Heiß
hatte der schwarze Lieferwagen auf dem Kasernenhof in Bovington gestanden, er hatte die Muster neuer Uniformen zur Begutachtung gebracht. Majors musste improvisieren, schnappte sich einen jungen Soldaten und setzte ihn ans Steuer, bevor er selbst auf den Beifahrersitz kletterte. Das Montageeisen lag im Fußraum, und Majors hatte im wahrsten Sinne des Wortes die Gelegenheit ergriffen …
Die Wucht des Schlages aus dem Seitenfenster des schwarzen Lieferwagens auf seinen Kopf musste Shaw die Stirn eingedrückt haben. Majors spürte noch die Knochen splittern, sah ihn fallen, die schwere Maschine über die Straße schlittern, hörte den erschrockenen Aufschrei der beiden radelnden Jungen. »Weiterfahren!«, hatte er den jungen Soldaten angeherrscht, der bremsen und sofort Erste Hilfe leisten wollte. Dann erst war ein bewusster Gedanke durch den Adrenalinnebel in Majors’ Hirn aufgetaucht:
Schade um die Brough Superior …
Osteria Safo, Kennedyallee, Sachsenhausen/Frankfurt
»Wir hätten heute Abend einen der Tische auf der Terrasse frei, wenn Sie möchten und es Ihnen nicht zu kühl ist?« Die Kellnerin in ihrer langen weißen Schürze und dem Drei-Knopf-Dekolleté strahlte Calis an wie den heimgekehrten, lange verschollen geglaubten Verlobten. »Ich bediene heute draußen«, ließ sie ihn mit blitzenden Augen wissen, während sie mit der Zunge über ihre Lippen fuhr.
Martina Trapp, die noch den Laptop aus dem Golf geholt hatte und nun neben Calis trat, verdrehte die Augen. »Strengen Sie sich nicht an, der Herr hat andere Vorlieben«, warf sie lächelnd ein. »Wo ist der Tisch?«
Die Kellnerin musterte sie kurz von oben bis unten, zuckte die Schultern, strahlte dann Calis nochmals an und ging schließlich voran.
»Lassen Sie mich nicht vergessen – spätestens mit Dienstschluss muss ich Sie jeden Tag loswerden«, raunte Calis Trapp zu, »sonst sabotieren Sie meine erotischen Abende in Frankfurt, und ich habe nichts zu erzählen, wenn ich nach Hause komme.«
»Wer steht schon auf Dreizeiler?«, raunte Trapp vergnügt zurück. »Wir brauchen für unsere heißen Tänze durch die Nacht keine Berliner Kommissare.«
Die Terrasse war bis auf einen Tisch voll besetzt. Auf zwei vom Flutlicht taghell erleuchteten Tennisplätzen wurden verbissen und lautstark die letzten Bälle eines Matchs geschlagen. Nachdem die Kellnerin die Speisekarten auf den Tisch gelegt und zwei Kerzen angezündet hatte, war sie mit einem verschwörerischen »Bin gleich wieder bei Ihnen« verschwunden.
»Wenn das keine Drohung ist«, schmunzelte Trapp und klappte die Speisekarte auf.
»Sie sind auffallend gut gelaunt, Frau Oberkommissar«, stellte Calis fest und warf der Kellnerin einen letzten Blick hinterher. Süßer Po. Dann blickte er wieder auf Sommersprossen, Stupsnase und in braun-grüne Augen, die ihn strafend musterten.
»Tz, tz, tz, wenn ich es nicht besser wüsste«, murmelte Trapp und blätterte auf die Hauptspeisenseite.
»Sie wissen gar nichts«, wehrte Calis ab und vertiefte sich in die Liste der Pastagerichte. »Also, was ist die Veranlassung für den überraschenden Wechsel der Gemütsverfassung? Am Nachmittag klang das noch alles ganz anders.«
»Dass es die Frankfurter Polizei war, die auf Kreutzers Festplatte Blondschopf ausfindig gemacht hat«, grinste Trapp herausfordernd.
»War kein großes Kunststück, nachdem die Berliner Polizei die Schlüssel für die Wohnung und das Passwort beschafft hatte.« Calis schwankte zwischen Tagliatelle con Salmone oder einer Pizza Quattro Stagioni. »Sonst hätten Sie einen Durchsuchungsbefehl gebraucht, den Laptop zu ihren Spezialisten bringen und dann erst mal warten müssen. Lange warten müssen.« Und einen Rotwein, beschloss er, am besten eine Flasche. »Aber ich will ihren Triumph gar nicht schmälern. Wenn das so ist, dann zahlen Sie heute Abend Speis und Trank. Wer den Erfolg hat, gibt eine Runde aus.«
»Ist das eine neue Berliner Regel?«, wunderte sich Trapp. »Bei uns zahlt normalerweise immer der Verlierer.«
»Und bei uns verliert der Zahler«, feixte Calis. »Aber daran soll es nicht scheitern. Über die Rechnung reden wir später. Ich habe Hunger und Durst, und die Kellnerin sieht sehr willig aus, mich aus diesem Dilemma zu befreien.«
»Und noch aus anderen«, bemerkte die Oberkommissarin spitz und blätterte etwas planlos in der Speisekarte.
»Ihre Sommersprossen werden dunkler, wenn Sie sich ärgern«, bemerkte Calis.
»Gar nicht wahr!«, gab Trapp zurück
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