Heiß
»am liebsten würde ich ihn zur Weißglut bringen.«
Der Wagenmeister hielt Martina Trapp die Tür auf, und sie ließ sich auf den Beifahrersitz gleiten.
»Darf ich vorstellen? Bentley Mulsanne, 2 , 7 Tonnen schwer, mehr als 500 PS stark und 300 km/h schnell. Preis läppische 300 000 Euro.« Calis drückte den Startknopf, und der Achtzylinder erwachte zum Leben. »Der hohe Preis sichert niedrige Verkaufszahlen, und die garantieren Exklusivität. Was würdest du sagen, wenn man dir so ein Spielzeug wegnimmt?«
»Ich wäre stinksauer«, erwiderte Trapp. »Das ist ein Luxusliner auf Rädern.«
»Genau«, sagte Calis nur und wendete, fuhr durch die Hotelausfahrt und bog auf die Kennedyallee in Richtung Innenstadt ein. »Fahren wir ins Präsidium. Du wolltest mit dem Chef reden.«
»Moment …«, wandte Martina Trapp ein, »ich glaube, ich beginne langsam zu verstehen. Du willst, dass Blondschopf ausrastet.«
»Aah, der Kaffee kurbelt die grauen Zellen an.« Calis lachte. »Nun, ausrasten wird er nicht, dazu hat er zu viel Geld, aber vielleicht ist er zumindest ärgerlich und ratlos?«
»Und dann?«
»Dann wird er vielleicht einen Fehler machen«, meinte Calis. »Schau, wir können ihn nicht festnageln, ob mit oder ohne Kreutzers Laptop. Er kann alles abstreiten, die Gesprächsprotokolle als Hirngespinst abtun und behaupten, er habe den Exlegionär nie getroffen, geschweige denn ihm einen Mordauftrag gegeben. Das Foto, das Kreutzer aufgenommen hat, beweist gar nichts. Wir haben keine Augenzeugen, und die Tatsache, dass in der Nacht des Anschlags der Bentley in der Arolserstraße war, bestätigt zwar unsere Vermutungen, genügt aber nicht für einen Haftbefehl. Und jetzt bist du dran.«
Trapp schaute aus dem Fenster und schwieg. Als sie über die Friedensbrücke fuhren und den Main überquerten, sagte sie: »Aber deshalb kannst du doch nicht einfach …«
»… die Dinge etwas in Bewegung bringen?«, unterbrach Calis sie. »Warte ab. Du kennst den zweiten Teil meines Plans noch nicht.«
»Ich weiß nicht, ob ich ihn überhaupt kennenlernen will«, erwiderte Trapp. »Ich sitze in einer gestohlenen Luxuslimousine mit einem ausgeflippten Berliner Kollegen, fahre am helllichten Tag durch die Frankfurter Innenstadt und bin auf dem Weg zur Polizeidirektion, wo der Wagen wahrscheinlich bereits auf der Fahndungsliste steht. Und du hast einen Plan? Der sollte besser verdammt gut sein.«
»Du kannst ja im Ernstfall noch immer behaupten, du warst nicht dabei«, beruhigte Calis sie und beschleunigte die Senkenberganlage nordwärts. Der Zeiger des Tachometers schnellte blitzartig in Richtung der dreistelligen Zahlen, als der rote Blitz einer stationären Verkehrsüberwachungskamera aufleuchtete.
Trapp sah Calis vorwurfsvoll an. »Das hätte sich dann auch erledigt«, fauchte sie. »Zwei Polizeikommissare im gestohlenen Bentley rasen mit hundert durch die Innenstadt. Ich kann mir die Schlagzeilen von morgen in den lebhaftesten Farben ausmalen. Ein gefundenes Fressen für die Lokalpresse. Sag mal, ist das eine fixe Idee von dir? Kannst du ohne Medienrummel nicht leben?«
Die restliche Fahrt in die Adickesallee verlief schweigsam. Als Calis den Bentley im Hof der Polizeidirektion abstellte, sprang Trapp aus dem Wagen und verschwand grußlos in Richtung ihres Büros. Der Kommissar ging zum Empfang, wo ihm ein bekanntes Gesicht entgegenblickte. »Ach, der Kollege aus Berlin, was darf’s sein?«, begrüßte ihn der uniformierte Polizist, der ihn bereits vor zwei Tagen empfangen hatte.
»Mehr Geld, mehr Zeit, weniger Probleme«, antwortete Calis. »Wo geht’s zur Spurensicherung?«
Der Polizist zog einen Plan aus einer Schublade und malte ein großes X darauf. Dann schob er Calis das Blatt zu. »Hier, damit Sie sich nicht verlaufen in dem Irrgarten. Gefällt’s Ihnen bei uns?«
»Ist wie Urlaub, nur ein bisschen anstrengender. Ich freu mich fast schon wieder auf Berlin«, seufzte Calis und machte sich auf den Weg in die oberen Stockwerke.
Flughafen London-Heathrow, London/England
Flug BA 8053 der British Airways aus Tiflis war überpünktlich. Genau um 10 . 21 Uhr landete die Boeing 767-300 auf dem Londoner Flughafen Heathrow, und der Pilot gab Gegenschub. Wenige Minuten später dockte das Flugzeug am Passagierterminal an. Die drei Männer, die über den Ausgang der ersten Klasse den Jet verließen und zur Passkontrolle gingen, schienen alle erleichtert zu sein, endlich das Ende ihrer Reise erreicht zu
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