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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Colonel wischte den Gedanken beiseite. Wozu er, Frank Majors, fast zwölf Jahre gebraucht hatte, würde selbst Großhirn, egal wie scharfsinnig er sein mochte, nicht über Nacht entdecken.
    »Nun, vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, die Katze aus dem Sack zu lassen«, brummte Majors. »Sie wollten mich sprechen? Worum geht es? Und sagen Sie mir nicht, Sie hätten es zwischen Shakespeares Denkmal und Ihrem Drink vergessen.«
    Morgan schüttelte den Kopf. »Keineswegs, Sir. Ich wende mich an Sie wegen einer Aufgabe, die ich vor kurzem erhalten habe. Sie erinnern sich an Clouds Hill und die Kisten, die wir mit all den Habseligkeiten von Shaw gefüllt hatten. Nun, die versprochenen Experten, die all das durchsuchen und katalogisieren sollten, wurden rasch wieder abgezogen oder kamen erst gar nicht nach Dorset. Es kam so, wie Sie vorhergesehen hatten. Also transportierte man die Kisten gemeinsam mit den Untersuchungsergebnissen, meinen Fotos und allen Berichten über den Unfall von der Kaserne nach London. Und nun soll ich den Inhalt sortieren und erfassen und danach einen Abschlussbericht schreiben.«
    Der Colonel nickte Morgan ermunternd zu. »Eine weitere Sprosse auf Ihrer Karriereleiter, Großhirn. Halte ich für eine ausgezeichnete Idee. Sie werden die Aufgabe bravourös lösen, da bin ich ganz sicher.«
    »Ich habe also als Erstes den Inhalt gesichtet«, fuhr Morgan unbeirrt fort, »und dabei festgestellt, dass viele Dinge fehlen, die wir damals in Clouds Hill gefunden und sichergestellt haben.«
    Majors sah ihn interessiert an und hoffte gleichzeitig, dass ihm seine Nervosität nicht anzumerken war. »Nämlich?«
    »Zum Beispiel die Fotos der Frankreichfahrt mit all den Schlössern und Burgen, die Shaw während seines Studiums mit dem Fahrrad besucht hatte«, zählte Morgan auf. »Oder die Bilder der Reise zu Fuß durch Syrien und Palästina, wie auch seine Tagebücher, die wir in der Bibliothek gefunden hatten oder meine Fotos der griechischen Inschrift über der Tür zum Lesezimmer. Alles verschwunden.«
    »Vergessen Sie nicht, Großhirn, dass die Kisten wochenlang in der Kaserne von Bovington herumstanden und auf die Experten warteten, die niemals kamen oder sich mit einer raschen, oberflächlichen Begutachtung begnügten«, wandte der Colonel ein. »Wer weiß, wer in der Special Branch außer uns noch Zugriff auf die Kartons hatte? Für unsere Abteilung war die Angelegenheit erledigt, als die Totengräber den Sarg in die Grube hinabließen. Clouds Hill war sauber wie ein frisch gewaschener Kinderpopo, der Inhalt des Hauses sicher verpackt, der Bewohner des Cottage tot. Special Branch war zufrieden.«
    Morgan schaute aus dem Fenster und wippte auf den Zehenspitzen. Er sah ganz und gar nicht überzeugt aus. Majors fragte sich, ob es Angst war, die in den Augen des jungen Geheimdienstmannes aufblitzte.
    »Dazu kommt, dass immer mehr Widersprüche auftauchen, je genauer ich hinsehe. Lawrence hat in zwölf Jahren acht neue Brough Superior gekauft. Sie gelten, wie Sie wissen, als zweirädrige Rolls-Royce, die teuersten Motorräder der Welt. Stückpreis zwischen hundertdreißig und hundertachtzig Pfund, das gesamte Jahreseinkommen eines Arbeiters. Trotzdem berichteten die Zeitungen und sein Freundeskreis einhellig davon, dass Lawrence als armer Mann gestorben sei. Er habe bis auf eine kleine Summe sein gesamtes Einkommen militärischen wohltätigen Einrichtungen gespendet. Woher hatte er dann das Geld, um sich stets aufs Neue die teuren Sportmotorräder von George Brough leisten zu können? Zum Zeitpunkt seines Unfalls vor zwei Monaten wurde bereits die neunte Brough in den Ateliers in Nottingham für ihn gebaut. Und ja, er hatte sie bereits bezahlt! Zum vollen Preis.«
    Majors horchte auf. »Die Geschichte vom armen Lawrence habe ich auch gehört, aber ich halte sie für ein Gerücht«, sagte er dann entschieden. »Ein weiterer Stein in seiner sorgsam errichteten Fassade. Merken Sie sich eines für Ihre Arbeit mit der Hinterlassenschaft des britischen Beduinenführers, Morgan: Glauben Sie nur das, was Sie sehen und nachprüfen können.«
    »Genau das ist ja so schwierig, Sir«, seufzte Morgan. »Heute Morgen ist nämlich eines der verschwundenen Tagebücher von Lawrence wieder aufgetaucht und wurde der Special Branch zugespielt. Das ist auch der eigentliche Grund für meinen Besuch.«
    »Umso besser, das sollte Ihre Arbeit erleichtern«, stellte Majors fest und leerte sein Glas.
    »Leider ist genau das Gegenteil

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