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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Gartens in irgendeiner Weise nervös machen könnte.
    Der schmächtige Mann, der langsam um den Kommissar herumging und ihn dabei aus wässrigen Knopfaugen betrachtete, war klein und dürr, mit übergroßem Kopf, einem fliehenden Kinn und tätowierten Händen. Er sah gehetzt aus, wie ein Hamster auf Speed.
    Die große Pistole in seiner Hand zitterte leicht, was Calis nicht gerade beruhigte. Zu bestimmten Zeiten war Gustav durchaus kooperativ und ansprechbar, aber das konnte blitzschnell umschlagen, wie das Wetter an einem heißen Sommerabend. Dann war man bei einer entsicherten Handgranate besser aufgehoben als bei dem städtischen Einsiedler, der mehr Tage seines Lebens im Knast verbracht hatte als in Freiheit. Auf seiner Stirn perlten Schweißtropfen, und Calis fragte sich, ob Gustav wieder einmal auf Entzug war oder die wenigen Schritte aus seinem Haus in den verwilderten Garten ihn so angestrengt hatten.
    »Wie geht’s dir?«, erkundigte sich Calis und musste sich nicht einmal besonders anstrengen, die Besorgnis in seiner Stimme durchklingen zu lassen.
    »Sie waren ooch schon mal witziger«, murmelte Gustav und dachte nicht daran, die Pistole wegzustecken. »Jing’s mir besser, könnte ick mir einliefern lassen, jing’s mir schlechter, hätten die Würmer ’n Fest. Mit eem Wort – beschissen.«
    Vielleicht doch nicht der richtige Zeitpunkt, hier vorbeizuschauen, dachte der Kommissar und suchte nach einer passenden Ausrede, um gleich wieder zu verschwinden. Andererseits blieb ihm keine Wahl, aus zwei Gründen – die Pistole und der Mord an Tronheim.
    »Das tut mir leid«, versuchte es Thomas Calis unverbindlich.
    »Wenn Se so karitativ drauf sind, dann woll’n Se wat von mir«, schloss Gustav messerscharf und riss die Augen noch weiter auf. Zugleich ruckte die Pistole hoch. »Ham Se wat dabei?«
    »Waffe? Nein, ich war auf einem Vortrag beim Innensenator heute Morgen, da nimmt man nicht die Artillerie mit«, verneinte Calis, während er sich suchend umschaute. Wo war Gustavs Dobermann?
    »Quatsch, wen interessiert det Metallzeug? Ick meene Kröten, Mäuse, Penunzen – Kohle halt.« Er röchelte ein wenig, und ein dünner Faden Speichel rann aus seinem Mundwinkel. »Oder Stoff?«
    Calis schüttelte den Kopf. »Klar, ich werde meine Taschen voller Heroin packen und dann zu einem Frühstück bei den politischen Entscheidungsträgern antanzen, nur wegen dir!«
    »So wird nie wat aus Ihnen«, grinste Gustav entwaffnend, »wenn Se keene Jastjeschenke mitbringen.« Er ließ offen, für wen. »Also, wat verschafft mir die Ehre Ihret Eindringens?«
    »Können wir uns irgendwo hinsetzen?« Der Kommissar deutete auf die niedrige Hütte.
    »Hamse Angst, det ick umfalle?«, spottete Gustav und zeigte grinsend eine Reihe Zahnlücken. »Ick fühl mir gleich jeliebt.« Damit drehte er sich plötzlich um und wankte voran. Doch zu Calis’ Überraschung ging er nicht zum Haus, sondern bog nach links ein, überquerte eine kleine Wiese, die erstaunlich gepflegt war, und blieb vor einer alten, rostigen Hollywood-Schaukel stehen.
    »Komm auf die Schaukel, Luise«, intonierte Gustav mühsam und atonal, ließ sich auf den Sitz fallen und griff ins Gras neben sich. »Woll’n Se ooch wat zu trinken?«, fragte er und hielt eine halb leere Bierflasche hoch.
    Calis winkte ab und hockte sich vor Gustav ins Gras. Er registrierte erleichtert, dass die Pistole nicht mehr auf ihn zeigte. »Hast du dir nur dein Gehirn weggesoffen oder auch deine Kontakte? Ich brauche ein paar Auskünfte, aber so wie du aussiehst …«
    »Nur keene Frechheiten, damit kommen Se bei mir nich weit«, konterte Gustav unerschüttert und setzte die Flasche an.
    »Es hat heute Nacht einen Mord gegeben, in der Huttenstraße in Moabit«, begann Thomas Calis und sah zu, wie der Bierpegel hinter Glas rapide sank. »Ein Profijob, drei Mann, das Opfer arbeitete bei Siemens.«
    Gustav prustete los, verschluckte sich am Bier und hustete sich fast die Lunge aus dem Leib. Die Bierflasche beschrieb einen weiten Bogen, und der Finger mit dem großen tätowierten »L« für Love zeigte direkt auf Calis.
    »Det … det ist euer Fall …?«, krächzte Gustav mit tränenden Augen, während sein Kopf bedrohlich von einer Seite auf die andere wackelte. »Ach du Scheiße …« Dann fiel sein Oberkörper zurück in die geflochtene Lehne. »Manchmal hat man keen Glück, wa?«
    »Seit wann redest du in Rätseln?«, gab Calis zurück. »Ich hatte eine verdammt kurze Nacht, einen

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