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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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nich deine Handschrift?«
    Rieger schüttelte den Kopf mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck. »Ich kann es mir nicht erklären.«
    Der Sicherheitschef wollte etwas sagen, aber Calis kam ihm zuvor. Er stand auf und meinte: »Dürfen wir das Heft mitnehmen? Das wäre nett. Und jetzt stören wir Sie nicht weiter, Ihr Bett wartet. Danke für Ihre Hilfe und machen Sie sich keine Gedanken, das bringt Tronheim nicht mehr ins Leben zurück. Gegen Profis, die überraschend zuschlagen, sind alle machtlos, selbst im professionellen Personenschutz, aber das wissen Sie ja am besten.«
     
     
    Als die beiden Männer wieder im Astra saßen und Pannek den Wagen startete, sah Calis den Pförtner oben auf dem Balkon seiner Wohnung stehen und ihnen nachschauen.
    »Wir wissen jetzt, wie es gelaufen ist?«, fragte der Kommissar pro forma.
    Der Sicherheitschef nickte nur stumm und parkte aus.
    »Tronheim wird umgebracht, die Schlüssel wechseln den Besitzer. Der Jogger lenkt Rieger ab und betäubt ihn irgendwie. Dann schließen sie die Portierloge auf und einer der Täter nimmt seinen Platz ein, schaltet die Kameras ab und hat auch noch den Nerv, das Kreuzworträtsel weiter zu lösen, während seine Komplizen in knapp sieben Minuten das holen, was sie suchen. Sie setzen Rieger wieder in den Sessel, er wacht auf und alles ist wie immer. Nur eines haben sie übersehen.«
    »Det Kreuzworträtselheft«, brummte Pannek. »Andererseits konnten se es nich mitnehmen, weil det Rieger aufjefallen wäre.«
    »Dumm gelaufen«, meinte Calis ironisch. »Jetzt haben wir die Handschrift von einem der Täter und die Gewissheit, dass es Profis mit einem Auftrag waren.«
    »Bleibt nur mehr det Motiv.« Der Sicherheitschef bog auf die Autobahn ab und beschleunigte, was der Motor mit einem herzzerreißenden Jaulen quittierte.
    »Sie meinen, was die drei gesucht haben?«, fragte Calis nach.
    »Wieso drei?«, gab Pannek zurück. Dann dachte er nach. »Ja, drei, klar, Se haben recht. Eener in der Portierloge und zwee auf dem Jelände.«
    »Was immer es war, sie haben es rasch gefunden«, meinte Calis. »Kein langes Suchen, also auch kein hohes Risiko. Rein, raus und wieder verschwunden. Die wussten genau, was sie wollten und wo es zu holen war.« Er deutete nach vorn. »Nehmen Sie die nächste Ausfahrt und lassen Sie mich bitte aussteigen. Ich muss nachdenken, und das kann ich am besten beim Spazierengehen.«
    Als der Opel Astra mit Pannek am Steuer wieder mit kreischendem Keilriemen auf dem Autobahnzubringer verschwand, drehte sich Calis kopfschüttelnd um und ging langsam die Mecklenburgische Straße hinunter. Das große Gebäude des Instituts für Labormedizin ließ er rechts liegen und überquerte die Fahrbahn, tauchte in die Wallenbergstraße ein, eine stille Nebengasse, gesäumt von einigen Wohnblocks, Grünanlagen und dem »Haus der Jugend Anne Frank«. Zwischen den Pflastersteinen auf dem Gehweg wuchsen Büschel von Gras und ein paar Margeriten.
    An einem roh gezimmerten Holztor blieb der Kommissar stehen. Dahinter erstreckte sich der Lagerplatz einer Baufirma, übersät mit unzähligen Bergen von Kies und Schotter, Sand und Metallteilen, mit wild wuchernden Bäumen und Büschen. Links davon hing ein ehemals grün gestrichenes schmales Gittertor schief in den Angeln. Der alte Holzbriefkasten war schon vor langer Zeit aufgebrochen worden, und die Grafitti an der Wand daneben zeugten von sexueller Einfallslosigkeit.
    Calis sah sich um. Kein Mensch war zu sehen, selbst der Verkehrslärm der Großstadt schien sich nicht bis hierher zu verirren. In einem der neuen Wohnblöcke im Hintergrund imitierte eine türkische Sängerin mit Tremolo in der Stimme Tina Turner und scheiterte kläglich. Der Kommissar verzog das Gesicht, ging in die Knie und löste einen verborgenen Riegel, bevor er das Gittertor aufstieß und hinter sich wieder schloss. Dann folgte er dem gewundenen Weg zwischen den Fliederbüschen ins Innere des Grundstücks.
    Es ist an der Zeit, bewährte Verbindungen zu aktivieren, dachte Calis und schob einen herabhängenden Zweig beiseite. Sonst würde er die Mörder von Kurt Tronheim nie fassen. Es gab keine Zeugen, keine persönliche Verbindung zwischen den Tätern und dem Opfer, keine Spuren, sondern nur ein dreckiges Geschäft, professionell abgewickelt: Tod gegen Bezahlung.
    Als der Kommissar unter den Fliederbüschen auf die kleine Lichtung heraustrat, lag eine niedrige, langgestreckte, fast schwarze Holzhütte vor ihm. Alle Fenster und

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