Heiß
nur halb so effektiv wären wie sie, wäre es um diese Insel seit langem geschehen.«
»Du jammerst auf hohem Niveau, hab ich recht?« Llewellyn grinste und reichte Compton ein Glas. Dann wurde er wieder ernst und ließ sich in einen der Lehnsessel fallen. »Ich kenne dein legendäres Gedächtnis zwar – aber trotzdem, erinnerst du dich an Phönix? Ich habe mit ihm zusammengearbeitet, als ich damals in Pakistan war wegen des Flugzeugabsturzes 1988 .«
»Ja, das Unglück von Bahawalpur«, nickte Compton. »Wenn ich mich recht entsinne, explodierte das Flugzeug des Präsidenten Zia-ul-Haq einige Minuten nach dem Besuch einer Militärbasis auf dem Weg nach Islamabad. Unter den Opfern waren der amerikanische Botschafter, ein US -General und die wichtigsten pakistanischen Offiziere. Ein herber Schlag für das politisch instabile Land und die ganze Region.« Der Geheimdienstchef lehnte sich an den Kamin und sah Llewellyn nachdenklich an. » MI 6 hatte dich zur Beobachtung und Berichterstattung nach Pakistan geschickt. Mohammed Zia-ul-Haq war damals seit elf Jahren Militärmachthaber Pakistans und witterte überall Verrat. Diesmal sollte er recht behalten. Es wurde sein letzter Flug.«
»Die Sowjets zogen sich gerade aus Afghanistan zurück, weidwund und um eine schmerzhafte Erfahrung reicher. Zia-ul-Haq tobte, weil noch immer kein Regierungschef seiner Wahl in Kabul saß«, ergänzte Llewellyn. »Also setzte er zu Hause frustriert den Premierminister ab und plante eine Säuberungswelle im Militär. Dann kam der Flug vom 17 . August, und alles änderte sich auf einen Schlag.«
»Was hatte Phönix damit zu tun?«, wollte Compton wissen.
»Die Military Intelligence hatte ihn neben einigen anderen zur offiziellen Untersuchung des Unglücks abkommandiert«, erläuterte Llewellyn. »Generalleutnant Aslam Beg, der stellvertretende Vorsitzende des Generalstabs, war damals der Einzige, der nicht mitgeflogen war und es abgelehnt hatte, in die Hercules C-130 zu steigen. Er winkte vom Rand der Piste dem startenden Flugzeug zu und sah die Hercules in der Ferne verschwinden. Was dann geschah, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Augenzeugen berichteten, das Flugzeug habe sich am Himmel bewegt wie auf einer Achterbahn, dreimal auf und ab, schoss dann senkrecht in die Tiefe, schlug auf und explodierte.«
Der Major nahm einen Schluck Whisky, bevor er weitersprach.
»Der Jet von Generalleutnant Beg erreichte die Unglücksstelle wenig später, kreiste ein paar Mal über dem brennenden Wrack und flog nach Islamabad weiter. Beg, einziger Überlebender der pakistanischen Militärspitze, übernahm die Kontrolle und ordnete Neuwahlen an …«
»… die Benazir Bhutto, die Tochter des von Zia-ul-Haq geputschten und später gehängten Premiers, an die Macht brachten«, vollendete Compton. »So weit alles bekannt. Aber was war die Rolle von Phönix?«
»Sei nicht ungeduldig«, wandte Llewellyn ein. »Der Flugzeugabsturz damals hatte die politische Landschaft Pakistans auf einen Schlag verändert. Die islamistische Militärdiktatur wich sang- und klanglos einer wackligen Zivilregierung. Vielen war das zu leicht gegangen, auch Phönix, der seine Aufgabe ernst nahm. In den Trümmern der Maschine wurden nämlich Spuren eines Sprengstoffs gefunden, die amerikanischen und pakistanischen Ermittler schlossen einhellig ein mechanisches Versagen aus und vermuteten daher einen Sabotageakt. Die Frage allerdings, wer dafür verantwortlich war, ließen sie in ihrem Bericht offen. Wollte man es sich mit den zukünftigen Machthabern nicht verderben? Brauchten die USA Pakistan als Verbündeten in der Region? Wie auch immer. Das Taktieren passte Phönix ganz und gar nicht. Es ging ihm um die Wahrheit, während andere sich mit Spekulationen und Verdächtigungen zufriedengaben und auf Posten in der neuen Regierung hofften. Er sagte laut, was andere dachten und deutete mit dem Finger auf Gruppen, die angetreten waren, die Macht zu übernehmen. Das brachte ihm eine Kugel ein.«
Der Major stand auf und schenkte sich nach, während Compton mit einem Schürhaken im Feuer stocherte.
»Der Flugzeugabsturz wurde bis heute nicht aufgeklärt, wie du weißt«, fuhr Llewellyn fort. »Doch in Zeiten des Kalten Krieges schossen die Spekulationen ins Kraut. Wechselweise wurden KGB , CIA und sogar der Mossad verantwortlich gemacht, aber auch Widersacher Zia-ul-Haqs aus dem pakistanischen Militär. Für keine der Theorien konnten Beweise vorgelegt werden. Phönix
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