Heiße Beute
Kloughn sogar Sympathie mit einem Kind, das eben anders war. Was er allerdings wohl kaum aushalten würde, war der Anblick von Valerie in ihren flauschigen rosa Puschen. Man sollte dafür sorgen, dass er diese Pantoffeln niemals zu Gesicht bekam.
Es war knapp neun Uhr, als mein Vater mich vor meiner Tür absetzte. Der Parkplatz war voll, und in allen Fenstern des Hauses brannte Licht. Die Rentner, Opfer von Nachtblindheit und Fernsehsucht, richteten sich für den Abend ein. Um neun Uhr waren sie schon leicht neben der Tasse, abgefüllt mit literweise Alkohol und Fernsehgedudel, um zehn pfiffen sie sich eine kleine Tablette ein und begaben sich in stundenlange Schlaflähmung.
Als ich auf meine Wohnungstür zuging, merkte ich plötzlich, dass ich Rangers Alarmsystem allzu vorschnell abgelehnt hatte. Es wäre doch ganz nett zu erfahren, ob in der Wohnung jemand Unerwünschtes auf mich wartete oder nicht. Ich steckte die Pistole in den Hosenbund und legte mir einen Plan zurecht. Ich wollte die Tür öffnen, die Waffe zur Hand nehmen, alle Lichter einschalten und noch mal die oberpeinliche Fernsehbullennummer abziehen.
Die Küche ließ sich leicht überprüfen. Nichts. Als Nächstes kamen das Wohnzimmer und das Esszimmer an die Reihe. Ebenfalls leicht zu überprüfen. Das Badezimmer war schon schwieriger, dort musste ich mich dem Duschvorhang stellen. Ich musste mir merken, ihn in Zukunft offen stehen zu lassen. Ruckartig schob ich ihn zur Seite und stieß gleichzeitig meinen angehaltenen Atem aus. Kein Toter in meiner Badewanne.
Im Schlafzimmer war so weit alles in Ordnung, auf den ersten Blick. Leider wusste ich aus schmerzlicher Erfahrung, dass das Schlafzimmer reichlich Versteckmöglichkeiten für alle nur erdenklichen Dinge bot, zum Beispiel auch für Schlangen. Ich schaute unterm Bett nach und in allen Schubladen. Ich klappte die Schranktür auf und durfte wieder erleichtert aufatmen. Kein Toter. Ich hatte die ganze Wohnung durchsucht und niemanden gefunden, ich durfte die Tür abschließen und mich sicher fühlen.
Gerade kam ich aus dem Schlafzimmer, da traf es mich: eine seltsame bildliche Erinnerung von etwas, das nicht an diesen Platz gehörte. Ich ging zum Kleiderschrank zurück und machte die Tür auf. Und da war es, zusammen mit meinen anderen Kleidern, eingequetscht zwischen meiner Wildlederjacke und einem Jeanshemd: das Hasenkostüm.
Ich stülpte mir Gummihandschuhe über, holte das Hasenkostüm aus dem Schrank und legte es draußen im Aufzug ab. Ich wollte nicht, dass schon wieder eine Horde Kriminaltechniker in meine Wohnung einfiel. Von dem öffentlichen Fernsprecher in der Eingangshalle aus rief ich anonym bei der Polizei an und meldete das Hasenkostüm im Aufzug. Danach kehrte ich in meine Wohnung zurück und legte
Ghostbusters
in den DVD-Spieler ein.
Zwischendurch kam ein Anruf von Morelli. »Du weißt nicht zufällig etwas von einem Hasenkostüm in eurem Aufzug, oder?«
»Wer? Ich?«
»Nur so, aus purer Neugier: Wo hast du es gefunden? Ich sag’s auch nicht weiter.«
»Es hing in meinem Schrank.«
»Liebe Güte.«
»Soll das ein Zeichen sein, dass der Hase das Kostüm jetzt nicht mehr braucht?«
Tags darauf rief ich als Erstes Ranger an. »Ich wollte dich noch mal fragen, ob du wegen des Alarmsystems …«
»Kriegst du immer noch ungebetenen Besuch?«
»Gestern Abend habe ich ein Hasenkostüm in meinem Kleiderschrank gefunden.«
»Steckte jemand drin?«
»Nein. Es war nur der Anzug.«
»Ich schicke Hector vorbei.«
»Hector macht mir Angst.«
»Ja, mir auch«, sagte Ranger. »Aber er hat seit über einem Jahr keinen mehr umgebracht. Außerdem ist er schwul. In dem Punkt kannst du also sicher sein.«
15
Der nächste Anruf war von Morelli. »Ich bin gerade auf der Wache, und mir ist da etwas Interessantes zu Ohren gekommen«, sagte er. »Kennst du einen gewissen Leo Klug?«
»Nein.«
»Er ist Metzger in Sal Cartos Fleischerei. Deine Mutter kauft wahrscheinlich ihr Schabefleisch bei ihm. Leo ist ungefähr so groß wie ich, aber dicker. Er hat eine Riesennarbe im Gesicht und schwarzes Haar.«
»Ach, ja. Jetzt weiß ich, wen du meinst. Ich war vor ein paar Wochen da, Würstchen kaufen. Er hat mich bedient.«
»Hier geht man davon aus, dass Klug ein bisschen schwarzgeschlachtet hat.«
»Ich nehme an, du sprichst nicht über Tierfleisch.«
»Mit Tieren beschäftigt er sich nur am Tag, nachts …«
»Gefällt mir nicht, die Richtung, die unser Gespräch nimmt.«
»Klug hat
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