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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Abschied?«
    »Die kürzeste Verpflichtung beträgt fünf Jahre, nach zwanzig Jahren gibt es Anspruch auf eine Pension, die überall hin überwiesen wird, ohne zu fragen«, antwortete Lambert. »Früher waren es einmal fünfzehn Jahre, aber diese Zeiten sind lange vorbei. Das hat dazu geführt, dass man Fremdenlegionäre im Ruhestand überall antrifft, ob in Afrika oder Asien, dem Nahen Osten oder auch in Europa. Manche bleiben länger bei der Truppe, andere rüsten früher ab und machen sich danach selbstständig, führen ihren eigenen Krieg, verdingen sich bei Sicherheitsunternehmen, kämpfen sich als Söldner durch die Krisenherde dieser Welt. Oder sie setzen sich in einen Lehnstuhl irgendwo unter Palmen und genießen das Leben.«
    Er machte lächelnd eine umfassende Armbewegung, die das Anwesen mit einschloss.
    »Und woran man sich erkennt? Nun, an den verschiedensten Dingen. Die Legion prägt, so sagt man. Disziplin, Gehorsam, Eintreten für den anderen, Risikobereitschaft und Teamgeist. Das sind Dinge, die Sie auch im Alltag nicht ablegen. Aber wenn Sie etwas Handfestes meinen – dann erkennt man Exlegionäre sicher in erster Linie an den Tattoos.«
    Damit schob Lambert seinen linken Ärmel hinauf und zeigte Calis zwei Tätowierungen. Eine siebenflammige Granate umrahmt von den Worten »Vouloir, croire et oser« und ein mit komplizierten Mustern gefülltes Dreieck, neben dem »Legio patria nostra« stand.
    »Den einen Spruch kennen Sie bereits, der andere heißt ›wollen, glauben und wagen‹. Mindestens eines der beiden Zeichen hat so gut wie jeder Legionär auf seine Haut tätowiert.« Lambert schob den Ärmel wieder zurück und nahm einen Schluck Eistee. Auf dem Truppenübungsplatz hatte man sich offenbar zu einer Gefechtspause durchgerungen.
    »Sagt Ihnen der Spitzname Clown etwas?«, fragte Calis unvermittelt und beobachtete Lambert dabei genau. Doch der Offizier sah ihm offen in die Augen und schüttelte nachdenklich den Kopf.
    »Nein, noch nie gehört, zumindest nicht in den Kameradenkreisen, in denen ich verkehre. Ich nehme an, es handelt sich um den Spitznamen eines Ihrer Täter?«
    Der Kommissar nickte stumm.
    »Nun, Sie müssen wissen, auch wenn der Anteil der Deutschen in der Legion derzeit nur gering ist, so gibt es zwischen Kiel und Bodensee mehrere Kameradschaften ehemaliger Fremdenlegionäre«, meinte Lambert. »Aber ich glaube kaum, dass die in Ihr Altersmuster fallen. Das sind betagte Herren, die noch in Indochina und Algerien gedient haben und heute froh sind, wenn sie ihre Tochter oder ihre Enkel vom Vereinslokal abholen, nachdem sie einen über den Durst getrunken haben. Ein bisschen Tradition, eine Prise Wehmut, viel Erinnerung, und langsam lichten sich die Reihen.«
    Der Blick des Offiziers ging an Calis vorbei in weite Ferne. »Die große Zeit der Legion ist Vergangenheit. Heute ist sie mehr oder minder eine Kampfeinheit wie viele andere. Denken Sie an die Marines, an die Special Forces, an die Green Berets, an das deutsche KSK . Die Legion hat eine lange Geschichte, ist selbst zu einer Legende geworden, und ihr Ruf hallt dort nach, wo sie schon seit Jahrzehnten verschwunden ist. Das ist es, was sie einzigartig macht.«
    Lambert legte den Kopf schief und lauschte, dann schaute er auf die Uhr. »Aah, zwölf Uhr Mittag, der Krieg im Sandkasten ruht. Wie schön, wenn es Fixpunkte im Tagesablauf gibt«, meinte er lächelnd. »Möchten Sie mit uns essen? Suree ist eine hervorragende Köchin.«
    »Danke, aber ich habe schon zu viel von Ihrer Zeit beansprucht«, wehrte der Kommissar ab. »Das war ein überaus interessantes und informatives Gespräch, wie der Innensenator es formuliert hätte.« Er zwinkerte Lambert zu und erhob sich. »Wenn ich mich irgendwie revanchieren kann, dann lassen Sie es mich bitte wissen.«
    »Gerne«, antwortete der Soldat, setzte sein Barett auf und begleitete Calis zurück zum Wagen. »Wissen Sie, Kriminelle gibt es in jeder Truppe, Psychopathen an jedem Kriegsschauplatz dieser Welt. Die Legion ist da nicht besser und nicht schlechter als der Rest, machen wir uns nichts vor. Aber die Zeit, in der sie hauptsächlich ein Sammelbecken für halbseidene Individuen, gescheiterte Existenzen und sadistische Kriminelle auf der Flucht war, ist lange vorbei. Geblieben ist die Härte gegen sich selbst und andere, die Disziplin und der Teamgeist, Elitedenken und ungebrochener Kampfwille. Aber das haben andere Einheiten auch.«
    Als der Schlagbaum hinter ihm zuschwenkte,

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