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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Passagier.
    »Und ihr?«
    »Für mich geht die Reise weiter. Ihr habt Eure Aufgabe erfüllt, nun muss ich meine beenden«, lächelte der Araber. »Gehabt Euch wohl, und Allah sei in seiner unendlichen Güte und Weisheit mit Euch.« Rasch legte er sich die beiden Satteltaschen über die Schulter und kletterte von Bord in ein kleines Beiboot, das ihn an den Strand brachte.
    Wenn seine Berechnungen stimmten und die Nachricht nicht verloren gegangen war, dann würde die Karawane in den nächsten zwei Wochen eintreffen. Bis dahin hatte er Wasser und Fisch im Überfluss.
    Und sollte sie sich verspäten, so würde er länger warten.
    Er hatte keine Eile. Zeit spielte jetzt keine Rolle mehr. Für ihn gab es nur einen Ausgang dieser Reise – den Tod.
    Und der würde noch früh genug kommen.

Chitral, nordwestliche Grenzprovinz/Pakistan
    Als der Jeep durch den Naya Bazaar von Chitral rollte und vor der Polizeistation anhielt, grüßten die meisten Händler Salam respektvoll. Der Chief Inspector, der nachdenklich auf dem Beifahrersitz saß, erwiderte die Grüße diesmal nur halbherzig. Das grüne Kaugummipapier, das ihm einer seiner Männer in die Hand gedrückt hatte, trug er sorgsam in seiner Brusttasche verwahrt. Und es war genau jenes Stück Papier und der nach wie vor ausstehende Rückruf der Flugüberwachung, die Salam Sorgen bereiteten.
    Nachdem er ausgestiegen war und sich den Pistolengurt zurechtgerückt hatte, spürte er, wie müde er war. Der Anblick seines zum Skelett verbrannten Freundes Shah Juan hatte ihn doch mehr mitgenommen, als er sich eingestehen wollte. Diesen grausamen Tod hatte der weise alte Mann der Kalash nicht verdient, dachte Salam und stieß die Tür zur Polizeistation auf. Die Zahl der Gemäßigten in der Grenzregion schwand wie der Schnee in den Bergen im Frühjahr. Bereits in den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Anschläge von Terrorgruppen gegeben. Salams Netzwerk der Vernunft wurde kleiner und kleiner und drohte, auseinanderzubrechen.
    Im großen, hellen Vorraum des blau gestrichenen Funktionsbaus drängten sich die Menschen in dichten Trauben. Zwischen Touristen mit ihren großen, farbigen Rucksäcken, die versuchten, ihre Aufenthaltsgenehmigungen für die grenznahen Regionen zu verlängern, standen Gruppen von Bauern und Händlern, Papiere und Dokumente in den Händen, und diskutierten lautstark. Salam bahnte sich einen Weg und lief die Treppe hinauf ins Obergeschoss. Als er im Gang um die Ecke bog, wäre er fast in einen hochgewachsenen, jungen Pakistani hineingelaufen, der gemeinsam mit seinem Vater in Chitral die einzige seriöse Autovermietung in weitem Umkreis betrieb.
    »Ahh, Zeyshan, wie gut, dass ich dich treffe«, rief Salam aus und hielt den jungen Mann zurück. »Kommst du bitte kurz in mein Büro?«
    Damit entließ er seine Leute mit einem kurzen Wink, klemmte sich den Karton mit dem Gipsabdruck des Reifenprofils unter den Arm und nickte Zeyshan zu. »Es dauert nicht lange. Nur eine kurze Auskunft.«
    »Kein Problem, Chief«, lächelte Zeyshan und sah kurz auf die Uhr. »Mein Vater sitzt in seinem üblichen Café im Bazaar und freut sich höchstens, wenn ich mich verspäte.«
    »Dann wollen wir ihm die Freude machen«, nickte Salam und drückte eine Tür auf, die in ein kleines, einfach eingerichtetes Büro mit zwei Schreibtischen führte. An einem saß eine hübsche junge Frau mit Kopftuch vor einem etwas antiquierten Computer und tippte konzentriert eine Liste von Namen in ein Formular. Sie blickte kurz auf, sah Salam und deutete auf den Stapel Papier zu ihrer Linken. »Chief, die Unterlagen und die Bewerbungen für die Rekrutierungsaktion der Polizei sind gekommen und Sie sollten –«
    Salam unterbrach sie mit einer abwehrenden Handbewegung. »Später, Kala, später. Vorher erkundigen Sie sich bitte bei der Flugüberwachung, warum unsere Anfrage von vor drei Stunden noch immer nicht beantwortet wurde. Die wissen Bescheid, aber sie möchten ihre Weisheit nicht mit uns teilen, wie es aussieht. Nun, dann werden wir nachstoßen. Auch die Herren in Karatschi haben kein Monopol auf Flugbewegungen im Grenzgebiet.«
    Der Inspektor gab Zeyshan ein Zeichen und bedeutete ihm, in sein Büro vorzugehen. »Außerdem finde ich es gelinde gesagt etwas seltsam, dass eine Polizeianfrage aus einer Provinzhauptstadt nicht umgehend behandelt wird«, sagte er zu seiner Sekretärin. »Sollten Sie auf Schwierigkeiten stoßen, Kala, dann legen Sie das Gespräch auf meinen Apparat.«
    Damit

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