Heiß
Lebens.
Die Suche nach den sieben Säulen des Lawrence of Arabia.
Und sein Weg würde ihn nicht nach Jordanien führen, sondern ans andere Ende Afrikas …
Merianstraße, Kronberg im Taunus/Deutschland
Es würde ein strahlend schöner Tag werden. Das Panorama, das sich vom Balkon im ersten Stock der herrschaftlichen Villa in der Merianstraße bot, war atemberaubend. Nicht nur die Skyline von Frankfurt, sondern auch die Höhenzüge des Odenwaldes und des Spessart zeichneten sich im frühen Morgendunst am Horizont ab.
Professor Siegberth lehnte stumm am schmiedeeisernen Geländer und genoss die Aussicht und die frische Luft. Der silberne Mercedes ihres Gastgebers hatte sie pünktlich in ihrem Hotel, der Villa Rothschild, abgeholt und die wenigen Kilometer nach Kronberg gebracht. Konstantinos war trotz der frühen Stunde die Freundlichkeit in Person gewesen. Er hatte sie an der Haustür begrüßt und in ihr Arbeitszimmer geleitet. Der Raum im ersten Stock war eine Bibliothek, mit einem runden Jugendstiltisch der Wiener Werkstätten in der Mitte, altem Stern-Parkettfußboden und einem blauen, mehr als drei Meter langen Teppich, den Siegberth mit Kennerblick sofort als historisches persisches Stück erkannt hatte.
Als sie hörte, wie Konstantinos wieder zurück in die Bibliothek kam, drehte sie sich um und beobachtete ihn. Sie hatte den gestrigen Abend dazu benutzt, Informationen über den schlanken Griechen einzuholen, der sich so katzenhaft bewegte, immer makellos gekleidet war und als einer der reichsten Männer der Welt galt. Er war der einzige Sohn einer griechischen Familie, die sich auf Erdölhandel spezialisiert hatte und eine Reederei besaß, war in London geboren und auf einem der zahlreichen Landsitze seiner Familie in Nottinghamshire aufgewachsen, bevor er nach Oxford ging, sein Studium mit Bestnoten abschloss und sofort begann, seinem bereits kranken Vater in dem weltumspannenden Firmenimperium zur Seite zu stehen. Nach einem nicht mehr rekonstruierbaren Zeitraum von mehreren Jahren, während derer Konstantinos jr. von der Bildfläche verschwunden war, tauchte er knapp vor dem Tod seines Vaters wieder auf. Als Savvas Konstantinos vor sechs Jahren starb, übernahm sein Sohn wie selbstverständlich die Führung des Konzerns, setzte auf Kontinuität und brachte ihn mit einigen geschickten Finanztransaktionen unbeschadet durch die Wirtschaftskrise. Was ihm den Respekt von Ökonomen und der Konkurrenz gleichermaßen bescherte, sein Porträt landete auf dem Titelblatt des
Time
-Magazins, und die Klatschspalten betitelten ihn als den »meistbegehrten Junggesellen«.
»Ich kenne diesen Teppich«, begann Siegberth und ließ Konstantinos, der den Metallzylinder vorsichtig in die Mitte des Tisches platzierte, dabei nicht aus den Augen. »Zufällig interessiere ich mich für historische persische Stücke und blättere oft in Arthur Pope‘s
Survey of Persian Art,
das Ihnen sicher bekannt ist.«
Konstantinos lächelte dünn und wies dann auf eines der hohen Wandregale, die mit Büchern gefüllt waren. »Sie meinen das sechsbändige Standardwerk für Sammler? Selbstverständlich, es steht da drüben. Mein Vater konnte in London die Erstausgabe erwerben, und ich habe schon als Kind oft darin gelesen.«
»Es ist ein persischer Kerman, ein Vasenteppich aus dem siebzehnten Jahrhundert, der eine Besonderheit hat – es ist keine einzige Vase darauf abgebildet.« Siegberth trat in die Bibliothek und blieb respektvoll neben dem Teppich stehen. »Sie haben ihn bei Christie’s im April 2010 ersteigert. Es ging durch alle Medien, allerdings wurde Ihr Name nicht genannt. Man sprach von einem anonymen Bieter aus dem Nahen Osten.«
In den braunen Augen von Konstantinos spiegelte sich Anerkennung, Respekt und zugleich Vorsicht. Die alte Dame durfte man nicht unterschätzen.
»Das Startgebot lag bei 150 000 Pfund, wenn mich mein Gedächtnis nicht im Stich lässt.« Der Tonfall der Wissenschaftlerin machte klar, dass dies wohl nie der Fall war. »Sie ersteigerten den Kemran für die unglaubliche Summe von umgerechnet 7 , 5 Millionen Euro, was ihn mit einem Schlag zum teuersten Teppich der Welt machte.«
Konstantinos trat neben sie, die Hände in den Hosentaschen, und blickte auf das persische Prachtstück hinab. »Ein Stück Geschichte gepaart mit Schönheit und einem wirtschaftlichen Hintergedanken – dass sich sein Wert jedes Jahr steigert.« Damit machte er einen Schritt nach vorne und stellte sich demonstrativ auf den
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