blickte starr auf seine öligen Hände. »War… waren das die Explosionen in der Arolser Straße, von denen die Zeitungen berichtet haben?«
    »Ja, das waren sie«, antwortete Calis. »Was wissen Sie von dem Job?«
    Kreutzer zuckte die Schultern. »Gar nichts, ehrlich. Ich würde das Schwein gerne erwischen, das Ernst in die Luft gesprengt hat, glauben Sie mir. Um die beiden anderen ist es nicht schade …«
    »Vielleicht ist es um Ihren Bruder auch nicht schade«, gab der Kommissar ungerührt zurück, stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch und fixierte Kreutzer. »Vielleicht war er es ja, der dem Wachmann das Messer in die Kehle gerammt hat, in der alten Tradition des Dschungelkampfes. Lautlos töten. Haben Sie das nicht gelernt? In Brasilien, Surinam, Venezuela, Ecuador oder Kolumbien?«
    »Sie sind bemerkenswert gut informiert«, murmelte Kreutzer und erhob sich. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß. Und jetzt muss ich wieder an die Arbeit. Mein Bruder war Soldat, kein Mörder.«
    »In den Augen vieler nur ein marginaler Unterschied«, gab Calis zu bedenken. »Beide befördern andere aus dem Leben in den Tod. Nur über die Rechtmäßigkeit lässt sich streiten.«
    Kreutzer drehte sich wortlos um und verließ die Kaffeeküche. Aus der Halle tönten Hammerschläge und das Geräusch eines Kompressors, der ein wenig asthmatisch klang. Dann schloss sich die Tür hinter ihm und der Lärm wurde leiser.
    Calis trat ans Fenster zum Hof und lehnte die Stirn gegen die Scheibe. Aus einem VW -Bus, der mit quietschenden Bremsen anhielt, quoll eine türkische Großfamilie, die sich lautstark unterhielt.
    Und was jetzt? Doch zurück nach Berlin? Tronheim war tot, sein Mörder ebenfalls, welcher der drei Exlegionäre auch immer den Nachtportier getötet hatte. Nun hatten sie zwar den Namen, ein Leben und wussten über die

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