Heiße Beute
Als sich nichts regte, fuhren wir weiter zu Kloughn.
Albert Kloughn hatte für sein Büro zwei Räume neben einem Waschsalon in einer Ladenzeile gemietet. Zwar gab es einen Schreibtisch für eine Sekretärin, aber eine Sekretärin hatte noch nicht Einzug gehalten. Stattdessen hockte Kloughn selbst an dem Tisch und tippte etwas in einen Computer ein. Kloughn hatte etwa meine Körpergröße und sah aus wie kurz vor der Pubertät. Er hatte rotblondes Haar, das Gesicht einer Putte und einen Körper wie das Knack&Backmännchen von Pillsbury.
Er blickte auf und lächelte zögernd, als wir eintraten. Wahrscheinlich dachte er, wir wollten nur Geld wechseln für den Waschsalon. Ich spürte, wie mir von den rotierenden Trommeln nebenan die Füße bebten, und die großen Reinigungsmaschinen für Berufskleidung erzeugten ein fernes Dröhnen.
»Albert Kloughn?«, fragte ich.
Er trug ein weißes Hemd, eine rotgrün gestreifte Krawatte und eine helle Baumwollhose. Er stand auf und strich sich verlegen die Krawatte glatt. »Ich bin Albert Kloughn«, sagte er.
»Wie schade!«, sagte Lula. »Sie haben ja Ihre rote Nase vergessen. Und wo haben Sie die großen Clownslatschen gelassen?«
»Ich heiße zwar Kloughn, aber ich bin kein Clown. Den Witz kriege ich zu hören, seit ich im Kindergarten war. Mein Name wird mit K geschrieben, KLOUGHN. Kloughn!«
»Es gibt schlimmere Namen«, sagte Lula. »Zum Beispiel Albert Fickschuster.«
Ich gab Kloughn meine Visitenkarte. »Ich bin Stephanie Plum, und das ist meine Partnerin Lula. Man hat mir gesagt, Sie hätten Evelyn Soder in ihrem Scheidungsprozess vertreten.«
»Junge, Junge«, sagte Kloughn, »sind Sie wirklich Kopfgeldjäger?«
»Kautionsdetektiv«, berichtigte ich ihn.
»Das sind doch Kopfgeldjäger, oder nicht?«
»Was ist nun mit Evelyn Soder?«
»Ja, ja. Was wollen Sie wissen? Hat sie Probleme?«
»Evelyn und Annie werden vermisst. Und so wie es aussieht, hat Evelyn Annie mitgenommen, damit sie nicht ihren Vater besuchen muss. Sie hat hier und da entsprechende Nachrichten hinterlassen.«
»Sie muss einen triftigen Grund gehabt haben wegzugehen«, sagte Kloughn. »Sie wollte das Haus ihrer Oma nicht gefährden. Aber sie hatte einfach keine andere Wahl. Sie wusste nicht, an wen sie sich wegen der Kautionssumme sonst hätte wenden sollen.«
»Haben Sie irgendeine Idee, wo Evelyn und Annie hingegangen sein könnten?«
Kloughn schüttelte den Kopf. »Nein. Evelyn war immer etwas mundfaul. Soweit ich weiß, lebt ihre gesamte Familie in Burg. Ich will nicht schlecht über sie reden, aber sie machte auf mich nicht gerade den intelligentesten Eindruck. Ich glaube, sie hat nicht mal den Führerschein. Immer hat sie irgendjemand zum Büro gebracht.«
»Wo ist Ihre Sekretärin?«, fragte Lula ihn.
»Im Augenblick habe ich keine Sekretärin. Ich hatte eine Halbtagskraft, aber die meinte, ihre Nebenhöhlen würden die Fasern, die die Wäschetrockner in die Gegend pusten, nicht vertragen. Ich muss endlich eine Annonce in der Zeitung aufgeben, aber ich bin nicht so gut im Organisieren. Die Kanzlei habe ich erst vor ein paar Monaten eröffnet. Evelyn war eine meiner ersten Mandantinnen. Deswegen erinnere ich mich an sie.«
Vermutlich war Evelyn nicht nur seine erste, sondern auch seine einzige Mandantin.
»Hat sie ihre Rechnung bezahlt?«
»Sie stottert sie monatlich ab.«
»Sollte sie wieder mal was überweisen, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir sagen würden, wo sie den Betrag eingezahlt hat.«
»Das wollte ich auch gerade vorschlagen«, sagte Lula. »Ist mir eben eingefallen.«
»Ja, mir auch«, sagte Kloughn. »Ich habe genau das Gleiche gedacht.«
Eine Frau klopfte an und steckte den Kopf durch Kloughns Bürotür. »Der Trockner am anderen Ende funktioniert nicht. Ich habe alle meine Vierteldollarmünzen reingeworfen, jetzt bockt das Gerät ganz. Ich kriege nicht mal die Klappe vorne auf.«
»He he«, sagte Lula, »was geht uns das an? Dieser Herr ist Rechtsanwalt. Den kümmert Ihr Kleingeld einen Dreck.«
»Das kommt andauernd vor«, sagte Kloughn. Er holte ein Formular aus der obersten Schreibtischschublade. »Hier«, sagte er zu der Frau. »Füllen Sie das aus, und die Firma wird Ihnen das Geld zurückerstatten.«
»Kriegen Sie deswegen eine Mietminderung?«, wollte Lula von Kloughn wissen.
»Nein. Im Gegenteil. Wahrscheinlich kündigt mir der Vermieter.« Er sah sich im Raum um. »Das ist mein drittes Büro innerhalb von sechs Monaten. In meinem ersten Büro
Weitere Kostenlose Bücher