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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Ampel an der Kniebisstraße war auf Nachtbetrieb geschaltet und blinkte nur mehr gelb. Von weitem leuchtete die Reklame des Hotels, und so begann Calis, nach einem Parkplatz zu suchen. Vergeblich. Selbst das Halteverbot gegenüber dem Hotel war zugeparkt. Langsam rollte er am Eingang des »Niederrad« vorbei. Die Thaimassage daneben hatte auch nur mehr die Notbeleuchtung im Schaufenster – eine dunkelrote Kugel, die in einem beunruhigenden Rhythmus blinkte und blutige Muster und Reflexe auf den Bürgersteig zeichnete.
    In der geklinkerten Hauseinfahrt neben dem Massagesalon stand seltsamerweise ein dunkler Wagen, die Schnauze zur Straße, und blockierte so die gesamte Zufahrt. Wer würde sein Auto so abstellen …? Calis war mit einem Schlag hellwach, duckte sich instinktiv, ließ den Golf weiterrollen und bog die nächste rechts ab. Hinter einer grünen Obstverkaufsbude parkte er auf dem halb leeren Parkplatz einer Autowerkstatt ein, lief zur Bruchfeldstraße zurück und blickte um die Ecke. Es war niemand zu sehen, das Hotel lag drei Häuser entfernt, und so machte sich Calis nach kurzem Zögern auf den Weg.
    Reformhaus, Sanitätshaus, Bestattung.
    Kein gutes Omen.
    Vielleicht bin ich es, der paranoid ist, und nicht Kreutzer, dachte er, näherte sich vorsichtig der Hauseinfahrt und schaute in die Dunkelheit.
    Es war der Bentley.
    Er war leer.
    Der Kommissar ging zurück auf die Straße und sah sich suchend um. War Blondschopf selbst gekommen, oder hatte er wieder seinen Chauffeur geschickt? Wollte er sich davon überzeugen, dass Calis tatsächlich nach Berlin abgereist war? Oder wollte er ihn diesmal etwas nachdrücklicher zu einem baldigen Abschied überreden?
    Plötzlich kam Calis eine Idee. Mit zwei Schritten stand er neben dem Bentley, zog am Türgriff und – die Fahrertür ging auf. Calis rutschte auf den Fahrersitz und sah im Licht der Innenbeleuchtung, dass der Zündschlüssel steckte.
    »Wie unvorsichtig. Werden wir langsam sorglos? Nur weil es vielleicht eine Handvoll Bentleys in Frankfurt gibt und niemand ein so auffälliges Auto stiehlt?«, flüsterte er und startete den Bentley. »Merke, Herr von Strömborg – das Böse schläft nie.«
    Kaum war der Achtzylinder grollend erwacht, legte Calis den Wählhebel der Automatik auf »D« und beschleunigte mit quietschenden Reifen aus der Einfahrt auf die Bruchfeldstraße. Erst als er in Richtung Innenstadt eingebogen war, schaltete er das Licht ein und beschleunigte. Der schwere Wagen machte einen Satz nach vorn, während die Reifen gequält aufjaulten und versuchten, die immense Kraft auf die Straße zu bringen.
    Im Rückspiegel sah er, wie eine Gestalt aus dem Hoteleingang sprang und wie wild gestikulierte. Fröhlich winkte Calis zurück, dann sah er sich im Innenraum des Bentleys um.
    »Richtig nett und wohnlich, an dich könnte ich mich gewöhnen«, sagte er grinsend. »Leder, Laster und Luxus. Und jetzt suchen wir zwei uns ein Fünf-Sterne-Hotel. Ich kann mich mit dir ja nicht in der nächstbesten Absteige sehen lassen.«
    Er aktivierte die Navigation, die nach einigem Tastendrücken wie selbstverständlich alle First-Class-Hotels in der Umgebung anzeigte. Das erste in der Liste war das Rocco Forte Hotel Villa Kennedy, keine zwei Kilometer entfernt. Parkgarage, Pool, Wellness und die besten Bewertungen.
    Die Preise blendete Calis aus.

26 . August 1936 , Zaafarana Palast, Kairo/Ägypten
    Es war heiß, unglaublich heiß. Die Sonne brannte gnadenlos vom wolkenlosen Himmel, und ein Gluthauch aus der Hölle wehte von der Wüste her und heizte die Temperaturen zusätzlich an.
    Die britischen Gesandten fragten sich, ob nicht wohlkalkulierte Absicht dahintersteckte, den Vertrag in Kairo und nicht in London zu unterzeichnen. Wie sollte man Kairo im Hochsommer schon aushalten, außer man trug einen Burnus und war Araber?
    »Für formelle europäische Anzüge mit steifem Kragen ist dies weder der Platz noch die Jahreszeit«, stöhnte Frank Majors, der in der Eingangshalle des Palastes am Fuß der geschwungenen Freitreppe stand, und wischte sich verstohlen mit einem Tuch über die Stirn. »Das hält nur ein Kamel aus.« Tief im Inneren begann er Lawrence zu verstehen, der nach England zurückgekehrt war und sich aus seinem Burnus einen Bademantel hatte nähen lassen.
    Selbst der englische Sommer bekam in diesen Breiten seinen ganz eigenen Charme.
    Die junge Frau neben ihm, die von der britischen Botschaft als Dolmetscherin abgestellt worden war, lachte und

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