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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Hausmädchen, das mit einem Tablett den Wohnraum betreten und die letzten Worte der Unterhaltung gehört hatte, beugte sich zu Kala und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
    »Das ist eine gute Idee, Nura!«, strahlte die junge Frau, nahm Salam am Arm und zog ihn in ein weiteres Zimmer, in dem ein großer, altmodischer Schrank stand. »Mein Vater widmet sich hin und wieder seinem Garten, einem kleinen Stück Land, das er selbst von seinem Onkel geerbt hat. Dann schlüpft er in Bauernkleidung und lässt seine Anzüge im Schrank.«
    Selbst seine Freunde hätten den Chief Inspector nicht erkannt, als er eine knappe halbe Stunde später in die ruhige Seitengasse hinaustrat und sich vorsichtig umsah. Der fadenscheinige Umhang mit zahlreichen nur notdürftig geflickten Rissen, die weiten ausgeblichenen Hosen, die braune Wolljacke gegen die Kälte des Hindukusch und die charakteristische Kopfbedeckung der Bergbauern verliehen Salam das Aussehen eines abgearbeiteten Landbewohners, der zum Markt nach Chitral gekommen war und nach einem Besuch auf dem Basar wieder in sein Tal heimkehren würde.
    Salam machte sich auf den Weg und hielt sich dabei vorsichtig im spärlichen Schatten der Häuser und Büsche. Vor dem großen Komplex des District-Hospital bog er rechts ab, und je näher er der Polizeistation kam, umso aufmerksamer beobachtete er die Straßen und die Umgebung. Langsam wurde es heller, der Himmel sah nicht mehr aus wie ein schwarzes Seidentuch, sondern hatte eine feindliche stahlgraue Farbe angenommen. Salam drückte sich in eine Nische und wartete, bevor er das Gelände des Krankenhauses betrat. Hier war er sicherer als auf offener Straße. Außerdem war der Weg kürzer.
    Hinter den Fenstern des Krankenhauses brannte bereits Licht, in den Korridoren herrschte reges Kommen und Gehen. Der Chief Inspector dachte für einen Moment daran, sich einfach einweisen zu lassen, als ein glänzender schwarzer SUV mit verdunkelten Scheiben aus einer der Nebenstraßen rollte, anhielt, stehenblieb, obwohl kein Verkehr in Sicht war und dann endlich in Richtung Shahi Bazar weiterfuhr. Salam hatte den funkelnagelneuen BMW X 5 hier noch nie gesehen. Am unteren Rand des gelben Nummernschildes stand »Karatschi«, und der Chief Inspector glaubte nicht mehr an Zufälle.
    »Die ISI scheut weder Kosten noch Mühen, um die Sicherheit des Staates und seiner Bürger zu gewährleisten«, murmelte er bitter, zog die Kopfbedeckung tiefer ins Gesicht und lief leise fluchend weiter. Es wunderte ihn nicht, den SUV wiederzusehen, als er die Querstraße erreicht hatte und vorsichtig um die Ecke schaute. Der BMW parkte gegenüber der Polizeistation, mit laufendem Motor und eingeschalteten Scheinwerfern.
    »Für wie blöd haltet ihr mich eigentlich?«, zischte Salam abfällig und wandte sich nach links. Nun war sein Ziel nicht mehr weit entfernt.
    Je näher er dem Basar kam, desto einfacher wurde es für Salam, unauffällig zwischen den Gruppen von Bauern im Strom der Passanten mitzuschwimmen. Ein Jeep der Polizeistreife fuhr langsam vorbei. Bevor er seinen Kopf abwandte, erkannte der Chief zwei seiner Männer, die mit müden Augen das Treiben auf den Straßen musterten. Dann sah er endlich den Laden vor sich, eilte darauf zu, stieß aufatmend die Glastür auf und schloss sie gleich wieder. Aufmerksam beobachtete er, ob jemand von der Straße Anstalten machte, ihm zu folgen.
    »Du hast dich sicher in der Tür geirrt, mein Bester«, ertönte es da in seinem Rücken. »Wir vermieten keine Schafe.«
    Salam drehte sich langsam um. »Vielleicht vermietest du mir gar nichts mehr, Zeyshan. Weil du mich besser nicht mehr kennst.« Der Chief Inspector zog das Tuch vom Gesicht und blickte dem jungen Mann hinter dem Schreibtisch forschend in die Augen.
    Zeyshan sprang auf und eilte auf Salam zu. »Chief! Wie schön, Sie gesund zu sehen! Mein Vater und ich haben uns Sorgen gemacht, dass Ihnen etwas zugestoßen ist.« Er streckte beide Hände aus und zog Salam tiefer ins Büro hinein. »Es tut uns so leid, was geschehen ist. Als mein Vater von dem Anschlag erfuhr, holte er seine alte Kalaschnikow aus dem Schrank und hat sie seither nicht wieder weggelegt. Er würde für Sie in den Krieg ziehen.«
    Salam schluckte. »Dein Vater ist ein braver Mann, Zeyshan. Richte ihm von mir aus, dass die Stunde der Schneeleoparden angebrochen ist. Er soll auf der Hut sein und niemandem trauen.«
    Zeyshan nickte düster. »Die Vorhut war heute bereits hier«, flüsterte er und warf einen

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