Heiß
»Negativ. Die brauchen nur zu den Behörden zu gehen, und schon sitzen wir in der Falle. Die Passagierlisten der Fluggesellschaften haben sie in einer halben Minute durchforstet. Wenn sie da nichts finden, dann verbieten sie vorsichtshalber alle Starts der lokalen Chartergesellschaften oder der Privatflüge. Und dann nutzt uns der schnellste Jet nichts mehr. Dann haben sie uns endgültig.«
11 Der Tod im Sand
28 . Juni 1940 , Hafen von Dakar/Französisch-Westafrika
Als Frank Majors in den Hafen zurückkam, war weder von Alphonse Cannotier, noch von dem schmächtigen Unbekannten im dunklen Anzug etwas zu sehen. Vor den drei Gangways standen Dutzende Soldaten unbeweglich Wache, die Gewehre auf der Schulter. Die anderen hatten sich in Gruppen auf den Boden gesetzt, selbst die ersten Zelte waren auf dem Platz vor der Hafenkommandantur bereits errichtet worden. Die Lkws waren wieder abgefahren. Es sah nach einer längeren Wache aus.
Der Colonel hatte ein chiffriertes Telegramm nach London geschickt, war dann kurz nach Hause gegangen, um sich umzuziehen und nahm nun seinen Beobachtungsposten an der Wand der Hafenkommandantur, im Schatten des Vordaches, erneut ein. Durch das Fernglas beobachtete er das Treiben auf den drei Schiffen der Goldflotte. Als sein Blick über die Brücke der Victor Schoelcher schweifte, stutzte er. Da standen Cannotier und der Unbekannte im Gespräch mit einem der Offiziere oder gar dem Kapitän des Schiffes. Hatten sein Name und die Stellung seines Vaters den Jungen an den Soldaten vorbei auf das Schiff gebracht? Majors wunderte sich über den Schachzug des Franzosen. Was genau erhoffte er sich davon? Und wer war der schmächtige Mann in diesem lächerlichen Anzug, der sich gerade angeregt mit dem Schiffsoffizier unterhielt?
Die Sonne stieg höher, und das Quecksilber des alten, riesigen Thermometers unter der Trikolore hatte die 30 -Grad-Marke bereits überschritten. Es war später Vormittag, und Majors litt unter der Hitze, an die er sich nie gewöhnt hatte, seit er afrikanischen Boden betreten hatte.
Am Nachmittag würde Dakar zu einem Glutofen werden. Unerträglich heiß, trotz der leichten Brise, die vom Meer her wehte.
Majors unterdrückte den Wunsch, sich in eines der beiden Cafés am Hafen zu setzen und eine eisgekühlte Flasche Bier zu trinken. Die deutschen Agenten hatten nicht nur die besten Plätze bereits besetzt, sie ließen die drei Schiffe ebenfalls nicht aus den Augen. Mit tausend Tonnen Gold würde sich die Kriegsmaschine des Dritten Reichs für lange Zeit erfolgreich betreiben lassen … Der Colonel schüttelte den Kopf. Besser nicht darüber nachdenken. Noch war die Ladung in Afrika, weit weg von Berlin. In Sicherheit vor Hitlers Zugriff.
Ein Mann mit zwei Koffern kam langsam die Gangway der Victor Schoelcher herunter, ein wenig unsicher, mit fast zögernden Schritten. Auf halbem Weg blieb er stehen, wandte sich um und blickte zum Schiff zurück. Majors erkannte ihn von den Fotografien, die ihm London übermittelt hatte. Es handelte sich um Stefan Michalski, den Abgesandten der polnischen Nationalbank, der die Odyssee der siebzig Tonnen Gold von Warschau über Rumänien und den Hafen Constanza nach Istanbul, Beirut, Toulon, Angoulème und Lorient bis nach Dakar mitgemacht hatte. Er war über ein Jahr mit den Kisten unterwegs gewesen – per Lkw, Zug und schließlich auf dem Schiff.
Und nun, fragte sich der Colonel?
Die Soldaten am Fuß der Gangway waren offensichtlich instruiert worden, salutierten zackig und ignorierten die Papiere des Polen geflissentlich.
Majors überquerte mit großen Schritten den Kai, schlängelte sich zwischen den Gruppen der Soldaten hindurch, bis er neben dem hageren, ein wenig verdrießlich dreinschauenden Mann stand.
»Mr. Michalski?«, fragte er und streckte seine Hand aus. »Colonel Frank Majors. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
Der Pole stellte einen der Koffer ab und ergriff die angebotene Hand. »Mr. Majors? Woher kennen Sie meinen Namen? Sind Sie Brite oder Amerikaner?«
»Brite, Sir, und Ihr Name wurde mir von meiner Dienststelle übermittelt«, antwortete der Colonel. »Darf ich Sie auf einen Drink einladen? Nicht hier«, schränkte Majors gleich ein und wies auf die beiden Cafés im Hafen, »da verkehren im Moment Leute, die Sie sicher nicht kennenlernen wollen.« Er zwinkerte dem Beauftragten der Polnischen Nationalbank vertraulich zu, griff dann nach einem der Koffer und machte eine einladende Handbewegung. »Zwei Blocks
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